LGBTIQ-Trends im Porno: «Femboys» und «Trans» schiessen nach oben
Pornhub stellt sein «Year in Review» für 2021 vor und überrascht mit Entwicklungen im Suchverhalten von Nutzer*innen
Zum achten Mal zieht das Online-Portal Pornhub Bilanz zum abgelaufenen Kalenderjahr und lässt 2021 als Trend-Statistik Revue passieren: Wonach wurde am meisten gesucht, wer schaute was und zu welcher Uhrzeit, was tat sich aus queerer Perspektive? Besonders im LGBTIQ-Bereich sind die Entwicklungen faszinierend.
Will man die wichtigsten LGBTIQ-Trends zusammenfassen, dann ergibt sich laut dem «Queer Social Network» Hornet folgende Top-5-Liste:
#1 Schwule Männer suchen nach «Bromance» Pornhub erklärt das damit, dass im zweiten Corona-Jahr mehr nach «romantischen» Videos und Szenen gesucht wurde. Dabei gab’s bei der Suche nach «Bromance» eine Steigerung von 288 Prozent bei schwulen männlichen Nutzern. (MANNSCHAFT berichtete über das Phänomen Gruppenmasturbation als Form von «male bonding» für Heteros.)
#2 Heteros kopieren queere Beziehungskultur Laut Jahresstatistik haben die folgenden Suchbegriffe enorm an Popularität zugelegt: «swap», «swapping», «swinger», «swinging», «cuckold», «cheating». Hornet geht davon aus, dass diese Begriffe vor allem von heterosexuellen Nutzer*innen eingegeben wurden. Dazu Hornet: «Nicht-monogame Lebensstile sind natürlich nichts Neues für queere Menschen, besonders wenn es um queere Männer geht. Aber vielleicht holen jetzt unsere Hetero-Gegenspieler auf … zumindest in ihren Pornosuchanfragen.»
#3 Suche nach trans Pornografie nimmt stark zu In der Präsentation der Statistik heisst es: «Während die Gesellschaft immer inklusiver wird in Bezug auf diverse Identitäten, ist auch die Suche nach den Begriffen ‹trans› und ‹transgender› bei Pornhub gestiegen.» Und zwar um 141 Prozent!
Trans Pornos landeten aus Platz 10 der meistgeschauten Filme bei männlichen Nutzern
Gleichzeitig wurden 23 Prozent mehr Filme aus dieser Kategorie im Jahr 2021 angeschaut. Mehr noch: trans Pornos landeten aus Platz 10 der meistgeschauten Filme bei männlichen Nutzern des Portals. Und zu diesen gehören auch solche, die sich als Hetero identifizieren.
#4 Lockdown-Fantasien Während viele Menschen auch im zweiten Corona-Jahr Zeit in Isolation verbracht haben, ist sogenannter «Roommate Porn» statistisch nach oben geschossen. Die Suchbegriffe «lesbian roommate», «gay roommate» und «horny roommate» können einen Zuwachs von 136 Prozent verzeichnen. (MANNSCHAFT berichtete über das Paarungsverhalten von schwulen Männern in Pandemiezeiten.)
#5 Leute wollen lernen Viele Menschen haben sich im Lockdown Projekte vorgenommen, die sie endlich mal in Angriff nehmen wollten, jetzt wo sie plötzlich viel Zeit hatten … Und wie sich an der Pornhub-Statistik zeigt, beschränkte sich das nicht nur aufs Renovieren der Wohnung oder auf Lesen und Stricken. Suchanfragen mit «how to» haben 2021 um 245 Prozent zugenommen. Das Spektrum reicht dabei von «how to put on a condom» bis «how to eat pussy» und «how to shave balls».
Weitere interessante Trends für 2021 sind: Lesbische Pornofilme sind bei Frauen die am meisten geschaute Pornhub-Kategorie. Und «bisexual male porn» ist als Kategorie um 288 Prozent nach oben geschnellt.
Politisch inkorrekter Spiegel der Gesellschaft Bei PornhubGay – als Unterseite von Pornhub – waren die meistgesuchten Begriffe «twink» (+7 Prozent), «femboy» (+3 Prozent) und «hentai» (+9 Prozent). Grössere Zuwächse konnte der Suchbegriff «pinoy» verzeichnen (+14 Prozent), während «daddy» um zehn Prozent zurückging.
Tatsächlich geschaut wurden bei PornhubGay allerdings diese Kategorien als Top 10: «Straight Guys» (Platz 1), «Black» (2), «Bareback» (3), «Daddy» auf Platz 4 immer noch vor «Twink» auf Platz 5, «Big Dick» (6), «Cartoon» (7), «Creampie» (8), «Interracial» (9) und «Mature» (10). Was ein interessanter Spiegel von queerem Begehren ist, in Zeiten wo intensiv über Rassismus und Ausgrenzung auf Basis von Alter und Aussehen innerhalb der LGBTIQ-Community diskutiert wird (MANNSCHAFT berichtete). Und natürlich werden viele Aktivist*innen Begriffe wie «pinoy» für Menschen aus den Philippinen als rassistisch brandmarken. Aber, wie Laura Kipnis in ihrem Buch über Pornografie dargelegt hat, wird in Pornos das verhandelt, was wir uns öffentlich oft nicht trauen zu sagen, was uns aber intensiv beschäftigt; somit sind sie ein wichtiger Indikator dafür, was gesellschaftlich gerade passiert – jenseits von politischer Korrektheit.
Zu den am meisten gesuchten «Gay Pornstars» gehört 2021 übrigens auf Platz 1 Cade Maddox, gefolgt von Joey Mills und OnlyFans-Phänomen Reno Gold (MANNSCHAFT berichtete über den ehemaligen Stripper Reno Gold im Kontext von OnlyFans). Die komplette Liste der meist gesuchten Darsteller ist diese:
Hypermaskulinität vs. Twinks In einer Analyse der Zahlen sagt Sexualpädagogin Luna Matatas auf der Pornhub-Seite: «Fantasien sind ein gewichtiger Grund, warum wir Pornos schauen. Man kann unsere Fantasien nicht über einen einzigen Punkt in der Statistik erklären. Die Anziehungskraft von Straight-Guy-Pornos für schwule Männer beispielsweise ist oft dem Ideal konventioneller Männlichkeit geschuldet. Es ist vielleicht erregend, heterosexuelle Männer zu fetischisieren, die vermeintlich ‹männlicher› sind, weil sie besser ins binäre Gesellschaftssystem von männlich und weiblich passen. Wenn man also ein schwuler Mann ist und sich von stereotyper Männlichkeit angezogen fühlt, macht es Sinn, sich Straight-Guy-Pornos anzuschauen, um Dinge zu sehen, die hypermaskulin erscheinen.»
Dass jedoch «Twinks» und «Femboys» als Gegenentwurf zu solch traditioneller Hypermaskulinität auf dem Vormarsch sind, deutet auf eine Veränderung hin, deren weitere Entwicklung man gespannt abwarten darf.
Insgesamt ergibt die Statistik, dass die drei Hauptgruppen, die Online-Pornografie schauen, die 25- bis 34-Jährigen sind (26 Prozent), gefolgt von den 18- bis 24-Jährigen (25 Prozent) und den 35- bis 44-Jährigen (21 Prozent). Das sind Zahlen für alle Nutzer*innen, also nicht nur die von PornhubGay. Die Altersgruppe 45 bis 54 macht nur sieben Prozent der Nutzer*innen aus, 55- bis 64-Jährige neun Prozent und über 65-Jährige zwölf Prozent.
Die beliebteste Zeit für Menschen Pornos zu schauen ist sonntags
Die beliebteste Zeit für Menschen, Pornos auf Pornhub zu schauen, ist sonntags zwischen 22 Uhr abends und 1 Uhr früh. Die Durchschnittsverweildauer ist neun Minuten und 44 Sekunden.
Wie Twitter als Pornoportal die Trends ergänzt bzw. verändert hat, wird von Pornhub nicht berücksichtigt, auch nicht, welche Bedeutung OnlyFans in diesem Kontext hat. Das wären für eine umfassende Analyse allerdings Zahlen, die zu berücksichtigen wichtig wäre. (MANNSCHAFT berichtete darüber, wie in Deutschland gerichtlich der Zugang zu Pornhub und weiteren Online-Portalen eingeschränkt werden soll.)
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