Kardinal Kasper: Missbrauch hat zur tiefsten Krise seit Reformation geführt
Der 90-Jährige spricht öffentlich über den Zustand der katholischen Kirche
Einer der einflussreichsten Kardinäle in Rom gesteht seine Beschämung über die Verbrechen der katholischen Kirche.
Walter Kasper sagt im Interview in der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung Die Zeit: «Geschämt habe ich mich, dass auch Priester Minderjährigen durch sexuellen Missbrauch für ihr ganzes Leben schweres Leid zugefügt haben und dass diese Taten oft auch noch vertuscht wurden.» Das widerspreche zutiefst der christlichen Botschaft vom Leben und von der Würde jedes Menschen. «Inzwischen hat der Missbrauch zur tiefsten Krise seit der Reformation geführt.»
Die Skandale sind diese Woche auch Gegenstand der Beratungen der Deutschen Bischofskonferenz in Dresden. Dort geht es zudem um Reformen und den «Synodalen Weg» (MANNSCHAFT berichtete).
Kardinal Kasper, Wegbereiter des amtierenden Papstes, verteidigt Franziskus gegen Kritik aus Deutschland: «Papst Franziskus will selbstverständlich Reformen.»
Vielen Anliegen des deutschen Synodalen Wegs könne Franziskus zustimmen, bei anderen habe er jedoch den Eindruck, dass sie die Einheit des Glaubens massiv gefährden. Solche «falschen Reformen» wolle und müsse der Papst bremsen. «Er trägt die Verantwortung für die Einheit der Kirche.»
«Jede Veränderung löst Verlustängste aus» Seit Amtsantritt von Franziskus vor zehn Jahren unterstützt Kasper dessen Reformagenda und machte sich dadurch Feinde unter konservativen Klerikern. Scharf weist der deutsche Kardinal nun Behauptungen zurück, Franziskus sei kein Erneuerer.
«Bevor es den Synodalen Weg überhaupt gab, forderte er Synodalität», so Kapser über Franziskus. «Alle wichtigen Themen des Synodalen Weges waren längst auf seiner Agenda: die Mitwirkung der Laien, der Abbau des Klerikalismus, die Förderung der Frauen im Dienst der Kirche, die Überwindung der Verbotsmoral und die Stärkung des Gewissens, die Achtung vor gleichgeschlechtlich orientierten Menschen, die Aufklärung des sexuellen und geistlichen Missbrauchs, die Reform des Kirchenrechts und der römischen Kurie.»
Über den innerkirchlichen Reformstreit sagt Kasper: «Jede Veränderung löst Verlustängste aus. Es gibt keinen Fortschritt, der nicht auch ein Verlust wäre. Das provoziert Widerstände.»
Walter Kasper begeht am kommenden Sonntag seinen 90. Geburtstag. Sechs Jahre älter als der kürzlich verstorbene Joseph Ratzinger galt Kasper lange Zeit als dessen liberaler Antipode.
Jetzt warnt er konservative und progressive Katholiken vor einer Spaltung: «Wir können die ins Wanken geratene Festungskirche nicht dadurch retten, dass wir sie zu einem wohnlichen Schloss oder zu einem einladenden Hotel für alle umbauen. Wir müssen die hochgezogenen Brücken der Festung herablassen, die Gräben zuschütten, uns zuerst selbst bekehren.»
Zuletzt ist Streit entbrannt, ob die Bibel in gendergerechter Sprache und mit Gendersternchen neu veröffentlicht werden sollte (MANNSCHAFT berichtete).
Das könnte dich auch interessieren
Berlin
Schwulenfeindliches Mobbing: Bildungsverwaltung erneut in der Kritik
Der Ehemann eines schwulen Lehrers am Campus Rütli in Neukölln bekommt nachts anonyme Anrufe und wird beleidigt. Stecken Schüler dahinter? Die Staatsanwaltschaft ermittelt.
Von Newsdesk/©DPA
Bildung
Deutschland
Queerfeindlichkeit
News
Deutschland
Oft gegen CSDs: Rechtsextreme Straftaten junger Leute nehmen stark zu
Die Behörden registrieren mehr als doppelt so viele rechtsextreme Delikte junger Menschen wie noch 2020. Die Bundesregierung sieht neue Gruppierungen und soziale Medien als Treiber.
Von Newsdesk/©DPA
Pride
Queerfeindlichkeit
News
Community
Dating & Sex nach dem Coming-out: Zwischen Hoffnungen und Wirklichkeit
Das Coming-out ist für viele queere Menschen ein Wendepunkt. Endlich offen leben, endlich frei lieben – so die Hoffnung. Doch wie verändern sich Dating, Sexualität und Intimität tatsächlich nach diesem Schritt? Persönliche Erfahrungen und Studien zeigen, dass Erwartungen und Realität oft nicht deckungsgleich sind.
Von Newsdesk Staff
Dating
Coming-out
Lust
Schwul
TIN
Dating
Drohen Grindr & Co damit, queerfeindliche Republikaner zu outen?
In den USA sorgt ein Social-Media-Post für Aufsehen: Angeblich sollen Dating-Apps gedroht haben, versteckt lebende republikanische Politiker zu outen, falls die Partei weiter das Ende der Ehe für alle betreibt.
Von Newsdesk Staff
Coming-out
Queerfeindlichkeit
News