Miriana Conte: «Mein ganzes Leben lang wurde ich in Rollen gedrängt»

Die Künstlerin vertrat Malta beim Eurovision Song Contest in Basel

Miriana Conte
Sprach auf Instagram vom «Eurovision-Blues»: Miriana Conte. (Bild: Edward Degabriele)

Für ESC-Fans wurde der Song «Kant» zur queeren Hymne 2025, für Miriana Conte war er ein Befreiungsschlag. MANNSCHAFT sprach mit der Sängerin im Rahmen ihres Auftritts bei der Zurich Pride.

Nach fünf Anläufen hat es endlich geklappt: Mit ihrem energiegeladenen Song Kant stand Mirjana Conte beim Eurovision Song Contest 2025 für Malta auf der grossen Bühne in Basel. Im Interview spricht die queere Sängerin über den Eurovision Blues, queere Sichtbarkeit und was «Kant» für sie persönlich bedeutet.

Miriana, nach dem ESC in Basel hast du auf Instagram von den «Eurovision Blues» gesprochen. Wie bist du damit umgegangen? Es ist wirklich so etwas wie eine kleine Depression nach Eurovision – es trifft die besten von uns. Was mir geholfen hat, war der Kontakt zu den anderen Künstler*innen. Ich bin einigen auch nähergekommen – zum Beispiel Sissal, JJ, Kyle und Erika. Wir schreiben fast jeden Tag. Das hat mir wirklich geholfen.

Du performst auch bei verschiedenen Pride-Veranstaltungen. Ja! Das lenkt mich ab und baut mich auf. Ich schreibe auch wieder – ich war am Songwriting Camp in Malta, wo übrigens auch «Kant» entstanden. Und ich schreibe auch Songs für andere Künstler*innen. Das tut mir richtig gut und hilft mir, wieder zu mir zu finden.

Etwas Positives und etwas Negatives, das du von Basel mitgenommen hast? Positiv ist eigentlich alles. Ich glaube, es ist der Traum von fast allen Musiker*innen in Europa, einmal bei Eurovision dabei zu sein. Gerade wenn man aus einem kleinen Land wie Malta kommt, ist so eine Plattform extrem wichtig. Es war mein fünfter Versuch – und endlich habe ich meine Bühne bekommen. Endlich hat die Welt gesehen, wer Miriana Conte ist. Das ist verrückt, aber wunderschön. Das Negative ist: Du arbeitest sechs Monate lang Vollzeit auf diesen Moment hin – und dann ist plötzlich alles vorbei. Das ist schon ein harter Cut.

«Kant» ist ja schon fast eine queere Hymne geworden. Was hat dich dazu inspiriert? Ich wollte mich in dem Song komplett zeigen – mit allem, was ich bin. Ich bin ein riesiges Energiebündel mit ADHS, und genau das sollte der Song ausdrücken. Ich wurde mein ganzes Leben lang in Rollen gedrängt, die nicht zu mir passten. Beim Schreiben von «Kant» habe ich zum ersten Mal entschieden: Jetzt bin ich einfach ich.

2025 war das Jahr, in dem ich mich selbst gewählt habe – das war richtig magisch. Und ich glaube, diese Energie spüren die Leute auch. Der Song ging viral und wurde zu einer queeren Hymne. Ich bin so dankbar, dass er bei den Menschen so viel Liebe auslöst.

Deine Freundin Jade Flask spielt Fussball für die maltesische Nationalmannschaft. Magst du Fussball? Tatsächlich ja. Mein Vater kommt aus Neapel – Fussball war bei uns immer ein Thema. Früher habe ich den Sport nie richtig verstanden. Aber jetzt, wo ich meine Freundin oft spielen sehe – auch wenn sie momentan verletzt ist – verstehe ich das Spiel viel besser. Es interessiert mich richtig.

Wie erlebst du die Musikbranche als queere Frau? Ich finde, die queere Repräsentation ist wirklich gewachsen. Ich fühle mich in der Community sehr gesehen. Gerade in der Musik bekommen wir heute viel mehr Raum, um uns voll auszudrücken. Wenn ich an queeren Events auftrete, fühle ich mich nie verurteilt – ich kann ganz ich selbst sein. Das ist ein schönes Gefühl.

Wie hast du das Publikum bei der Zurich Pride erlebt? Ich versuche bei jedem Auftritt, ein Stück von mir selbst zu geben – ich nenne das den vollen Miriana-Effekt. Oder auch den Kant-Effekt. Ich hoffe, dass die Leute wirklich fühlen, was ich mit meiner Musik ausdrücke. Es war ein langer Weg bis hierhin, und es bedeutet mir extrem viel. Ich glaube fest daran, dass die Menschen das heute Abend auch in ihren Herzen spüren werden.

Mehr: Ihr Musikstil und ihre tiefgründigen Texte haben die Neuseeländerin Lorde berühmt gemacht. Jetzt meldet sie sich mit einem neuen Album zurück. Wer ist diese Ausnahmekünstlerin? (MANNSCHAFT berichtete)

Unterstütze LGBTIQ-Journalismus

Unsere Inhalte sind für dich gemacht, aber wir sind auf deinen Support angewiesen. Mit einem Abo erhältst du Zugang zu allen Artikeln – und hilfst uns dabei, weiterhin unabhängige Berichterstattung zu liefern. Werde jetzt Teil der MANNSCHAFT!

Das könnte dich auch interessieren

Kommentare