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«Fortdauernde Drangsalierung von LGBTIQ schreit zum Himmel»

Kai Gehring, Grünen-Mitglied im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe im Deutschen Bundestag, startete eine Grosse Anfrage an die Bundesregierung zur internationalen Lage der Menschenrechte von LGBTIQ

Kai Gehring (Foto: Thomas Koehler/photothek.net/Bundestag)

In einzelnen Ländern drohen Steinigung, Galgen oder Kerker, vielerorts bestimmen Diskriminierungen den Alltag, während zugleich immer mehr Länder Standesämter und Traualtar für gleichgeschlechtliche Paare öffnen – mit einer Grossen Anfrage wirft Kai Gehring (Grüne) Licht auf die schlimmsten Verfolger und Unterdrücker von LGBTIQ weltweit.

Insgesamt 102 Fragen richtete Gehring an die Bundesregierung. etwa: In welchen dieser Länder sind nach Kenntnis der Bundesregierung gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen mit der Todesstrafe bedroht? Antwort: «Nach Kenntnis der Bundesregierung kann die Todesstrafe für gleichgeschlechtliche Handlungen in Iran, Mauretanien, Saudi-Arabien, Sudan, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Jemen verhängt werden. Auch bei Anwendung der Scharia kann die Todesstrafe für gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen verhängt werden. Beispielsweise in Afghanistan und einigen Bundesstaaten in Nordnigeria ist aufgrund der Scharia die Verhängung der Todesstrafe möglich, sie wird aber nach Kenntnissen der Bundesregierung nicht vollstreckt.»

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Oder: Welche LGBTIQ-Aktiven bzw. Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidiger, die sich für LGBTIQ-Rechte einsetzen bzw. eingesetzt haben, wurden nach Kenntnis der Bundesregierung seit Beantwortung der Grossen Anfrage auf Bundestagsdrucksache 18/6970 im Dezember 2015 ermordet, verschleppt, inhaftiert oder anderen Schikanen seitens staatlicher Stellen oder gesellschaftlicher Akteurinnen und Akteure unterzogen? Alle Fragen und Antworten hier!

Aus den umfangreichen, aber oft nicht zufriedenstellenden Antworten der Bundesregierung schloss Kai Gehring: Sexuelle und geschlechtliche Vielfalt dürfe nirgendwo auf dem Globus zu Diskriminierung oder Verfolgung führen, sondern LGBTIQ gehören international geschützt.


«Die brutale Realität ist auch 2019: in einzelnen Ländern drohen Steinigung, Galgen oder Kerker, vielerorts bestimmen Diskriminierungen den Alltag, während zugleich immer mehr Länder Standesämter und Traualtar für gleichgeschlechtliche Paare öffnen. Die fortdauernde Drangsalierung von LGBTIQ schreit zum Himmel und erfordert einen weltweiten Kampf für Gleichstellung – denn es gibt keine Menschen erster und zweiter Klasse!»

Bei der Gleichstellung von LGBTIQ sei Deutschland viele Jahre hinterhergehinkt und die Aufholjagd ist längst nicht abgeschlossen. «Hinterher hinkt auch die deutsche Aussenpolitik, LGBTIQ weltweit zu schützen und ihre vielerorts prekäre Menschenrechtslage zu verbessern – mit allen diplomatischen Mitteln. Als neues Mitglied im Weltsicherheitsrat hat Aussenminister Maas die große Chance, sich für LGBTIQ-Rechte weltweit einzusetzen und alte Versäumnisse vergessen zu machen. Gegenüber autoritären Herrschern, die LGBTIQ drangsalieren und ihre Grundrechte mit Füssen treten, müssen klar Grenzen gesetzt und spürbare Konsequenzen gezogen werden.

Deutschland muss Vorreiter für den Schutz sexueller Minderheiten weltweit werden!

Die Aktivitäten der Bundesregierung gegen die prekäre Menschenrechtslage von LGBTIQ in vielen Teilen der Welt reichen nicht aus und müssen daher systematisch gestärkt werden.» Als international anerkannter Partner und wichtiges EU-Land müsse Deutschland Vorreiter für den Schutz sexueller Minderheiten weltweit werden.


Gegen Machthaber und Regime, die LGBTIQ unterdrücken und verfolgen, müsse das ganze Repertoire gezielter Sanktionen erwogen werden. «Dazu gehören u.a. Reisewarnungen für potenzielle Touristen, die Prüfung von Einreisesperren für Verfolger, das Einfrieren von Auslandskonten und anderer Vermögenswerte und endlich eine LGBTIQ-inklusive Entwicklungszusammenarbeit von deutscher und europäischer Seite.»

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Weltweit bleibe die Lage von LGBTIQ fragil und ambivalent, so Gehring. Trotz Fortschritten mancherorts gebe es auch 2019 noch massive Rückschritte. «Die Einführung der Todesstrafe für Homosexualität in Brunei ist ein erschreckendes Beispiel dafür und mahnt Deutschland und Europa beim Kampf für gleiche LGBTIQ-Rechte nicht nachzulassen. Auch in anderen Ländern ist ausweislich der Regierungsantwort die Lage dramatisch. Es macht fassungslos, dass mancherorts Menschen ihre Liebe mit dem Leben bezahlen. So droht Homosexuellen in Iran, Mauretanien, Saudi-Arabien, Sudan, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Jemen nach wie vor die Todesstrafe.

Der grosse Verfolgungsdruck brauche beherzte Antworten – umso unverständlicher sei es, dass die Bundesregierung die Frage nach der Personalausstattung der deutschen Botschaften mit Menschenrechtsreferent*innen nur ausweichend beantwortet. LGBTIQ-Rechte müssten elementarer Bestandteil der Ausbildung des diplomatischen Korps werden. Denn das Fortbildungsangebot zum Thema LGBTIQ-Menschenrechte sei völlig unzureichend.

Deutschland selbst fällt laut Gehring im internationalen Vergleich angesichts fortschrittlicher Regelungen anderer Länder etwa im Personenstands- und Transsexuellenrecht zurück. Dies gilt ebenso für eine verfassungsmässige Verankerung des Schutzes vor Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität, wie sie bereits aus neun Ländern bekannt ist.

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Die Bundesregierung beklage sich über mangelnde Informationen, die das Erkennen „systematischer Missstände» unmöglich mache, ohne daraus Konsequenzen zu ziehen. Die könnten laut Gehring nur lauten, in die regelmässige und umfassende Berichterstattung der Bundesregierung über die weltweite Lage von LGBTIQ und über daraus resultierende Aktivitäten einzusteigen.


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