Stolperstein erinnert an schwulen Häftling des KZ Ravensbrück
Fritz Paul Bräuer kam 1942 im NS-Männerlager um
«Ob sich die beiden Häftlinge des Männerlagers im KZ Ravensbrück kannten?», fragt der Gesprächskreis Homosexualität in einer Pressemitteilung in Bezug auf den zweiten Rosa-Winkel-Häftling, der nun einen Stolperstein bekommt. Beide stammten aus Berlin und wurden in Ravensbrück ermordet, Gustav Herzberg am 26. Juni 1942, Fritz Paul Bräuer kurz danach am 29. Juni.
Auf Initiative von Xenia Trost (Berlin), der Grossnichte von Gustav Herzberg, wurde bereits im Februar 2020 ein Stolperstein in der Berliner Kurstrasse 32 verlegt. Auf Initiative von Uwe Bräuer (Kiel), dem Grossneffen von Fritz Paul Bräuer, erinnert seit letzter Woche ein Stolperstein vor Bräuers ehemaligem Haus in Neukölln, Pflügerstrasse 8, an den Ermordeten.
Uwe Bräuer reiste zur Stolpersteinverlegung aus Kiel an, Xenia Trost kam mit Freund*innen des Gesprächskreises Homosexualität der Ev. Adventkirche Berlin Prenzlauer Berg zum Wohnhaus von Fritz, um an der Stolpersteinverlegung teilzunehmen und der Opfer des NS-Terrors zu gedenken.
«Es ist der zweite Stolperstein für Opfer des Männerlagers im KZ Ravensbrück. Für vier weitere bekannte Rosa-Winkel-Opfer des Männerlagers fehlen in Berlin noch Stolpersteine», heisst es in der Pressemitteilung. (MANNSCHAFT berichte über den Stolperstein für ein schwules Nazi-Opfer in Zürich.)
Buchhalter aus Schlesien Zum biografischen Hintergrund: Fritz Paul Bräuer wurde am 3. Oktober 1903 in Saarau bei Schweidnitz in Schlesien (heute Żarów) geboren und evangelisch getauft. Er blieb ledig, wohnte später in Neukölln und arbeitete als angestellter Buchhalter.
Die Polizei verhaftete den 35-Jährigen am 20. Juni 1939. Am 1. November 1939 verurteilte ihn das Landgericht Berlin angeblich nach §175a Abs. 3 zu zwei Jahren Zuchthaushaft und zu drei Jahren Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, so wurde es im Register der Staatsanwaltschaft am Landgericht Berlin vermerkt. Eventuelle Vorstrafen konnten bislang in Registern nicht aufgefunden werden.
Zur Strafverbüssung transportierte man ihn zunächst in das Zuchthaus Brandenburg-Görden und von dort am 15. Januar 1940 zur Schwerstarbeit im Moor in das Strafgefangenenlager Aschendorfermoor im Emsland.
Weiter ging es am 25. August 1940 in das Zuchthaus Bremen-Oslebshausen. Dort vermerkte man, dass er nach der Strafverbüssung dem Polizeigefängnis Berlin zuzuführen sei.
Zum Ende seiner Strafe entliess der Justizvollzug ihn am 3. Oktober 1941 nicht in die Freiheit, sondern lieferte ihn der Polizei aus, die ihn nach Berlin überstellte. Von der Kripo Berlin wurde «Schutzhaft» angeordnet.
Brutaler Terror und Arbeitskommandos Am 22. Januar 1942 transportierte die Polizei Bräuer auf Befehl der Kriminalpolizei Berlin ins KZ Buchenwald bei Weimar in Thüringen, wo man ihn als §175-Häftling einstufte und er die Häftlingsnummer 5.339 erhielt.
«Im Häftlingsalltag waren die Männer mit dem Rosa Winkel besonders harten Existenzbedingungen, brutalem Terror und gezielten Mordaktionen der SS ausgesetzt», heisst es von Seiten des Gesprächskreises Homosexualität. «Sie wurden in der Regel schweren und schwersten Arbeitskommandos zugewiesen.»
Dort dürfte Bräuer wie fast alle Homosexuellen zunächst in die Strafkompanie gekommen sein, in der die SS die Häftlinge mit schwerster Arbeit belastete. Dies stand auch im Zusammenhang mit dem menschenverachtenden Irrsinn, den Homosexuellen durch rigiden Arbeitseinsatz ihre Homosexualität «auszutreiben»: «Sie mussten in einer Weise arbeiten, die zu Recht als eine Form der Vernichtung bezeichnet werden kann», vermerkt die Pressemitteilung.
Bereits am 13. März 1942 ging es weiter in das Männerlager des KZ Ravensbrück, wo Bräuer die Häftlingsnummer 1.101 erhielt und ebenfalls als Homosexueller eingestuft wurde.
Fritz Bräuer wurde am 29. Juni 1942 im KZ Ravensbrück im Alter von 38 Jahren ermordet.
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