Mehr queere Geschichte im österreichischen Schulunterricht nötig
Zwei Jugendliche pflegen das Grab von Franz Doms
Weil er schwul war, wurde er 1944 im Landesgericht Wien hingerichtet: Kürzlich wurde das Grab von Franz Doms geschändet (MANNSCHAFT berichtete). Über die Tat möchten sich Katja und Wilhelm nicht weiter äussern, um ihr nicht noch mehr Beachtung zu schenken. Sie pflegen das Grab: Es soll weiter existieren, damit sich alle daran erinnern können, was passiert ist.
Katja und Wilhelm sind Schüler*innen, die ihre Ausbildung am Wiener TGM (Technologisches Gewerbemuseum Höhere Technische Bundeslehr- und Versuchsanstalt) in Informationstechnologie absolvieren. Im Interview mit MANNSCHAFT erzählen die beiden, was sie persönlich mit der Grabstätte von Franz Doms verbindet und was sie bewegt, sein Grab zu pflegen.
Seit einiger Zeit beschäftigen sich die beiden jugendlichen IT-Schüler*innen mit queerer Geschichte und sind in der queeren Community Wiens politisch aktiv. Ihr Interesse an der Pflege der Grabstätte von Franz Doms begann eigentlich damit, als Katjas Mutter ihre Tochter auf den Tweet des ORF-Journalisten Jürgen Pettinger übers Grab von Franz Doms aufmerksam gemacht hatte.
Von Geschichte berührt In weiterer Folge habe Katjas Mutter sie motiviert, gemeinsam mit ihren Freund*innen eine Kerze an Doms Grab anzuzünden. Noch am selben Tag war Katja mit ihrem Schulfreund Wilhelm, der sofort von Katjas Idee begeistert war, vor Ort am Wiener Zentralfriedhof, wo sie gemeinsam die Grabstätte von Franz Doms mit Kerzen schmückten.
Wilhelm sagt gegenüber MANNSCHAFT, wie sehr er von Doms beeindruckender Geschichte berührt sei, obwohl er anfangs nicht viel über den damals jungen Widerstandskämpfer wusste. Schliesslich habe Katja sich mit der Geschichte von Franz Doms noch weiter auseinandergesetzt und auch die Folge des feministischen Podcasts «Grosse Töchter» von Beatrice Frasl mit dem ORF-Journalisten Jürgen Pettinger im Gespräch angehört.
«Die Geschichte über den 21-jährigen Widerstandskämpfer, der im Jahr 1944 am Wiener Landesgericht hingerichtet wurde, weil er homosexuell war, hat mich sehr mitgenommen», sagt Katja. Bereits ein paar Tage später sei das Buch von Pettinger mit dem Titel «Franz – Schwul unter dem Hakenkreuz» erschienen, das Katja innerhalb eines Tages ausgelesen hat.
Über historische LGBTIQ-Verfolgung wird nicht gesprochen Leider werde im österreichischen Schulunterricht viel zu wenig über die historische Verfolgung von Homosexuellen und anderen Minderheiten gesprochen, sagt Wilhelm. Umso mehr sei er seinerseits dankbar für den Beitrag via Twitter, weil er dadurch auf die Geschichte von Franz Doms aufmerksam gemacht wurde. Es sei wichtig, sich stets an solche Ereignisse zu erinnern, meint Wilhelm.
Was Katja bei der Geschichte von Franz Doms vor allem fühlt sei: Angst. Die Angst davor, so etwas könnte wieder passieren, wenn homosexuelle Menschen u. a. in Österreich abermals verfolgt würden, sagt sie. Deshalb halte sie das Erinnern für besonders wichtig. Und darum haben Wilhelm und Katja bewusst die Grabstätte von Franz Doms gewählt, um diese im Rahmen von «Niemals vergessen» regelmässig zu pflegen.
Ein Appell oder eine Aufforderung an das österreichische Bildungsministerium könnte dabei helfen, den Geschichtsunterricht in Zukunft zu adaptieren. Um niemals zu vergessen – und gleichzeitig, um wieder angstfrei zu leben in Österreich, in Europa oder auch weltweit.
In Berlin wurde kürzlich das Grab der trans Frau Ella mit Feuerlöscher und Benzinkanister geschändet (MANNSCHAFT berichtete).
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