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Nach Segnungsverbot des Vatikan folgt Aufruf zur Missachtung

Das Nein zur Segnung homosexueller Paare hat einen Proteststurm in der katholischen Kirche in Deutschland ausgelöst

Segnungsverbot
2020, Hessen, Fulda: Kardinal Reinhard Marx (l-r), Erzbischof von München und Freising, Erzbischof Nikola Eterovic, Apostolischer Nuntius, Kardinal Rainer Maria Woelki, Erzbischof von Köln, und Georg Bätzing, Bischof von Limburg und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, ziehen zum Eröffnungsgottesdienst der Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz (Foto: Arne Dedert/dpa)

Die Vertretung der katholischen Gläubigen im Bistum Aachen hat dazu aufgerufen, das Segnungsverbot des Vatikan für homosexuelle Paare zu missachten. Der Diözesanrat forderte Bischof Helmut Dieser am Freitag auf, das Verbot zurückzuweisen. «Gott liebt und segnet alle Menschen», schrieb der Diözesanrat in einer Stellungnahme.

Nach zahlreichen katholischen Gremien und Verbänden haben sich auch zwei katholische Bischöfe in scharfer Form gegen das Nein des Vatikans zur Segnung homosexueller Paare gewandt. «Es kann nur misslingen, eine Diskussion beenden zu wollen», sagte der Aachener Bischof Helmut Dieser am Freitagabend bei einer Diskussionsveranstaltung. «Das ist naiv und hat grossen Schaden angerichtet. Wir müssen das als Bischöfe nach Rom tragen.»

Die römische Glaubenskongregation hatte am Montag klargestellt, dass die Kirche nicht befugt sei, homosexuelle Paare zu segnen (MANNSCHAFT berichtete). Unzulässig sei jede Segnungsform, die eine homosexuelle Partnerschaft anerkenne. Dieser sagte dazu, er verstehe nicht, «wie man in diesem Synodalen Prozess so einen Blattschuss setzen» könne. Damit bezog er sich auf den derzeitigen Reformprozess in der katholischen Kirche in Deutschland, den Synodalen Weg. Dort geht es unter anderem um eine Erneuerung der kirchlichen Sexualmoral.

Zuvor hatte Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck in einem Brief an alle Pfarreien im Bistum Essen eine «ernsthafte und zutiefst wertschätzende Neubewertung der Homosexualität» durch die katholische Kirche verlangt. In den zurückliegenden Tagen habe er zahlreiche Zuschriften von Seelsorgerinnen und Seelsorgern erhalten, die ihm ihre offene Ablehnung der Position des Vatikans übermittelt hätten, berichtete Overbeck.


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Die kirchliche Lehre erfordere «dringend eine erweiterte Sichtweise auf die menschliche Sexualität», so Overbeck. Die Erklärung der Glaubenskongregation habe viele Menschen mit einer homosexuellen Orientierung gekränkt und verletzt. Eine solche Position werde in der heutigen Zeit nicht mehr akzeptiert. Die Haltung der Gläubigen dürfe vom Vatikan nicht ignoriert werden.

Auch die Diözesanräte von Aachen und Köln – die Vertretungen der Laien, der normalen Gläubigen – verurteilten die Entscheidung Roms. «Gott liebt und segnet alle Menschen», schrieb der Diözesanrat Aachen in einer Stellungnahme. «Wenn Menschen ihre von Liebe und Verantwortung getragene Partnerschaft unter Gottes Segen stellen wollen, kann die Kirche den Segen nicht verweigern.» Deshalb wende sich der Diözesanrat entschieden gegen das Verbot der Glaubenskongregation. «Wir ermutigen alle Seelsorger*innen im Bistum Aachen, öffentlich zu ihrer Segnungspraxis zu stehen. Sie haben dafür die volle Rückendeckung einer grossen Mehrheit der Katholik*innen.»

Letztes Jahr noch Gitter gesegnet
Der Diözesanrat im Erzbistum Köln erinnerte daran, dass die Kirche im vergangenen Jahr noch ein Gitter um eines der Portale des Kölner Doms gesegnet habe. Nun behaupte sie, die Liebe von zwei gleichgeschlechtlichen Menschen könne man nicht segnen. «Das ist nicht die Zusage Gottes an die Menschen, wie wir sie verstehen», schrieb der Vorsitzende Tim Kurzbach in einer Stellungnahme.


Der Würzburger Hochschulpfarrer Burkhard Hose erklärte: «Wir wollen uns nicht auf diese sehr verengte und veraltete Sicht von Sexualität fixieren, sondern wir sehen liebende Menschen.» Zusammen mit dem Pfarrer Bernd Mönkebüscher aus Hamm, der sich vor zwei Jahren öffentlich als homosexuell outete, hatte Hose vergangenen Montag eine Unterschriften-Aktion gegen das Segnungsverbot gestartet. Knapp 2000 Menschen haben seinen Angaben zufolge bis zum Wochenende unterschrieben – die meisten von ihnen katholische Theologen, Priester, Ordensleute, Seelsorger, Pfarr- oder Gemeindereferenten.

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Bis Palmsonntag werde gesammelt, dann soll die Liste dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, und der Vorsitzenden des Forums «Sexualität und Partnerschaft», Birgit Mock, übergeben werden. Ein genauer Termin stehe noch nicht fest – am liebsten noch vor Ostern.

Nicht nur in Deutschland, sondern in vielen Ländern der Weltkirche werde über die Segnung gleichgeschlechtlicher Paarbeziehungen diskutiert – auch in der Schweiz (MANNSCHAFT berichtete).


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