Geschwister Pfister Reloaded: 30 Jahre «Melodien fürs Gemüt»
Zum Jubiläum gibt’s eine ungewöhnliche Reunion mit der Ur-Besetzung von 1992
Die Schweizer Kult-Formation Geschwister Pfister feiert ihr 30-jähriges Bestehen mit einer besonderen Show, bei der Christoph Marti und Tobias Bonn erstmals seit Jahrzehnten wieder mit der Ur-Truppe auftreten – also als Lilo, Willi, Toni und Ursli.
Die Jubiläumsshow trägt den schmalzigen Titel «Melodien fürs Gemüt», den die Truppe schon 1992 verwendet hatte. Es handelt sich bei der Neuauflage um eine einmalige Reunion mit Lilian Naef und Max Gertsch in der Bar jeder Vernunft in Berlin, die ihrerseits ihr 30-Jähriges feiert. Am Flügel sitzt, wie schon 1992, Johannes Roloff.
Nach der Ur-Show 1992 stiegen Naef und Gertsch schnell aus, dafür kam wenig später Andreja Schneider als das unwiderstehliche bulgarische Fräulein Schneider hinzu. Sie ist jetzt bei der Jubiläumsshow allerdings nicht dabei, weil sie seit Jahren eigene Wege eingeschlagen hat. (Christoph Marti und Tobias Bonn waren kürzlich in einer ZDF-Sendung über alternative Lebensformen dabei, MANNSCHAFT berichtete.)
1992 schrieb der Musikkritiker Manuel Brug in der Süddeutschen Zeitung über «Melodien fürs Gemüt»: «Die Kunst der Geschwister Pfister ist eine leise Kunst, doppelbödig und nur scheinbar unschuldsvoll. Die Parodie wird hier geadelt zu einem Traumspiel zwischen Phantasie und Alpdruck. Aber Vorsicht: Hinter einem süssen Lächeln versteckt sich Vitriol, die Engelszungen sind gespalten, der ‹Heidi›-Dialekt ist vergiftet.»
Operettenmeilensteine In der Bar jeder Vernunft brachten die Geschwister Pfister 1994 ihr legendäres «Weisses Rössl» heraus, mit Max Raabe, Meret Becker, Otto Sander und vielen anderen. Das wurde glücklicherweise gefilmt und ist heute als Operettenmeilenstein auf DVD erhältlich.
2014 holte Barrie Kosky die Pfisters als queere Attraktion an die Komische Oper. Dort brillierten sie in Dostals «Clivia», Spolianskys «Heute Nacht oder nie» sowie der Fussbaloperette «Roxy und ihr Wunderteam» von Paul Ábrahám – jeweils in Inszenierungen von Stefan Huber, mit einem cross-dressed Christoph Marti in der weiblichen Hauptrolle.
In «Roxy» durfte Marti dem Publikum singend erklären, dass eine «kleine feine Handarbeit» schon immer die Männer beglückt habe … Er tat es mit jenem doppeldeutigen Operettengrinsen, das dem Genre entspricht und jedes Mal aufs Neue Beifallsstürme entfachte. Eine Art Doppeldeutigkeit, die man bei den meisten Opernsänger*innen im Operettenfach leider weitgehend vermisst. (MANNSCHAFT berichtete über den ersten schwulen Opernführer der Welt.)
Eine vierte Produktion – die Gendernormen durchbrechende «Fledermaus» von Johann Strauss – fiel coronabedingt in Berlin aus, vorerst zumindest. Dafür lief sie zuletzt erfolgreich in Zürich. (MANNSCHAFT berichtete über die Produktion.)
Schwarzen Löcher im Mondkäse Die Produktion von «Frau Luna» 2016 im Tipi am Kanzleramt wurde zwar als glitzerndes Pfister-Spektakel während eines der Lockdowns gestreamt, aber bislang nie auf DVD veröffentlicht. Die Welt schrieb dazu: «Da blubbert die Milchstrasse vor Vergnügen, und es fliegen die schwarzen Löcher aus dem Mondkäse.» (MANNSCHAFT berichtete über die Operette für zwei schwule Tenöre von Johannes Kram und Florian Ludewig.)
Nach «Melodien fürs Gemüt» werden Christoph Marti und Tobias Bonn im Oktober 2022 in der Konzertreihe «Verzaubert» in Zürich und Winterthur mitwirken, organisiert von der Züricher Kantonalsbank. Der Untertitel ihres Programms lautet «Das Lila Lied», nach der berühmten LGBTIQ-Hymne von Mischa Spoliansky von 1920 mit der Refrainzeile «Wir aber sind anders als die andern». Womit sich die beiden Künstler erstmals explizit schwul-lesbischen Liedern widmen werden, in denen es inhaltlich um queeres Leben und den Befreiungskampf geht.
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