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HIV-positive Frau klagt gegen Diskriminierung bei Zahnärztin

Im österreichischen Gesundheitswesen leider keine Seltenheit

Zahnarzt
Symbolbild: Pixabay

Eine HIV-positive Frau klagte gegen Diskriminierung bei ihrer Zahnärztin. Ihr war die Behandlung aufgrund ihrer Infektion verwehrt worden. In erster Instanz bekam sie Schadenersatz zugesprochen.

«Ich freue mich sehr über das positive Urteil, mit dem das Gericht unserer Klägerin vollen Schadenersatz zuspricht», sagt Theresa Hammer, Leitung der Rechtsdurchsetzung des Klagsverbands. Menschen mit HIV dürfe eine zahnärztliche Behandlung nicht aufgrund ihrer Infektion verweigert werden. «Auch ein Behandlungstermin am Endes Tages aus angeblich notwendigen hygienischen Gründen ist diskriminierend. Leider erleben HIV-positive Menschen immer wieder Diskriminierung bei Gesundheitsdienstleistungen. Dagegen kann man sich wehren, notfalls auch vor Gericht, wie unsere Mandantin zeigt», so Hammer.


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Nach einem gescheiterten Schlichtungsversuch vor dem Sozialministeriumsservice im Jahr 2019 klagte D., eine HIV-positive Frau, auf Schadenersatz aufgrund einer Diskriminierung nach dem Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG). Der Klagsverband hat die Klägerin vor Gericht rechtlich vertreten. Die Aids Hilfe Wien ist Mitgliedsorganisation des Klagsverbands und hat den Fall an den Klagsverband herangetragen.


Das Bezirksgericht Döbling hat der Klägerin im seinem Urteil vom 8. Februar dieses Jahres den vollen Schadenersatz in der Höhe von 1.500 Euro zugesprochen und erkannt, dass es sich in diesem Fall um eine Diskriminierung nach dem BGStG handelt. Die HIV-Infektion fällt als chronische Erkrankung rechtlich unter das Diskriminierungsmerkmal Behinderung. Diskriminierung aufgrund der Behinderung ist sowohl in der Arbeitswelt als auch beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen (z.B. im Gesundheitsbereich) verboten.

Die beklagte Zahnärztin hat gegen das Urteil berufen. Das Verfahren geht damit in die 2. Instanz. Hammer zeigt sich zuversichtlich, dass das Wiener Landesgericht die Entscheidung bestätigen werde.


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«Ich habe mich an die Aids Hilfe Wien und den Klagsverband gewandt, weil ich die Diskriminierung nicht akzeptieren wollte. Bei einem Zahnarzttermin wurde mir die Behandlung aufgrund der HIV-Infektion verweigert», schildert die Klägerin D. den Sachverhalt. Ihre HIV-Infektion hatte sie im Rahmen eines standardisierten Fragebogens angegeben. Die behandelnde Zahnärztin verwehrte ihr daraufhin die Behandlung aufgrund ihrer HIV-Infektion. Schliesslich wurde D. mit Verweis auf angeblich notwendige spezielle Hygienemassnahmen ein Termin am Ende des Behandlungstages in Aussicht gestellt. «Die ganze Situation war demütigend und stigmatisierend. Als Patientin erwarte ich mir einen respektvollen Umgang und eine Behandlung so wie alle anderen auch.»

Es gehe ihr nicht um den Schadenersatz, so D. «1.500 Euro machen nicht wieder gut, was ich erlebt habe. Es geht mir darum, aufzuzeigen, dass man sich gegen Diskriminierung wehren kann.»

Die Klägerin weiter: «Ich glaube, das Problem betrifft nicht nur diese eine Zahnärztin. Ich habe viel Diskriminierung erlebt, nämlich auch von österreichischen Institutionen. Es muss sich insgesamt in der Gesellschaft etwas verändern.»

Bei der Aids Hilfe Wien kommt es immer wieder vor, dass HIV-positiven Menschen unter Verweis auf vermeintliche Hygienestandards eine zahnärztliche Behandlung verwehrt werde. «Dahinter stecken oft Vorurteile und falsche oder veraltete Informationen. So sind HIV-positive Menschen, deren Viruslast aufgrund moderner Medikamente nicht nachweisbar ist, gar nicht ansteckend. Umgekehrt ist das HI-Virus nicht sichtbar, weshalb grundsätzlich alle Patient*innen so behandelt werden müssen, dass eine Übertragung – auch mit weitaus ansteckenderen anderen Infektionen – ausgeschlossen wird. HIV ist mittlerweile gut behandelbar, unter Stigmatisierung und Diskriminierung leiden Betroffene jedoch leider häufig nach wie vor», so Barbara Murero-Holzbauer, juristische Mitarbeiterin der Aids Hilfe Wien und zugleich Vorstandsmitglied beim Klagsverband.

Viele Menschen mit HIV erleben abwertendes Verhalten, wenn sie ihren Status bekannt geben. Sie werden «abgewimmelt», gemassregelt, beschimpft, zwangs-beurlaubt oder gar gekündigt. Auch das Thema Datenschutz spiele laut Klagsverband im Zusammenhang mit einer HIV-Infektion immer wieder eine Rolle: Der Aids Hilfe Wien wurde auch im vergangenen Jahr mehrfach über rechtswidrigen Umgang mit sensiblen Gesundheitsdaten berichtet. Die meisten Meldungen über Ungleichbehandlung, die an die Aids-Hilfen Österreichs herangetragen wurden, betrafen das Gesundheitswesen (65,7% der Meldungen), also Vorfälle bei Ärzt*innen, in Kliniken, bei Zahnärzt*innen oder im Zuge von Kur- oder Reha-Aufenthalten.

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