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LGBTIQ-Aktivist in Athen brutal erschlagen – Anklage gegen vier Polizisten

Die Männer kommen nun vor Gericht. Bis zum 12. Dezember können sie ihre Verteidigung vorbereiten

Zak Kostopoulos
Ermordet: Aktivist Zak Kostopoulos (Foto: YouTube)

Nach dem gewaltsamen Tod des LGBTIQ-Aktivisten Zak Kostopoulos im September in Athen ist Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung mit Todesfolge erhoben worden.

In Griechenland schwul oder lesbisch zu leben ist noch immer eine Herausforderung. In wohl kaum einem anderen Land Europas klafft diesbezüglich eine derartige Lücke zwischen und Gesellschaft und Gesetz.

Einer der Gründe: Es gibt keine soziale Absicherung, den inneren und äußeren Halt bietet die Familie. Auch deshalb hat Ministerpräsident Alexis Tsipras Ende 2015 die Eingetragene Lebenspartnerschaft für LGBTIQ durchs Parlament geboxt. Und ertrug dabei schweren Widerstand, vor allem aus Kreisen der einflussreichen Griechisch-Orthodoxen Kirche. Sie ist ein weiterer Grund für die mangelende Sichtbarkeit queeren Lebens, selbst in der ansonsten so bunten Metropole Athen. Noch immer hat die Kirche erheblichen Einfluss, ja ist gesellschaftsprägend.

Umfrage: Was bringt 2019 für LGBTIQ-Rechte?

Kaum zu glauben: Nach den verheerenden Bränden im Umland Athens Ende Juli dieses Jahres hatte sich der vorsitzende Geistliche von Thessaloniki zu der Aussage hinreißen lassen: «Die Feuer waren Gottes Rache für die Anerkennung des blasphemischen Verhaltens der Homosexuellen». Eine Einschätzung, die auch bei den Anhängern seines Glaubens für heftige Empörung sorgte. Es ging hoch her, in den griechischen Talk-Sendungen.


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Fakt ist, wer sich in Griechenland outet, lebt unbequem, manchmal sogar gefährlich. Jüngstes Beispiel: Der gewaltsame Tod des LGBTIQ-Aktivisten Zak Kostopoulos im September. Eine Überwachungskamera zeigt, wie Kostopoulos in einem Athener Juwelier-Geschäft eingeschlossen wird. Panisch schlägt er das Glas der Eingangsscheibe ein und flüchtet auf die Straße, wo er zu Boden fällt. Kurze Zeit später umringen ihn dort vier Männer, treten auf ihn ein, legen dem schwer Verletzten mit brutaler Härte Handschellen an. Ihr letzter Tritt geht gegen den Kopf, Kostopoulos stirbt noch auf dem Weg ins Krankenhaus. Die Täter können wenig später als Polizisten identifiziert werden.

Kostopoulos trug keine Waffe
Die zunächst von der Polizei in Umlauf gebrachte Version, beim Opfer habe sich eben um einen drogensüchtigen Räuber gehandelt, fällt schnell in sich zusammen. Denn bei der Autopsie werden keinerlei Drogen festgestellt, auch eine Waffe trug der Kostopoulos nicht mit sich. Der 33-jährige lebte jedoch offen schwul, und er bekannte sich auf Kundgebungen zu seiner HIV-Infektion. Unter dem Namen «Zackie Oh» trat er als Drag-Queen auf. War das alles ein bisschen viel, für einige selbsternannte Hüter von Griechenlands vermeidlich sauberer, heteronormer Gesellschaft?


Die Polizei darf sich nicht alles erlauben!

Nun wurde Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung mit Todesfolge gegen die Polizisten erhoben. Ihnen wird, wie die griechische Tageszeitung Kathimerini berichtet, bis zum 12. Dezember Zeit gegeben, ihre Verteidigung vorzubereiten. Voraussichtlich Anfang 2019 beginnt der Prozess. Dass der dann tatsächlich ans Licht bringt, was in dem Juwelierladen genau passiert ist – sehr wahrscheinlich ist das leider nicht. Die vier Täter jedoch könnten hart bestraft werden, Kostopoulos’ Tod hat zu großen Protesten geführt, in breiten Teilen der griechischen Öffentlichkeit.

Die Botschaft der Proteste geht weit über die LGBTIQ-Community hinaus: Eine geradezu martialisch auftretende Polizei darf sich nicht mehr alles erlauben! Solidarität mit Schwächeren also, in einer Gesellschaft, die sich so gern von zur Schau gestellter Stärke faszinieren lässt. Es könnte ein Anfang sein.


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