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Neuer «Polizeiruf 110» mit trans Mann als vermeintlichem Täter

Eine Geschichte von Identitätsfindung, Vorurteilen und familiären Konflikten

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Jonathan Perleth (l.) als Daniel im «Polizeiruf 110» (Foto: NDR/Christine Schröder)

Im neuen «Polizeiruf 110» aus Rostock wird erstmals eine trans Geschichte erzählt – samt gesellschaftlichen Voruteilen und familiären Konflikten.

Von Helmut Reuter, dpa

Schon in den ersten Minuten des neuen Krimis aus der Reihe «Polizeiruf 110» stehen Täter, Opfer und der wichtigste Zeuge fest. Dass es dennoch und vielleicht gerade deshalb bis zuletzt spannend und hochemotional bleibt, liegt am Sujet und den glänzenden Leistungen der Schauspieler in dieser Rostocker Folge mit dem Titel «Daniel A.». Sie läuft an diesem Sonntag um 20.15 Uhr im Ersten.

Eine zentrale Figur spielt der 23-jährige trans Mann Daniel (Jonathan Perleth). Dessen Geschichte in vielen Alltagsfacetten erzählt wird. Dustin Loose (Regie) und Benjamin Hessler (Buch) gelingt das ohne zu überstrapazieren. Zugleich ist ein neues vielversprechendes Ermittler-Duo auf Rostocks Strassen zu sehen, das sich aber noch zurecht rütteln muss.


Die Story: Daniel verabredet sich per App mit der 24-jährigen Nathalie (Lea Freund) im Klub «Knockout». Er will noch mal «durchgehen», sehen, ob Frauen ihn auch als Mann wahrnehmen. Das Date endet schnell, man verabschiedet sich an der Bar-Tür und geht getrennte Wege. Doch auf Nathalie wartet am Parkplatz ein langjähriger Freund und Stalker. Es kommt zum Gerangel, sie stürzt, fällt unglücklich und ist tot.

Daniel will sich partout nicht als Zeuge bei der Polizei melden, denn das hiesse, dass sein Trans-Sein publik würde. Doch er will den Zeitpunkt selbst bestimmen und vor allem seinen Vater schonen, der selbst Polizist ist und seine Tochter «Danni» nennt.

Für Kriminalhauptkommissarin Katrin König (Anneke Kim Sarnau) und ihre neue Kollegin Melly Böwe (Lina Beckmann) ist Daniel aber der Letzte, der die Tote lebend sah und damit Tatverdächtiger. Beide Ermittlerinnen arbeiten das erste Mal direkt in einem Fall zusammen. Unterschiedlicher könnten die Charaktere nicht sein. König ist ziemlich dünnhäutig, seit Sascha Bukow (Charly Hübner) nicht mehr im Team ist, und empfängt Böwe, die Halbschwester von Bukow, nicht nur reserviert, sondern ablehnend.



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Da passe doch super ein zweiter Schreibtisch hin, trällert die neue Kollegin heiter und unbeschwert, als sie das erste Mal in Königs Büro steht. «Ää, mh, pfhh, äh, nein», bringt König nur hervor. Beide müssen sich arg zusammenraufen, und die Kollegen Röder (Uwe Preuss), Pöschel (Andreas Guenther) und Thiesler (Josef Heynert) hoffen, dass es gut geht. Nur einmal, als Böwe im Auto schunkelnd einen Song mitsingt, huscht König völlig ungewollt die leise Andeutung eines Lächelns übers Gesicht.

Der «Polizeiruf 110» gibt den Schauspielern in vielen Szenen Raum für hohe Emotionalität. Die Schwester von Daniel (Daria Wolf), die diesen auch nur als Schwester kennt, wurde mit 15 schwanger und ist mit dem Baby komplett überfordert. Auch «Dannis» Vater (Jörg Witte) ist mit dem Nerven am Ende, ruft verzweifelt in die Nachbarschaft: «Wir sind eine ganz normale Familie.» Die geschockte Mutter der Toten (Katharina Spiering) versucht zunächst die Wahrheit zu verdrängen, bis sie im Nebenzimmer zusammenbricht.

Die Verkörperung des Positiven ist dagegen Melly Böwe, die mit ihrem alten Auto ohne Zentralverriegelung und Navi und mit Bochumer Kennzeichen zum neuen Job anreist. Absolut sympathisch und sehenswert ist ihre Reaktion, als Böwe ihre erwachsene Tochter um 11 Uhr vormittags anruft, die den Anruf zwar gähnend entgegennimmt, aber nach einer Partynacht weder zuhause noch allein ist. Von einem derart entspannten Verhältnis zu ihrer Kollegin König ist Böwe noch weit entfernt.

Der «Polizeiruf 110» hat bereits zuvor versucht, sich diverser aufzustellen. Ein Beispiel ist dei Rolle des Kommissars Vincent Ross (MANNSCHAFT berichtete).


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