Tausende demonstrieren in Belgrad gegen Europride
Gefordert wird eine Abwendung von westlichen Werten
Vom 12. bis zum 18. September findet in Belgrad die EuroPride statt. Am vergangenen Sonntag fand deshalb eine grossangelegte Gegendemonstration in der serbischen Hauptstadt statt, bei der Medienberichten zufolge zwischen 5.000 und 10.000 Menschen für ein Verbot der Veranstaltung eintraten.
«Wir wollen keine Schwulenparade und keine Besetzung durch den Westen» und «Haltet euch von Kindern fern» stand auf den Plakaten, die die Demonstrierenden vor sich hertrugen. Ausserdem wurden Kreuze, Heiligenbilder und serbische Fahnen zur Schau gestellt. Der homofeindliche Protestzug, der vom Sitz der serbisch-orthodoxen Kirche durch die Stadtmitte zur St.-Markus-Kirche verlief, richtete sich nicht nur gegen die LGBTIQ-Community, sondern insgesamt gegen den «dekadenten» Westen.
Weiter wurde die Eingliederung der Republik Kosovo gefordert, die sich 2008 als unabhängig erklärt hatte. Auch eine Annäherung an Russland war ein Anliegen der Demonstration. Mit auf der Strasse waren dabei zahlreiche Eltern mit ihren Kindern. Über die Beschallungsanlage wurden zudem geistliche Lieder der serbisch-orthodoxen Kirche gespielt, die Teilnehmenden waren zuvor von Bischof Nikanor gesegnet wurden. Am Ende des Treffens unterzeichneten die Teilnehmer*innen eine Petition gegen die Abhaltung der European Pride Parade in Belgrad.
Der Geistliche aus der Region Banat hatte auch die offen lesbische Ministerpräsidentin Ana Brnabić im Vorfeld verflucht und aggressiv Stimmung gegen die Europride gemacht. «Ich würde eine Waffe benutzen, wenn ich sie hätte», hiess es. Ausserdem verkündete er, die «heilige Stadt» Belgrad würde entweiht werden. Eine LGBTIQ-Organisation reichte aufgrund der Hassrede eine Strafanzeige gegen den Bischof ein.
«Du bist sehr naiv, wenn du glaubst, dass dies ein Spaziergang gegen die Pride Week ist!! Dies ist ein Marsch gegen Serbien in der EU, gegen die Sanktionen der Russischen Föderation, gegen westliche Werte… das ist ein Marsch für die Tschetschenisierung und Talibanisierung Serbiens, für ein provinzielleres Serbien, für ein schwarzes Loch…!», schrieb unterdessen Dragan Šutanovac, ein Vorsitzender der Demokratischen Partei und ehemaliger serbischer Verteidigungsminister, auf Twitter.
Serbiens Präsident Aleksandar Vučić kritisierte in einem Fernsehinterview die Aussagen des Bischofs und erklärte, dass die Menschen ein Recht auf Demonstrationen hätten – auch auf CSDs. Gleichzeitig verkündete der konservativ-nationalistische Politiker, dass die Europride aus Sicherheitsgründen verboten werden könnte. Eine Entscheidung soll es Anfang September geben.
EU-Beitrittskandidat Serbien gilt allgemein als relativ queerfeindlich, verbietet zum Beispiel die gleichgeschlechtliche Ehe. Im Rainbow-Europe-Ranking liegt das Land jedoch auf Platz 23 – und damit noch vor den EU-Ländern Estland, Ungarn oder Polen. Das liegt unter anderem am vorhandenen Antidiskriminierungsgesetzt und der Erlaubnis, dass Schwule und Lesben im Militär dienen dürfen.
Die Entscheidung die EuroPride 2022 in Belgrad stattfinden zu lassen fiel bereits vor drei Jahren (MANNSCHAFT berichtete). Im kommenden Jahr ist der paneuropäische CSD in Valetta, Malta, 2024 im griechischen Thessaloniki. Für 2025 ist Magdeburg im engeren Rennen.
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