Umfrage: 25 % aller LGBTIQ vergewaltigt, um sie zu «korrigieren»

Die Hilfsorganisation Galop führte eine Befragung zu sexueller Gewalt unter queeren Menschen im UK durch

Junge mit zugeklebtem Mund (Symbolfoto: Jackson Simmer / Unsplash)
Junge mit zugeklebtem Mund (Symbolfoto: Jackson Simmer / Unsplash)

Die britische Hilfsorganisation Galop ist eine «anti-abuse charity» für LGBTIQ. Sie hat soeben die Ergebnisse einer Umfrage veröffentlicht zu sexueller Gewalt und deren Auswirkungen aufs weitere Leben queerer Menschen.

Galop habe fast 1.000 LGBTIQ-Personen befragt, welche Erfahrungen sie mit sexueller Gewalt gemacht haben, heisst es. Dabei ging es um Vergewaltigung, ungewollte Penetration, Rachepornografie, übergriffiges Begrabschen usw.

Solche Erfahrungen hätten die Opfer im Anschluss noch monatelang verfolgt: 85 Prozent der Befragten gab an, die traumatischen Erlebnisse hätten ihre geistige Gesundheit beeinflusst, 77 Prozent sprachen von Auswirkungen auf ihre Partnerschaften. Bei 67 Prozent führte es zu Selbstmordgedanken, bei 64 Prozent zu Selbstverletzungen.

Bei 67 Prozent führte es zu Selbstmordgedanken

Fast ein Viertel aller Befragten glaubt, ihre Angreifer*innen hätten versucht, sie mit sexueller Gewalt zu «konvertieren». Leni Morris, CEO von Galop, sagt gegenüber dem Nachrichtenportal Pink News, dass viele LGBTIQ solche «korrigierenden Vergewaltigungen» erlebt hätten. (MANNSCHAFT berichtete über «Korrekturvergewaltigungen» in anderen Ländern wie dem Kongo.)

Andere seien von ihren Angreifer*innen wegen ihrer sexuellen oder Gender-Identität «fetischisiert» worden, meint Morris. 53 Prozent der Befragten glaubt, sie seien attackiert worden, wegen ihrer entsprechenden Identität.

Leni Morris von Galop (Foto: galop.org.uk)
Leni Morris von Galop (Foto: galop.org.uk)

«Wir brauchen ein vollständiges Verbot sogenannter Konversionstherapien» Laut Galop seien solche «korrigierenden» sexuellen Übergriffe besonders im Zusammenhang mit trans und nichtbinären Menschen vorgekommen. Diese seien, so Galop, gezielt ausgenommen vom Konversionstherapieverbot der britischen Regierung, über das seit Monaten intensiv gestritten wird (MANNSCHAFT berichtete).

Morris sagt: «Die Umfrageergebnisse bestätigen nochmals, dass wir ein vollständiges und vollumfängliches Verbot sogenannter Konversionstherapien – in allen Formen – brauchen.»

Die Erfahrungen mit sexueller Gewalt seien «Missbrauch» und etwas, was LGBTIQ-Personen in Grossbritannien  fortwährend erleben würden, «einfach weil sie so sind, wie sie sind», meint Morris.

Demo für umfassendes Verbot von Konversionstherapien (Photo: Yui Mok/PA Wire/dpa)
Demo für umfassendes Verbot von Konversionstherapien im UK (Photo: Yui Mok/PA Wire/dpa)

Eine*r von fünf Befragten gab an, nie über solche Gewalterfahrungen gesprochen zu haben. Andere brauchten lange, um die Erlebnisse anzusprechen und mit anderen zu teilen: 32 Prozent hätten erst nach sechs Monaten erzählt, was vorgefallen war.

Anzeige bei der Polizei könnte zu ungewolltem Outing führen Laut Pink News biete das Gesundheitssystem NHS (National Health Service) zwar Opfern sexueller Gewalt gezielt Hilfe und habe eigene Abteilungen dafür. Aber viele LGBTIQ-Personen zögerten, solche Hilfe anzunehmen, heisst es. Denn die Hilfe beinhalte auch die Kooperation mit der Polizei, wo entsprechende Vorfälle angezeigt werden müssen. Viele Betroffene hätten Angst, dadurch geoutet zu werden, schreibt Pink News und ergänzt: «Viele glauben auch, die Polizei würde ihnen nicht glauben, weil sie LGBTIQ sind.» (MANNSCHAFT berichtete über aktuelle Vorwürfe gehen die britische Polizei, die sei rassistisch, sexistisch und homophob.)

Leni Morris sagt, dies belege, wie LGBTIQ-Personen in Grossbritannien immer noch als «die anderen» gesehen würden und wie Vorurteile «ein aktiver Teil der Lebenserfahrung vieler LGBTIQ-Menschen im UK» sind.

«Die Hilfsorganisationen, die es gibt, um Überlebende sexueller Gewalt zu unterstützen, sind oft nicht ausreichend inklusiv gegenüber unserer Community», so Morris. Es gebe einen Mangel an Einrichtungen wie Galop – die vollständig von LGBTIQ-Mitarbeitenden betrieben wird –, um queeren Menschen nach Erfahrungen von sexueller Gewalt den Safe Space zu bieten, den sie bräuchten.

Mehr Aufklärung über «gesunde» Beziehungsformen Galop plädiert dafür, «alle jungen Menschen» im Schulsystem besser darüber aufzuklären, wie «gesunde Beziehungen» aussehen, das sollte «explizit auch gesunde LGBTIQ-Beziehungformen beinhalten», heisst es.

Alle jungen Menschen sollten aufgeklärt werden, wie gesunde LGBTIQ-Beziehungen aussehen

Solcher Unterricht müsse jungen Menschen aufzeigen, was «Einverständnis» bedeute, gezielt auch im Zusammenhang mit LGBTIQ-Partnerschaften. (MANNSCHAFT berichtete über die Young-Adult-Bücher des britischen Autors Simon James Green, die vorbildhafte queere Beziehungen unter Jugendlichen beschreiben.)

Die Umfrage enthält weder Angaben zum durchschnittlichen Alter von Opfern bzw. Täter*innen, auch fehlen jegliche Details zum sozialen, religiösen oder ethnischen Umfeld der Fälle sexueller Gewalt gegen LGBTIQ.

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