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Die Serie «Charité» entdeckt das Thema Poly­amorie

… und die Zukunft!

«Charité»
«Charité» (Foto ARD)

Die neue Staffel des ARD-Hits «Charité» spielt im Jahr 2049. Hier stehen weisse Heteros mal nicht im Mittelpunkt. Wird das beim deutschen Fernsehpublikum gut funktionieren?

Von: Gregor Tholl, dpa

Krimis gehen immer. Und auch Heimatfilm-artige Produktionen gelten als Geheimwaffen des deutschen Fernsehens. Gewagt erscheint im deutschen TV-Markt dagegen alles, was davon abweicht und zum Beispiel Genres wie Horror, Fantasy oder – Science-Fiction zuzuordnen ist, anders gesagt: «Near Future». So ist im Ersten bald die vierte Staffel der Medizinserie «Charité» zu sehen, deren sechs Folgen 2049 angesiedelt sind (ARD-Mediathek ab 5.4.; TV ab 9.4.).

«Das Genre ‹Near Future› konzentriert sich darauf, Zukunftsszenarien aufzuzeigen und ihre Auswirkungen auf Mensch und Gesellschaft durchzuspielen», sagt die Politikwissenschaftlerin Isabella Hermann, die das Buch «Science-Fiction zur Einführung» herausgebracht hat. Das hinterfrage die Gegenwart und rege zum Nachdenken an.


Aktuelle Herausforderungen werden meist ins Negative extrapoliert, etwa Entmenschlichung durch fortschreitende Technik

«Aktuelle Herausforderungen werden meist ins Negative extrapoliert, etwa Entmenschlichung durch fortschreitende Technik oder die Gefährdung von Demokratie und Freiheit durch Populismus», sagt Hermann. Das biete Raum für mitreissende Dramaturgien und Storys.

«Medizingeschichte der Zukunft schreiben, geht das überhaupt? Das müssen am Ende natürlich wieder die Zuschauer*innen entscheiden», lässt sich der ARD-Koordinator Fiktion, Jörg Schönenborn, im zugehörigen Presseheft zitieren.

Diese Zeitreise in eine Welt, in der uns manche Frage begegnet, die uns schon heute beschäftigt

Doch die Staffel sei mit viel Sorgfalt recherchiert und packe Erkenntnisse von heute über Chancen und Herausforderungen der Medizin von morgen in eine plausible Erzählung. «Diese Zeitreise in eine Welt, in der uns manche Frage begegnet, die uns schon heute beschäftigt, hat das Zeug dazu, Gesprächsstoff zu liefern und im besten Sinne anregend zu unterhalten.»



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Kommt das gut an beim deutschen TV-Publikum, wenn Serien nicht im Hier und Jetzt, sondern in 25 Jahren spielen? Werden die bislang Millionen Zuschauer*innen von «Charité» die neuen Ansätze akzeptieren?

In der Serie werden beispielsweise die Folgen des Klimawandels gezeigt, Temperaturen bis 45 Grad und ergiebige Niederschläge sind normal geworden in der deutschen Hauptstadt; in der Medizin sind Krebsimpfungen, Alzheimerfrüherkennung und Telemedizin Standard und im Alltag bestimmen Algorithmen etwa das Einkaufen oder den Arztbesuch.

Doch auch gesellschaftlich und bei der Auswahl der Hauptfiguren ist vieles anders bei der Serie. Verkürzt gesagt: Weisse Heterosexuelle stehen mal nicht im Mittelpunkt. Deutschland wird ganz selbstverständlich als Einwanderungsgesellschaft gezeigt, etwa mit einem Gesundheitsminister Nguyen. Die Spitzenforscherin Maral Safadi hat ausserdem keinen Mann, sondern eine Frau, und auch Polyamorie, eine Dreiecksbeziehung, ist Teil der Handlung.

«Charité» produzierte die Firma Ufa Fiction im Auftrag von ARD Degeto, Arte und MDR, gedreht wurde viel im sonnigen Portugal.

Beim Serien-Festival in Cannes war es endlich soweit: Die ersten beiden Episoden von «Becoming Karl Lagerfeld» wurden der Öffentlichkeit vorgestellt (MANNSCHAFT berichtete).


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