Hormontherapie verweigert: Polen wegen Diskriminierung verurteilt

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sprach der Klägerin eine Entschädigung zu

(Symbolbild: thisisengineering/ Unsplash)
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Polen untersagte einer inhaftierten trans Frau die Fortsetzung ihrer Hormontherapie. Damit verstiess Polen gegen die Menschenrechtskonvention.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat Polen wegen der Verweigerung einer Hormontherapie für eine inhaftierte trans Frau verurteilt. Die Strassburger Richter*innen sahen in der Entscheidung der polnischen Behörden einen klaren Verstoss gegen das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens, wie es in Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention festgelegt ist.

Die Klägerin wurde 1992 geboren und dem männlichen Geschlecht zugewiesen. Im März 2023 wurde sie rechtlich als Frau anerkannt, 2020 war sie im Gefängnis von Siedlce inhaftiert. Dort wurde ihr die Fortsetzung einer bereits begonnenen Hormontherapie verweigert. Der EGMR befand dies als diskriminierend und sprach der Frau eine Entschädigung von 8000 Euro für immaterielle Schäden sowie 2153 Euro für Kosten und Auslagen zu. Das Urteil wurde mit einer Mehrheit von sechs zu einer Richterstimme gefällt.

Dieses Urteil ist Teil einer Serie von Verurteilungen Polens durch den EGMR in den letzten Jahren. Insbesondere während der Regierungszeit der rechtspopulistischen PiS-Partei von 2015 bis 2023 wurde das Land mehrfach für seine LGBTIQ-feindliche Politik gerügt.

Im Dezember 2023 hatte der Gerichtshof Polen bereits dafür verurteilt, dass es seiner Verpflichtung, einen rechtlichen Rahmen für die Anerkennung und den Schutz gleichgeschlechtlicher Paare zu schaffen, nicht nachgekommen war.

Der EGMR, der zum Europarat gehört und nicht zur Europäischen Union, basiert seine Entscheidungen auf der Europäischen Menschenrechtskonvention, die von 46 Mitgliedstaaten anerkannt wird. Allerdings verfügt das Gericht über keine Sanktionsmöglichkeiten, um die Umsetzung seiner Urteile durchzusetzen. Der Europarat umfasst alle europäischen Länder ausser Belarus, Kasachstan, dem Kosovo, Russland und dem Vatikanstaat.

In jüngster Zeit hat Polen einen politischen Wandel erlebt. Seit Ende 2023 wird das Land von einem Bündnis unter Führung des ehemaligen Ministerpräsidenten Donald Tusk regiert, das sich als queerfreundlicher positioniert hat (MANNSCHAFT berichtete). Es bleibt abzuwarten, wie sich diese politische Veränderung auf den Schutz und die Rechte von LGBTIQ-Personen in Polen auswirken wird.

Einen klaren Verstoss gegen Artikel 8 der Menschenrechtskonvention sah der EGMR auch im September 2023 seitens Bulgarien. Das Land hatte sich geweigert, die Ehe einer Bulgarin anzuerkennen, die im Ausland ihre Frau geheiratet hatte (MANNSCHAFT berichtete).

Mehr: EDU will den ESC 2025 in der Schweiz komplett verhindern (MANNSCHAFT berichtete)

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