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Überraschung in Dublin: Regierungs­chef Leo Varadkar tritt ab

Der schwule Ex-Minister wurde 2017 erstmals Ministerpräsident

Leo Varadkar
Leo Varadkar (Foto: Facebook)

Als moderner Politiker, der wenig auf Konventionen gab, zeigte sich Leo Varadkar stets. Damit veränderte der homosexuelle Sohn eines Inders die Politik in dem EU-Staat. Nun tritt er zurück.

Von Benedikt von Imhoff, dpa

Der irische Regierungschef Leo Varadkar hat überraschend seinen Rücktritt angekündigt. In einer emotionalen Stellungnahme in Dublin nannte der liberal-konservative Politiker am Mittwoch «sowohl persönliche als auch politische Gründe». Der 45-Jährige will das EU-Land noch interimsweise führen, bis nach der Osterpause eine Nachfolgerin oder ein Nachfolger gewählt ist. Als Kandidaten gelten unter anderem der Minister für öffentliche Ausgaben, Paschal Donohoe, sowie Handelsminister Simon Coveney. Den Vorsitz seiner Partei Fine Gael legte Varadkar mit sofortiger Wirkung nieder.

Der Schritt kurz nach dem Feiertag St. Patrick’s Day und der damit verbundenen traditionellen Reise nach Washington zum irischstämmigen US-Präsidenten Joe Biden überraschte nicht nur Varadkars Koalitionspartner. Vizeregierungschef und Aussenminister Michéal Martin von der ebenfalls liberal-konservativen Partei Fianna Fail betonte aber, die Koalition, der noch die Grünen angehören, sei nicht gefährdet. Auch der scheidende Varadkar wirkte bei seiner kurzen Ansprache vor dem Regierungsgebäude, bei dem er von mehreren Parteimitgliedern flankiert wurde, überrascht, wie der Sender RTÉ kommentierte.


«Ich bin sicher, dass die Wiederwahl dieser Drei-Parteien-Regierung das Richtige für die Zukunft unseres Landes sein wird», sagte der scheidende Taoiseach, wie das Amt offiziell auf Irisch heißt. Die nächste Parlamentswahl muss spätestens zu Frühlingsbeginn 2025 erfolgen. «Nach sorgfältiger Überlegung und einigem Nachdenken glaube ich, dass ein neuer Taoiseach besser in der Lage sein wird als ich, dies zu erreichen. Nach sieben Jahren im Amt denke ich, dass ich nicht mehr die richtige Person dafür bin.»


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Zuletzt hatte die Regierung bei zwei Volksabstimmungen eine krachende Niederlage erlitten. Gegen ihre Empfehlung stimmte eine Mehrheit gegen Verfassungsänderungen, die veraltete und sexistische Sprache ändern sollten. So sollte der Familienbegriff erweitert werden, damit auch unverheiratete Paare explizit eingeschlossen sind. Ausserdem sollten Formulierungen wie «häusliche Pflichten» der Frau ersetzt werden. Kritiker machten das chaotische Vorgehen der Regierung für das Scheitern verantwortlich.


Varadkar hat die irische Politik in den vergangenen Jahren geprägt. Mit seinem unkonventionellen Stil eckte der Sohn eines Inders und einer Irin oft an, der offen homosexuell lebende Politiker scheute klare Worte nicht und trat immer wieder in Fettnäpfchen. Doch seine moderne Amtsführung öffnete die streng katholische Gesellschaft nach Ansicht von Kommentatoren auch weiter. Er sei stolz, dass er beigetragen habe, Irland moderner und gleichberechtigter zu machen, sagte er in seiner Rücktrittsankündigung.


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Varadkar hatte bereits Regierungserfahrung als Verkehrs- sowie Gesundheitsminister, als er 2017 zum Parteichef gewählt und erstmals Ministerpräsident wurde. Nach der Parlamentswahl 2020 einigte sich seine Fine Gael auf eine Ämterteilung mit Martins Fianna Fail – der neue Taoiseach Martin wurde Ende 2022 planmässig von Varadkar abgelöst und übernahm dessen Amt als Aussenminister (MANNSCHAFT berichtete). Ziel der beiden Parteien ist, die linksgerichtete Partei Sinn Fein, die für die sofortige Wiedervereinigung mit Nordirland eintritt und einst als politischer Arm der Terrormiliz IRA galt, aus der Regierung zu halten. Sinn Fein ist mittlerweile in beiden Teilen Irlands die stärkste politische Kraft.

«Es gibt nie den richtigen Zeitpunkt, mein Amt niederzulegen», sagte Varadkar. Nun sei jedoch ein besserer als sonst. «Der Haushalt für 2024 ist fertig, die Verhandlungen über den nächsten haben noch nicht begonnen.» Auch die politische Lage in Nordirland habe sich beruhigt und die Beziehungen zum wichtigen Nachbarn Grossbritannien seien nach dem Brexit wieder gut und stabil, sagte Varadkar.

Politiker sind Menschen, und wir haben unsere Grenzen.

Er deutete zudem Erschöpfung mit dem Amt an. Er empfehle zwar jedem eine politische Karriere. «Allerdings sind Politiker Menschen, und wir haben unsere Grenzen. Wir geben alles, bis wir nicht mehr können, und dann müssen wir etwas anderes machen», sagte Varadkar. Er betonte, er habe noch keinen Plan für die Zukunft. Berichten zufolge könnte Varadkar nach der Europawahl im Juni aber auf einen Posten in der EU-Kommission spekulieren.

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