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«Hocus Pocus 2»: Die queeren Hexen von Salem sind zurück

Disney+ veröffentlicht die Fortsetzung des Kultklassikers

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Sarah Jessica Parker, Bette Midler und Kathy Najimy (v.l.n.r.) in «Hocus Pocus 2» (Foto: Disney+)

Oktober ist Halloween-Monat. Da kommt die Fortsetzung der Hexenkomödie «Hocus Pocus» bei Disney+ gerade rechtzeitig. Der Originalfilm von 1993 gilt als LGBTIQ-Klassiker. Die Fortsetzung von 2022 ist mindestens genauso queer.

Als Disney die Geschichte der drei Sanderson-Schwestern – gespielt von Bette Midler, Kathy Najimy und Sarah Jessica Parker – in den 90ern ins Kino brachte, wurde der Film von Kritiker*innen und Publikum nicht besonders positiv aufgenommen und spielte kaum Gewinn ein.

Aber: So leicht gab Disney nicht auf. «Hocus Pocus» wurde über die verschiedenen Kabelsender des Konzerns jedes Jahr zu Halloween ausgestrahlt und eroberte sich auf diesem Weg eine jugendliche Fangemeinde. Viele von diesen ehemals jungen Zuschauer*innen verehren den Film bis heute kultisch. Darunter auffallend viele Queers.

Es geht um die Schwestern Winifred, Sarah und Mary Sanderson, die in den 1690er-Jahren bei den berüchtigten Hexenprozessen in Salem hingerichtet wurden. Weil sie Jugendlichen die Lebenskraft aussaugten, um selbst unsterblich zu bleiben und für immer «attraktiv».


Schwarzflammige Kerzen und jungfräuliche Kreaturen
Kurz vor ihrer Hinrichtung spricht Winifred einen Fluch aus: Wenn eine jungfräuliche Kreatur die schwarzflammige Kerze an Halloween entzünden sollte, werden die drei Hexen auf die Erde zurückkehren. Und genau das passiert im Originalfilm.

Die skurrilen Sandersons tauchen in Kostümen auf, die seither zum Standardoutfit vieler Dragqueens gehören. Barrie Kosky steckte in seiner Produktion von «Die Grossherzogin von Gerolstein» 2020 Tom Erik Lie in ein Bette-Midler-Kostüm und betonte damit den ikonischen Reiz dieses Sanderson-Outfits mit den hochgesteckten roten Haaren.

Und die Musiknummer «I Put a Spell on You» aus «Hocus Pocus» ist definitiv ein Camp-Disco-Highlight für die Ewigkeit.


Unmittelbare queere Repräsentation gab es in den 1990ern nicht. Aber wie David Halperin 2012 in seinem Buch «How to be Gay» schreibt: «What gay men have always sought out is not only direct or literal representations of themselves, but also figural or metaphorical or encoded or encrypted representations of gay desire.»


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Es fällt nicht schwer, die totally over the top Darstellerinnen Midler, Parker und Najimy in ihrem Kampf gegens Älterwerden und gegen eine Gesellschaft, die sie nicht akzeptiert, als «queer» zu lesen, als Metapher für Menschen, die anders sind und ausgegrenzt werden, sich aber nicht unterkriegen lassen.

Perfekte Projektionsfläche
Omri Katz als die «jungfräuliche Kreatur» im Film bot besonders für junge Zuschauer*innen eine perfekte Projektionsfläche.

Und nun kommt knapp 30 Jahre später die Fortsetzung der Geschichte.

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Poster zu «Hocus Pocus 2» (Foto: Disney+)

Dieses Mal bringt der Besitzer eines Zauberladens zwei Mädchen dazu, die drei Hexen ins heutige Salem zurückzuholen. Dort richten sie Chaos an und wollen vor allem dem Bürgermeister des Ortes an den Kragen, den sie dafür verantwortlich machen, dass sie vor Jahrhunderten getrennt wurden.

Die Hexen sind 2022 nicht nur auf Besen unterwegs, sondern auch auf einem Swiffer und einem Saugroboter. Sie tanzen, legen sich mit einem Zombie (Doug Jones) an und zeigen vor allem, dass sie als Schwestern zusammengehören – komme, was da wolle!

«Drag Race»-Stars vs. Sanderson-Originale
«Die Dinge haben sich für Frauen zwar verändert», sagte Bette Midler bei einer Pressekonferenz in Los Angeles. «Aber die Dinge haben sich für Frauen nicht schnell genug geändert.» In den Charakteren der drei Hexen sieht sie etwas «ziemlich Positives für Frauen»: «Zuerst mal sind sie sehr witzig, was Frauen normalerweise nicht erlaubt ist», sagte sie. «Und dann sind sie einander sehr loyal.»

In jeder Situation, in der Frauen zusammenkommen, sei ein freundschaftliches und schwesterliches Band wichtig. «Und das betont dieser Film wirklich.»

Auch das lässt sich ohne viel Mühe «queer» lesen in der Verfilmung von Regisseurin Anne Fletcher, der Adam Shankman als schwuler Mentor und Produzent zur Seite stand.

Es gibt diesmal einen Sanderson-Lookalike-Wettbewerb mit Dragqueens, genauer gesagt mit den «Drag Race»-Kandidat*innen Ginger Minj, Kornbread Jeté und Kahmora Hall. Die Dragqueens treten gegen die Sanderson-Originale an. (MANNSCHAFT berichtete darüber, dass «Riverdale»-Star KJ Apa bei RuPaul‘s Drag Race mitmachen wollte, um die weibliche Seite seiner Persönlichkeit zu erkunden.)

Ein schwules Paar darf mal kurz durchs Bild laufen. In Nebenrollen sind Tony Hale und Sam Richardson («Veep») zu erleben. Und Froy Gutierrez («Teen Wolf») ist als Eye Candy im Einsatz – er sei der «Boyfriend» von Hollywoodstar Richard Madden, schreibt der gewöhnlich gut informierte LGBTIQ-Filmjournalist Patrick Heidmann in einem Artikel zum Film.

 

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Jedenfalls sind es insgesamt 107 unterhaltsame Minuten, die ab sofort zum Streamen bereit stehen auf Disney+. Der Soundtrack mit Musik von John Debney wurde am 30. September digital veröffentlicht, eine CD soll am 11. November folgen.

Statt «I Put a Spell on You» trällern die drei Hexen diesmal Blondies «One Way or Another» – als eine Art versteckter LGBTIQ-Hymne, die man in Dragshows zu Halloween dieses Jahr bestimmt überall hören wird.

 

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«Hocus Pocus» als Broadwaymusical
Nach übereinstimmenden Medienberichten ist übrigens eine Broadway-Musicalversion von «Hocus Pocus» in der Planung. Der Produzent des Originalfilms, David Kirschner, verriet dem Magazin People, dass an einer Bühnenadaption gearbeitet werde.

Der Regisseur des Films von 1993, Kenny Ortega, hat für Disney später die High-School-Musical-Filme gedreht und bringt ausreichend Musicalerfahrung mit. Midler, Parker sowie Najimy sind alle Stars am Broadway gewesen und dort regelmässige Gäste. (MANNSCHAFT berichtete über neue Bücher zu LGBTIQ-Geschichte des Musicals.)

Das Magazin Vulture wiederum schreibt, dass auch die Kombi der Musical-Göttinen Patti LuPone, Laura Benanti und Jayne Houdyshell unwiderstehlich wäre. «Und falls das nicht klappt, wie wäre es mit Ariana Grande, Cynthia Erivo und Jonathan Bailey, die sowieso schon an einem Filmmusical mit singenden Hexen arbeiten?»

Gemeint ist die Verfilmung von «Wicked», ebenfalls ein Stück mit extrem starken LGBTIQ-Elementen. Bailey spielt darin den Lover der grünen Hexe Elphaba.

Die Geschichte von «Hocus Pocus» ist also mit diesem zweiten Filmteil sicher noch nicht zu Ende. Die Disney-Maschinerie läuft auf Hochtouren, um weitere Produkte auszuwerfen.

MANNSCHAFT fragte Leser*innen, wie sie Halloween feiern.


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