Mehrere Angriffe: Das Schwule Museum als gefährdeter Ort

«Wir fühlen uns nicht sicher und werden mit den Folgen der Gewalt in weiten Teilen allein gelassen.»

Fassade des Schwulen Museums (Foto: mino Kunze)
Fassade des Schwulen Museums (Foto: mino Kunze)

Das Schwule Museum in Berlin wurde seit Februar bereits fünfmal von unbekannten Personen angegriffen. Die Organisator*innen bitten um Unterstützung und Solidarität.

«Diese Angriffe fordern uns heraus, sie belasten, destabilisieren und verunsichern. Sie bringen uns auch personell und finanziell an unsere Grenzen. Wir wünschen uns deshalb, für uns und alle, die gruppenbezogene Gewalt erleben, solidarische Unterstützung, bei der unsere Sicherheit, unser Wohlbefinden und unsere Ressourcen gleichermassen berücksichtigt werden», heisst es in der Mitteilung des Museums.

Ursache für das Aufbegehren sind mehrere Angriffe auf die queere Institution. In der Nacht zum 24. Februar 2023 gab es einen Luftgewehr-Anschlag auf das Museum. Es wurde auf die Frontscheiben, den Namens-Schriftzug und ein vor der Tür hängendes Kunstwerk geschossen. Knapp einem Monat später folgte der nächste Anschlag, als am 19. März der Eingang des Museums bei laufendem Betrieb mit Lebensmitteln beschmiert und Mitarbeiter*innen beleidigt worden. Am 31. Märze wurde dann – ebenfalls bei laufendem Betrieb – die Front des Museums mit einem Feuerlöscher besprüht. Am 21. und am 28. Mai wurden Wasserbomben in das Foyer des Museums geworfen. Das Museum erstattete Anzeige gegen Unbekannt.

«Dazu kommt ein Grundrauschen an Gewalt, dass, so traurig das auch ist, für uns alltäglich ist. Anti-queere Sticker vor dem Haus, rechtsradikale Aufkleber in unseren Toiletten, Schläge gegen die Fensterscheibe, Beleidigungen, Beschimpfungen und Bedrohung am Telefon, in den Sozialen Medien und in unserem Gästebuch», schreiben die Oganisator*innnen auf ihrer Seite.

Das Schwule Museum weist zudem darauf hin, dass diese Vorfälle keine Einzelfälle sind, sondern auch andere Institutionen und Einrichtungen betroffen sind (MANNSCHAFT berichtete). «Wir begrüssen die von Berliner Senat und Bund geäusserten Absichtserklärungen, anti-queere Gewalt präziser zu erfassen, klarer zu benennen und das Bewusstsein in der Gesellschaft zu schärfen. Wir wünschen uns aber auch, dass die Unterstützung über die Polizei- und Aufklärungsarbeit hinausgeht», erklärt das Schwule Museum. «Es braucht auch finanzielle, personelle und psychologische Hilfe. Die Arbeit darf nicht den Angegriffenen aufgebürdet werden. Wir wünschen uns solidarische Unterstützung auf allen Ebenen und in allen Fällen gruppenbezogenen Hasses.»

Die emotionalen wie auch finanziellen Ressourcen seien bei den Betroffenen bereits stark belastet. «Mit den Angriffen auf unser Haus wird unsere Existenz als selbstbewusst sichtbarer queerer Ort infrage gestellt», konstatiert das Museum. «Wir fühlen uns nicht sicher und werden mit den Folgen der Gewalt in weiten Teilen allein gelassen.»

Das Schwule Museum wurde 1985 gegründet und gilt als eines der grösten LGBTIQ-Museen der Welt. Allein die Sammlung umfasst etwa 1,5 Millionen Archivalien, auf einer Ausstellungsfläche von knapp 700 m² werden normalerweise bis zu drei Ausstellungen gleichzeitig gezeigt. Es wird vom Land Berlin gefördert und bietet jährlich tausenden von Besucher*innen Einblicke in queere Geschichte, Kunst und Aktivismus. Aktuell laufen die Ausstellungen «Love at First Fight – Queere Bewegungen in Deutschland seit Stonewall», «Photography as a Way of Life – Rüdiger Trautsch, Bilder aus 50 Jahren», «_Leerstelle – Zeit haben, Zeit zählen, Zeit füllen» und «lieben.kämpfen.tanzen. – 50 Jahre Sonntags-Club».

Am Freitag hatte die Berliner Senatsverwaltung für Inneres und Sport auf Twitter mitteilt, dass sie eine neue «AG LSBTIQ+ im Berliner Sport» gegründet hat. Durch die Einbeziehung von Aktiven aus dem queeren Sport sollen zukünftig Bedürfnisse schneller erkannt und reagiert werden (MANNSCHAFT berichtete).

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