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Meldepflicht kennt «jeder Schwule, der sich mit Tripper ansteckt»

Die Regeln für Affenpocken wurden vereinfacht

Affenpocken
In Berlin wird ein Mann gegen Affenpocken geimpft (Foto: Paul Zinken/dpa)

Am Wochenende hat die WHO den Affenpocken-Ausbruch zur internationalen Notlage erklärt (MANNSCHAFT berichtete). Wir sprachen zuvor mit dem ärztlichen Co-Leiter des Checkpoint Zürich über Impfungen und die Meldepflicht.

Starker Hautausschlag, Bläschen, geschwollene Lymphknoten und Fieber sind Symptome, die auf eine Affenpockenerkrankung deuten. Laut dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) stellen Affenpocken eine mässige Gefahr für die Gesellschaft dar. Bei dem neuen Ausbruch, so die WHO, sind 98 Prozent der Betroffenen Männer, vor allem MSM.

Es handelt sich trotzdem um eine Krankheit, die sich momentan ausbreitet. Einen Impfstoff gibt es seit längerem — doch der ist in der Schweiz, im Gegensatz zur EU, nicht zugelassen.

Die Affenpockenimpfung ist in der Schweiz nicht zugelassen. Ursache dafür ist laut dem ärztlichen Co-Leiter des Checkpoints Zürich, Benjamin Hampel, das Zulassungssystem. «Das BAG macht alles Mögliche, um diesen Impfstoff zu beschaffen.» Hampel bezieht sich auf die Zulassung der PrEP in der Schweiz, um das komplexe Zulassungssystem zu verbeispielen. Die PrEP wurde in der Schweiz erst 2020 zugelassen — zehn Jahre nach den USA, wie Hampel betont.


In der EU sieht es mit der Affenpockenimpfung anders aus: Dort ist die Impfung zugelassen (MANNSCHAFT berichtete). Grund dafür ist, laut Hampel, nicht etwa ein simpleres System. «Das Zulassungssystem der EU ist nicht das einfachste. Dort war dieser Wirkstoff für eine andere Indikation zugelassen.» Das heisst, die Affenpockenimpfung wurde schon vor der Ausbreitung in der EU verwendet.

Laut BAG evaluiert der Bund «die Möglichkeiten einer zentralen Beschaffung eines Impfstoffs». Mehr Informationen dazu könne nicht kommuniziert werden, denn es handle sich um «vertrauliche Informationen, die derzeit nicht weitergegeben werden können», erklärt ein Sprecher gegenüber MANNSCHAFT.

Swissmedic, die Zulassungs- und Kontrollbehörde für Heilmittel mit Sitz in Bern, prüft Medikamente «auf Wirksamkeit, Sicherheit und Qualität». Die Begründung von Swissmedic, weshalb die Affenpockenimpfung in der Schweiz nicht zugelassen ist, beruht auf die Ausrottung der Pocken 1979: «In der Schweiz gab es bis in die 1970er-Jahre Zulassungen für Arzneimittel zur Bekämpfung von Pocken.» Es gibt aber seither (Stand: 22. Juli 2022) keine Anträge auf Zulassung solcher Arzneimittel. Die gute Nachricht ist: Medizinalpersonen dürfen in der Schweiz nicht-zugelassene Arzneimittel gegen Affenpocken einführen — eine Zulassung ist, laut Swissmedic, nicht notwendig.


Der ärztliche Co-Leiter vom Checkpoint Zürich informiert uns über die Meldepflicht, die schon seit Beginn der Ausbreitung von Affenpocken in der Schweiz gilt. Seit Mai gibt es Regeln, wie sie gemeldet werden müssen. Diese Regelungen wurden kürzlich vereinfacht: Die Meldungen sollten innerhalb von 24 Stunden stattfinden (statt zwei Stunden), und schriftliche Meldungen werden nun ermöglicht (statt telefonisch).

Dass so eine Krankheit meldepflichtig ist, weiss jeder schwule Mann, der sich mit Tripper angesteckt hat.

Für Hampel ist die Meldepflicht richtig und wichtig. «Gonokokken und Chlamydien sind beispielsweise auch meldepflichtig.» Das ist wichtig um Krankheiten unter Kontrolle halten zu können und, falls nötig, angemessene Massnahmen zu ergreifen. «Dass so eine Krankheit meldepflichtig ist, weiss jeder schwule Mann, der sich mit Tripper angesteckt hat.»

Die Abschaffung der Isolation als Massnahme sieht Hampel für diesen Fall positiv. Dass das Umfeld der erkrankten Person, beispielsweise der Arbeitgeber, informiert wurde ist gefährlich. Die Isolation oder das Contact-Tracing verursachen, dass Menschen, die Symptome zeigen, sich aus Angst nicht melden. Momentan gelten nur Verhaltensmassnahmen, Denn, so der Co-Leiter des Checkpoint: «Affenpocken sind nicht so gefährlich, dass eine Isolation nötig wäre.»


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