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Nationalrat will mehr Absicherung für Regenbogenfamilien

Karin Keller-Sutter gegen die Elternschaftsvermutung bei Fortpflanzungsmedizin im Ausland

regenbogenfamilie
Bild: iStockphoto

Kürzere Frist bei der Stiefkindadoption und Absicherung bei privaten Samenspenden und Fortpflanzungsmedizin im Ausland: Der Nationalrat stimmt zwei Vorlagen zu, die Regenbogenfamilien rechtlich besser absichern wollen. Noch muss der Ständerat darüber befinden.

Trotz Ehe für alle sind Regenbogenfamilien in vielerlei Hinsicht gegenüber konventionellen Familien noch nicht vollständig gleichgestellt. Am 8. Juni stimmte der Nationalrat zwei Motionen zu, die Regenbogenfamilien rechtlich besser absichern wollen.

Bei der Stiefkindadoption muss der Partner oder die Partnerin heute in einem einjährigen Pflegeverhältnis zum Kind des leiblichen Elternteils stehen, bevor dieses adoptiert werden kann. Diese Frist soll nicht mehr vorausgesetzt werden, sofern die adoptionswillige Person zum Zeitpunkt der Geburt mit dem leiblichen Elternteil eine faktische Lebensgemeinschaft mit gemeinsamem Haushalt führt. Der Prozess der Stiefkindadoption ist mit grossem Aufwand verbunden, wie der Fall von Deborah und Marisa Emery zeigt. 

Rechne man heute das Pflegeverhältnis und das Verfahren der Stiefkindadoption ein, wäre das Kind zwei Jahre lang rechtlich ungenügend geschützt, hielt die Rechtskommission des Nationalrats in ihrer Motion fest. Das benachteilige es gegenüber Kinder heterosexueller Paare und könne beim Tod eines Elternteils dramatische Auswirkungen haben, sagte der Grüne Nicolas Walder (GE) gemäss einer Medienmitteilung der SDA. Der Nationalrat stimmte der Motion mit 133 zu 40 Stimmen zu.


Die zweite Motion betrifft Kinder aus Regenbogenfamilien, die mit einer privaten Samenspende oder im Ausland gezeugt wurden. Diese sind gegenüber Kindern in konventionellen Familien benachteiligt. Bei heterosexuellen Paaren gilt der Ehemann im Normalfall als Vater und das Kind hat von Geburt an zwei Elternteile, unabhängig von der Art der Zeugung. Hingegen spricht die Ehe für alle gleichgeschlechtlichen Paaren nur dann die Elternschaft zu, wenn die Samenspende professionell in der Schweiz erfolgt ist. Ein Beispiel: Die Ehefrau der Mutter wird nur dann auch als Mutter anerkannt, wenn das Kind mit einer offiziellen Samenspende in einer Schweizer Fortpflanzungsklinik gezeugt wurde. Bei privaten Samenspenden oder künstlichen Befruchtungen im Ausland muss die Ehefrau der Mutter das Kind adoptieren. Die Motion will die Elternschaftsvermutung auf Kinder von gleichgeschlechtlichen Paaren ausweiten, die in einem fortpflanzungs­medizinischen Verfahren im Ausland anerkannt oder mittels einer privaten Samenspende gezeugt wurden, sofern gesichert ist, dass die Kenntnis der Abstammung gewährleistet ist.

Justizministerin Karin Keller-Sutter, die 2021 die Ehe für alle unterstützte, sprach sich gegen diese Motion aus. Bei den Daten zur Abstammung gebe es international keine Standards. Gerade bei der Samenspende im Ausland sei die Äquivalenz nicht gegeben und eine Überprüfung manchmal schwierig. Sie würde es vorziehen, die Frage mittels der erleichterten Stiefkindadoption zu lösen. Die Bundesrätin konnte den Nationalrat nicht überzeugen. Er hiess die Motion mit 96 zu 83 Stimmen gut.

Beide Motionen gehen nun in den Ständerat. Da die kleine Kammer traditionell eher konservativ stimme, werden es die Vorlagen nicht so leicht haben wie im Nationalrat, sagt Roman Heggli, Geschäftsleiter von Pink Cross, gegenüber MANNSCHAFT: «Wir werden uns dafür einsetzen, dass der Ständerat diese Motionen auch überweist.» Der Nationalrat habe die fehlende gesetzliche Absicherung von Regenbogenfamilien erkannt. «Ich erwarte, dass der Ständerat die ideologischen Scheuklappen ablegt und das Kindswohl ins Zentrum stellt», sagt er.


Beide Motionen kommen voraussichtlich im September in den Ständerat.


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