Protest: Dating-Profile deutscher Soldat*innen veröffentlicht
LGBTIQ-Mitarbeitende der Bundeswehr stellen sich zum 10. Deutschen Diversity Tag hinter Anastasia Biefang
Zum 10. Mal wird am heutigen Dienstag der Deutsche Diversity Tag gefeiert. Dieses Jahr steht er unter dem Motto «Let’s celebrate diversity». Eigentlich ein Tag, um Vielfalt zu feiern und zu zeigen, wie selbstbewusst Queers auch in den deutschen Streitkräften dienen können. Wenn da nicht gerade das Urteil gegen Anastasia Biefang Empörungswellen ausgelöst hätte (MANNSCHAFT berichtete).
«Das Urteil der vergangenen Woche, in der ein privates Dating-Profil disziplinar geahndet wurde, hat uns schockiert und viele Menschen in der Bundeswehr massiv verunsichert», schreibt Sven Bäring als Vorsitzender von QueerBw in einer Pressemitteilung.
«QueerBw sieht in diesem Urteil eine Gefahr für die freie Entfaltung der Persönlichkeit», heisst es weiter. «Der Dienstherr darf die Grundrechte nur einschränken, wenn der Dienst dies erfordert. Ein privates Dating-Profil ohne Bezug zum Arbeitgeber kann kein Grund für eine dienstliche Massregelung sein.»
Die Politik und insbesondere das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) seien aufgefordert, sofort die erforderlichen Massnahmen zu treffen, dass sich ein solches Urteil nicht wiederholen könne, fordert QueerBw.
Fragen und Unsicherheit Aus diesem Anlass hat QueerBw am Dienstag Dating-Profile von Soldat*innen, Reservist*innen und Beamt*innen dem BMVg übergeben. «Sie alle haben sich mit Fragen und Unsicherheit an unsere Interessenvertretung gewendet», teilt QueerBw mit.
Das Disziplinarrecht sei Teil der Erziehung und Massregelung. Unter der Beachtung des Urteils, welches das «promiskuitive und wahllose Sexualverhalten» anprangert, stelle sich die Frage, welches Ziel eine solche disziplinare Ahndung verfolgt.
«Darf der Dienstherr zukünftig vorgeben, wie viele Sexualpartner*innen der jeweilige Dienstgrad noch haben darf, bevor er als ‹wahllos› diffamiert und verurteilt wird?», kommentiert Sven Bäring den aktuellen Fall.
«Wir freuen uns über die intensive Unterstützung aus der Politik, die wir seit dem Urteil erfahren. Es bleibt abzuwarten, welche konkreten Massnahmen das BMVg nach dem Gespräch mit dem Queerbeauftragten der Bundesregierung vorlegt. Das Schweigen der Leitung des Ministeriums ist nicht nachvollziehbar und lässt Queers in der Bundeswehr – erneut – kalt im Regen stehen!», ergänzt QueerBw-Vorstandsmitglied Thomas Trede.
«Will ich das wirklich wissen, wozu?» Während sich Sven Lehmann (Grüne) als Queer-Beauftragter der deutschen Bundesregierung hinter Anastasia Biefang stellte und dabei auf sein eigenes Dating-Profil und seine offene Beziehung verwies (MANNSCHAFT berichtete), wurde Lehmann umgehend von verschiedenen CDU-Politiker*innen attackiert mit dem Vorwurf.
CDU-Bundestagsabgeordnete Katja Leikert schrieb auf Twitter: «Ernsthaft? Too much information, Herr Kollege». Die Obfrau der Unionsfraktion im Familienausschuss weiter: «Will ich das wirklich wissen, wozu?»
Die ehemalige Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (ebenfalls CDU) schrieb: «Ich bin nicht schwul, habe keine offene Beziehung + kein Profil auf Dating-Apps. Daraus leite ich keine polit. Forderung ab“, tweetete die CDU-Schatzmeisterin. „Wer schwul in offener Beziehung mit Dating-Profil lebt: seine Entscheidung, anders, nicht besser. Aber: Das ist Privatsache, keine PSt-Berufsbeschreibung.»
Das führte dazu, dass etliche Twitter-User*innen die beiden CDU-Politikerinnen darauf hinwiesen, dass sie ihr eigenes Privatleben durchaus und andauernd öffentlich ausbreiten. Ohne das in irgendeiner Form ungewöhnlich zu finden.
Nadine Milde von den Grünen nahm sich die Homepage von Katja Leikert vor und kommentierte: «Wenn ‹bin schwul & lebe in offener Beziehung› too much information ist, nicht aber sämtliche Familiendetails incl Puppenmuseumsbesuch von Grosskrotzenburg bis Bruchköbel, wäre mal interessant, was ausser dem Zelebrieren von Heteronormativität Ihre Kriterien für ‹too much› sind.»
Julia Klöckners Hochzeitsfotos Zu Julia Klöckner äusserte sich der Pressesprecher der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag, Marc Dietzschkau. Er postete auf Twitter ein CDU-Pressefoto von Julia Klöckners Hochzeit sowie einen Screenshot von der Website der Unionsfraktion, auf der Klöckner als «verheiratet» bezeichnet wird.
Darunter konnte man als Kommentar lesen: «Ist der Beziehungsstatus bzw. die Beziehungsform nun ‹Privatsache› oder nicht?»
Der Deutsche Diversity Tag findet jedes Jahr bundesweit statt, er wurde von der Charta der Vielfalt ins Leben gerufen. Vergangenes Jahr haben 900 Unternehmen und Institutionen mit über 2.700 Aktionen teilgenommen. Mit der Unterzeichnung der sogenannten Charta der Vielfalt verpflichten sich Unternehmen, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, das frei von Vorurteilen und Ausgrenzung ist. Es soll eine «offene Arbeitskultur» gefördert werden, die auf «Einbeziehung und gegenseitigem Respekt» basiert.
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