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«Paradies­strasse»: Roman über schwule Liebe im Iran

Der Autor macht auf das Leid Homosexueller seit der islamischen Revolution aufmerksam

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(Symbolbild: Honey Fangs/ Unsplash)

In dem Roman «Paradiesstrasse» macht Sina Kiyani auf das Leid homosexueller Männer im Iran aufmerksam. Seit der islamischen Revolution wurden dort zwischen 4000 und 6000 schwule Männer hingerichtet.

Der Debütroman von Sina Kiyani spielt in seiner iranischen Geburtsstadt Shiraz kurz nach der Revolution. Der Protagonist ist ein junger Mann namens Ramin, der in einer öffentlichen Bibliothek den gleichaltrigen Aschkan kennenlernt. Die Gefahr lauert überall. Kein schwuler Mann traut sich im Iran, einen Unbekannten einfach so anzulächeln oder mit ihm zu flirten. In der Bibliothek müssen Jungen und Mädchen streng voneinander getrennt lernen. Ein Saalaufseher mit schwarzem Bart achtet auf die Einhaltung der Sitten. Trotzdem kommen sich Ramin und Aschkan näher.


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Angesichts der ständigen Bedrohung ist das aber alles andere als einfach. Besonders schlimm sind Denunziant*innen, die auch kleinste Auffälligkeiten melden. Es war nicht leicht, «ein, zwei Stunden mit Aschkan allein zu sein, so viel Organisieren, Verheimlichen, Lügen und Zittern, und jedes Treffen endete mit der Ungewissheit, ob und wann das nächste stattfand», heisst es in dem Buch. Leser*innen bangen mit den beiden schwulen Männern und hoffen inständig, dass sie nicht entdeckt werden.


Jeder Kuss, den sich die beiden Männer geben, bevor sie sich trennen, «hätte der letzte sein können», schreibt der Autor. Einmal bekommt Ramin mit, wie Jugendliche einen Mann, den sie für homosexuell halten, verprügeln. Dabei beschimpfen sie Schwule als «Parasiten», «Plage» und «Läuse».

 

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Kiyani zeigt in dem Roman eindrucksvoll, wie massiv die Sittenpolizei in das Alltagsleben der Iraner*innen eingreift. Frauen werden verhaftet, weil ihre Blusen angeblich zu dünn sind. In Gymnasien wurden in den naturwissenschaftlichen und anatomischen Büchern alle Bilder von nackten Körpern geschwärzt. «Nackte Körper sind seit der Revolution tabu, und am verwerflichsten sind nackte Frauen, auch wenn sie noch so schemenhaft dargestellt sind», schreibt der Autor. Seit der Revolution dürfen Frauen nicht mehr singen, weil sie Männer mit ihren Stimmen betören würden. Menschen, bei denen Pornos gefunden wurden, werden von Wächtern öffentlich an einen Mast gebunden und geschlagen.

Gleich zu Beginn macht Kiyani auf ein schockierendes Ereignis aufmerksam: So wurden 2005 im Iran zwei junge Männer wegen homosexueller Handlungen öffentlich erhängt. Fotos der Hinrichtung, die zeigen, wie zwei maskierte Henker den beiden Männern Stricke um den Hals legen, sorgten weltweit für Entsetzen.


Dabei ist es nicht geblieben. Expert*innen und Medienberichten zufolge sollen seit der Islamischen Revolution von 1979 zwischen 4000 und 6000 Homosexuelle ermordet worden sein (MANNSCHAFT berichtete). Es ist daher wichtig, dass Bücher und Romane auf das Leid von queeren Menschen im Iran aufmerksam machen.


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«Paradiesstrasse» ist 2023 bei edition exil erschienen. Der in Wien ansässige Verlag unterstützt junge Autor*innen, die aus einer anderen Kultur und Erstsprache kommen, beim Einstieg in den deutschsprachigen Literaturbetrieb. Auch queere Autor*innen veröffentlichen dort ihre ersten Werke, so wie Sina Kiyani, der 1966 in der iranischen Grossstadt Shiraz geboren wurde. Er lebt seit 1993 in Wien und arbeitet als Architekt.

Ein 20-jähriger Iraner, der von einer Café-Bekanntschaft vergewaltigt wurde, berichtet: Die islamischen Gesetze seines Landes verhindern, dass er seinen Angreifer bei der Polizei melden könne – aus Angst vor einem Outing (MANNSCHAFT berichtete).


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