«Lesbisch und Pfarrerin? Ich sehe da keinen Widerspruch!»
Priscilla Schwendimann ist Zürichs erste «Regenbogenpfarrerin»
Die lesbische Pfarrerin Priscilla Schwendimann ist stolz, dass die Reformierte Kirche noch vor dem Schweizer Parlament die Ehe für alle befürwortet hat. MANNSCHAFT hat mit ihr über das katholische Segnungsverbot und ihren YouTube-Kanal «Holy Shit» gesprochen.
Im Frühjahr lud die Katholische Kirche im Kanton Zürich unter dem Motto «Liebe gewinnt» alle liebenden Paare ein, sich auf dem Zürcher Platzspitz-Areal segnen zu lassen. Damit waren – trotz offiziellem Segnungsverbot der katholischen Kirche – auch gleichgeschlechtliche Paare gemeint (MANNSCHAFT berichtete). Die reformierte Pfarrerin Priscilla Schwendimann kennt den organisierenden Seelsorger Meinrad Furrer. Sie findet es «mutig», was ihr Berufskollege gemacht hat. «Schliesslich prangert er damit ja öffentlich seinen eigenen Arbeitsgeber an.»
Missbrauch und Segensverbot: Katholische Kirche verliert Glaubwürdigkeit
«Gott segnet – nicht die Menschen!» Ohnehin bewundert sie alle, die sich in der katholischen Kirche gegen das Segnungsverbot wehren. Lange Zeit hätten sich viele damit begnügt, hinter vorgehaltener Hand gegen die «von oben» diktierten Vorgaben zu reden.
Mittlerweile wehre sich die Basis der Kirche jedoch laut und mit Taten. Priscilla weiss aus Gesprächen, dass dies zahlreichen LGBTIQ-Menschen in der katholischen Kirche guttut. «Sie finden es schön, dass sich etwas bewegt. Es gibt ihnen Mut.»
Die junge Theologin hat indes eine klare Meinung zum Segnen: «Es ist Gott, der segnet – nicht die Menschen!» Klar ist aber auch, dass viele Christ*innen eine andere Auffassung haben. Das gilt auch für die Art und Weise, wie Priscilla Bibeltexte auslegt.
Bibel nicht wörtlich nehmen Dass in der Bibel wörtlich steht, dass Männer, die mit Männern Sex haben, die Todesstrafe verdienen, bringt die lesbische Pfarrerin nicht aus dem Konzept. Dieses «Gesetz» stamme nicht direkt von Gott und müsse im Kontext der damaligen Kultur gesehen werden.
Gott offenbare sich in der Bibel durch die Geschichten. So glaube sie etwa, dass Gott den Menschen geschaffen, ihm den Lebensatem eingehaucht habe – aber nicht, dass er dafür genau sieben Tage benötigte. «Wer Homosexualität wegen dieser Bibelstelle verurteilt, ist inkonsequent. Denn dann dürfte diese Person auch keine Jeans tragen und sich nicht rasieren, weil auch das durch die Bibel verboten wäre.»
Frecher YouTube-Kanal Priscilla Schwendimann wuchs in einer Freikirche auf und hatte einst eine ganz andere Meinung zu diesem Thema. Doch das ist Vergangenheit. Mittlerweile hat sich ihre Persönlichkeit so weiterentwickelt, dass sie ganz locker und offen über ihre sexuelle Orientierung sprechen kann – sogar auf YouTube!
Auf ihrem Kanal, der den recht provokanten und witzigen Namen «Holy Shit» trägt, spricht sie die Zuschauer*innen frontal an. Dabei geht es um Themen wie «Homosexualität in der Bibel» und «Vorurteile über Homos». Inzwischen hat der Account mehr als 1’200 Abonnent*innen. «Ich möchte gerade queeren Menschen zeigen, dass es andere Deutungsmöglichkeiten gibt und ihnen so einen Zugang zur Bibel geben», sagt Priscilla.
In ihren Videos stellt sie deshalb klar: «Lesbisch und Pfarrerin – das ist kein Widerspruch.» In der reformierten Kirche würde sie wegen ihrer Sexualität auch nie diskriminiert werden. «Da ist die Tatsache, dass ich eine junge Frau bin, für einige schon eher problematisch…»
Erste Regenbogenpfarrerin Zürichs Bald wird Priscilla eine neue, spannende Aufgabe erhalten: Die Zürcher Kirchenpflege finanziert ein Pfarramt für LGBTIQ-Menschen und sie wird die erste «Regenbogenpfarrerin» Zürichs. Wie die Gottesdienste und ihre Arbeit im Detail aussehen werden, ist noch offen.
Doch steht das nicht im Widerspruch dazu, dass Homosexualität bei den Reformierten kein Problem sei? Tatsächlich habe es interne Kritik an dem neuen Projekt gegeben – nicht etwa aus homophoben Gründen. Im Gegenteil sorgte man sich, dass so der Eindruck entstehen könnte, es gäbe dringenden Handlungsbedarf.
So ganz durch sei das Thema dann eben doch nicht überall, weiss Priscilla. Oftmals tue Seelsorge not. Sie könnte sich das Pfarrhaus als Schutzraum für LGBTIQ-Jugendliche vorstellen, die Konflikte mit ihren Eltern haben. Und schliesslich könnte das Pfarramt dazu beitragen, das schlechte Image der Kirche bei LGBTIQ-Menschen zu verbessern.
Stolz auf Reformierte Kirche Priscilla sei nämlich zufrieden damit, wie ihre Kirche mit Homosexualität umgehe. So würden die Reformierten schon seit den 90er-Jahren gleichgeschlechtliche Paare segnen.
Die 28-Jährige ist auch stolz, dass die Reformierte Kirche noch vor dem Schweizer Parlament die Ehe für alle befürwortet hat (MANNSCHAFT berichtete). Doch irgendwie komme diese LGBTIQ-Freundlichkeit nie so recht im öffentlichen Bewusstsein an. «Wir bringen es nur einfach nicht fertig, das gut zu kommunizieren», sagt Priscilla.
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