in

Ist die schwule Buchhandlung Erlkönig noch zu retten?

Buchhandlung Erlkönig
Thomas Ott in seinem Laden in Stuttgart (Foto: Facebook)

Viele schwule Buchhändler können ihren Laden nur noch weiterführen, weil sie ihn privat mitfinanzieren. Der Stuttgarter Erlkönig veröffentlichte vor zwei Monaten einen Hilferuf. Seitdem steigen die Umsätze.

Thomas Ott ist zufrieden. Der vergangene Samstag lief für seine Buchhandlung Erlkönig gut. „Ich hatte die richtige Idee zum allerletzten Zeitpunkt“, sagt er gegenüber der Mannschaft.

Neben Prinz Eisenherz in Berlin und Löwenherz in Wien ist der Stuttgarter Erlkönig der letzte schwule Buchladen im deutschsprachigen Raum. Erst Ende November musste „Der andere Buchladen“ in Mannheim schließen – nach 40 Jahren. Es ging nicht mehr: Inhaber Harald Blaull konnte den Laden zuletzt nur noch weiterführen, weil er ihn privat mitfinanziert hat. Eine Entwicklung, die bereits für viele schwule Buchläden das Aus bedeutete.


Auch beim Stuttgarter Buchhändler Thomas Ott knirscht es gewaltig. „Wir/ich waren noch nie gefährdet, damit reich zu werden. In den ‚besseren Zeiten‘ kam man grade so zurecht. Die ‚besseren Zeiten‘ sind vorbei. Seit Jahren überleben wir nur, weil ich selbst Geld reinstecke, dass ich z.b. geerbt habe. Das ist jetzt aber verbraucht. Futsch!“

Roland (li) und Franz vom queeren Buchladen Prinz Eisenherz in Berlin (Foto: Mannschaft)

Mit diesem Hilferuf wandte er sich am 1. Oktober via Facebook an die Öffentlichkeit: „Die Ladenumsätze sinken weiter. Die Umsätze über unseren Internetshop steigen, aber nicht so, dass es zusammen reicht.“ Ott nannte die Zahlen:

Jeden Monat fehlen 5.000 EUR


„Wir bräuchten, um unsere Ladenmiete zu zahlen und zwei Leute auf einem Niveau, dass ‚existenzsichernd‘ ist (und nicht mehr!) zu bezahlen, ca. 15.000 EUR Umsatz im Monat. Aktuell sind es ca. 10.000 EUR. Es fehlen also 5.000 EUR monatlich.“

Ott schrieb in seinem Hilferuf auch, wie sich der Laden retten ließe: „Stuttgart alleine könnte das machen, indem von den ca. 20.000 Menschen, die hier in irgendeiner Form der LSBTTIQ-Community angehören (5% von 600.000 sind 30.000, wir ziehen mal Kinder und ein paar andere ab), jede/r im Monat 0,25 EUR ausgibt. Also z.B. alle vier bis fünf Monate eine Postkarte kauft.

Drei Taschenbücher im Jahr, oder einen Kalender und drei Regenbogenaufkleber

Unrealistisch? Ja klar. Aber es würde ja auch reichen, wenn 10% der ‚LSBTTIQ‘-Menschen in Stuttgart 2,50 EUR im Monat bei uns lassen würden. Drei Taschenbücher im Jahr, oder einen Kalender und drei Regenbogenaufkleber. Oder ein einziges teures Fachbuch (das bei uns, wie in jeder Buchhandlung, genau das Gleiche kostet wie irgendwo). Oder zwei Bilderbücher für den Neffen oder die Enkelin, ein Kochbuch für die Mama (wir besorgen JEDES lieferbare Buch, jeden lieferbaren Film, und wir besorgen, wenn es geht, auch alles, was nicht mehr regulär lieferbar ist!)“

Die Buchhandlung Erlkönig liefert in die Schweiz, nach Spanien, Island, Taiwan und Costa Rica

Auch für Nicht-Stuttgarter lieferte Ott eine Idee: „Mit unserem Internetshop, von dem ich behaupte, dass er zum Besten gehört, was es in der Beziehung weltweit gibt, machen wir aktuell knapp 1500 EUR Umsatz im Monat. Etwa die Hälfte davon generieren ca. 5-10 Stammkund/innen, die offensichtlich zufrieden sind. Mir ist schon klar, dass es nicht Tausende von Schwulen und Lesben gibt, die im Monat 150 EUR für Bücher oder Filme ausgeben und die dann auch noch bei uns bestellen, aber es würde uns ja schon über die „so-geht-es-nicht-mehr-weiter“-Schwelle helfen, wenn aus den 5-10 Leuten, die unser Angebot grade so intentiv nutzen, z.b. 50 oder 80 würden. Grob gesagt: Eine/r pro eine Million Einwohner in Deutschland! Habe ich vergessen zu erwähnen, dass wir auch in die Schweiz verschicken, nach Spanien, nach Island, nach Taiwan, nach Costa Rica?“

Der Hilferuf zeigt Wirkung. „Es gab nicht nur Feedback, wir merken es auch an den Umsätzen!“

Thomas Ott hat wieder Zuversicht. Wir wollen hoffen, dass das so bleibt. Wer also noch kein Weihnachtsgeschenk hat …


Start der LGBTQ-Dokumentation «Queer Life in the City»

Zuckersüsser Weihnachtskuchen