Das werden die queeren Kino-Highlights 2022
Eine lesbische Komikerin, ein schwuler Polizist und ein trans Bösewicht
Was bringt das Kinojahr 2022 an queeren Highlights? Wenn alles gut geht: Whitney Houston, Tig Notaro, Billy Porter und viele mehr.
Wann immer man die Vorschau wagt auf ein neues Kino- und Filmjahr, sind automatisch Vorbehalte angesagt. Die wenigsten der Filme, die in fünf, sechs oder noch mehr Monaten auf die Leinwand kommen, hat schliesslich schon jemand gesehen. Und viele sind noch nicht einmal abgedreht, darum gibt es oft auch noch nichtmals Trailer. Doch richtet man den Blick auf 2022, lassen sich direkt im Januar einige aus LGBTIQ-Sicht interessante Filme entdecken, vom neuen «Scream»-Film (ab 13. Januar im Kino), in dem mindestens eine der jungen Protagonistinnen queer ist, bis zum Lady Di-Biopic «Spencer» (ebenfalls ab 13. Januar), in dem die von Kristen Stewart gespielte Prinzessin der Herzen eine lesbische Zofe hat. Auch darüber hinaus dürfte das neue Kinojahr ziemlich queer werden, wie unser kleiner, längst nicht vollständiger Ausblick zeigt.
#1 Bros Als erste schwule Rom Com eines grossen Hollywood-Studios wird dieser Film von Komödien-Experte Nicholas Stoller angekündigt. Der ist zwar hetero, aber das Drehbuch stammt vom schwulen Schauspieler und Komiker Billy Eichner, der mit seiner Comedy-Show «Billy on the Street» bekannt wurde und zuletzt kleine Rollen in «American Crime Story: Impeachment» und «American Horror Story: Apocalypse» spielte. Eichner spielt in der Geschichte über zwei Männer, die es trotz ihrer Bindungsängste miteinander versuchen wollen, ausserdem die Hauptrolle. Auch der Rest des Ensembles besteht grösstenteils aus queeren Schauspieler*innen, darunter Luke Macfarlane («Brothers & Sisters»), Bowen Yang («Saturday Night Live»), Monica Raymund («Hightown»), Guillermo Díaz («Scandal»), Dot-Marie Young («Glee»), Harvey Fierstein («Independence Day») und Sitcom-Legende Amanda Bearse («Eine schrecklich nette Familie»). Voraussichtlich ab August im Kino.
#2 Fire Island Und gleich noch eine Komödie von und über schwule Männer. Der Regisseur Andrew Ahn (dessen tolles Regiedebüt «Spa Night» eine grosse Empfehlung und u.a. bei den Streamingdiensten Sooner und Realeyz zu sehen ist) hat sich mit dem Komiker und Drehbuchautor Joel Kim Booster zusammengetan. Letzterer stand für die von «Stolz & Vorurteil“ inspirierte Geschichte über zwei beste Freunde und ihren an Rosé reichen Wochenendtrip zum titelgebenden, notorisch LGBTIQ-freundlichen Ausflugsort auch vor der Kamera. Genauso wie Bowen Yang (siehe oben), Conrad Ricamore («How to Get Away With Murder»), Margaret, Matt Rogers und James Scully («You»).
#3 Flee Wir haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass dieses aussergewöhnliche Werk – ein dokumentarischer Animationsfilm über einen schwulen Geflüchteten in Dänemark – endlich bei uns einen Verleih findet. Oder wenigstens bald auf Arte gezeigt wird. Verdient hätten es wenige Filme so sehr wie dieser von Jonas Poher Rasmussen, was selbst an den Mitgliedern der Academy of Motion Picture Arts and Sciences verborgen geblieben ist. Bei den Oscars steht «Flee» jedenfalls auf der Shortlist für gleich drei Kategorien: Bester Animationsfilm, Bester Dokumentarfilm und Bester internationaler Film.
#4 Am I OK? Die grossartige queere Komikerin Tig Notaro («One Mississippi») und ihre Ehefrau Stephanie Allynne («The L-Word: Generation Q») haben erstmals gemeinsam einen Film gedreht. «Am I OK?“ basiert auf der wahren Geschichte von Lauren Pomerants (Autorin der «The Ellen DeGeneres Show») und handelt von einer langjährigen Frauenfreundschaft und einem Coming-out, das alles verändert. Die Hauptrollen spielen Dakota Johnson und Sonoya Mizuno, die Weltpremiere findet bereits Ende Januar beim Sundance Film Festival statt.
#5 Moneyboys Vergangenen Sommer in Cannes ging «Moneyboys» bei der Weltpremiere fast ein wenig unter, auch weil parallel mit «Grosse Freiheit» ein zweiter queerer Film aus Österreich für noch mehr Aufsehen sorgte. Doch das Drama des aus China stammenden und in Wien lebenden Regisseurs C.B. Yi, das von einem schwulen Sexarbeiter handelt, der in der Grossstadt den Lebensunterhalt für seine Familie in der Provinz verdient, bekommt nun bitte 2022 die Aufmerksamkeit, die es verdient. Gleich im Januar kann man es beim Max-Ophüls-Festival in Saarbrücken sehen, ein Kinostart folgt hoffentlich.
#6 Thor: Love and Thunder Zugegeben: Wir haben noch nicht die geringste Ahnung davon, wie queer «Thor: Love and Thunder» am Ende wirklich sein wird. Und weil Marvel sich in Sachen LGBTIQ-Repräsentation bislang nicht mit Ruhm bekleckert hat (daran ändert auch ein kurzer schwuler Kuss in «Eternals“ nichts), bleiben wir skeptisch. Doch in den Comic-Vorlagen ist die von Tessa Thompson gespielte Valkyrie bekanntlich bisexuell – und sowohl die Schauspielerin als auch Marvel-Oberguru Kevin Feige haben versprochen, dass diese Tatsache in Taika Waititis neuem Film thematisiert wird. Gut möglich also, dass die (vorübergehende?) Herrscherin von New Asgard tatsächlich endlich ihre Königin findet. Im Kino ab dem 6. Juli.
#7 My Policeman Kreischalarm ist vorprogrammiert: Harry Styles, auch Jahre nach One Direction einer der grössten Teenie-Stars überhaupt und Mädchen- wie Jungs-Schwarm, spielt in dieser Roman-Verfilmung seine bislang grösste Rolle. Unter der Regie der schwulen Theaterlegende Michael Grandage spielt er den schwulen Polizisten Tom, in den sich im England der 1950er Jahre sowohl die Lehrerin Marion wie auch der Museumskurator Patrick verlieben. Auch der Rest des Ensembles weckt übrigens Vorfreude, denn unter anderem sind der queere «The Crown»-Star Emma Corrin sowie Rupert Everett mit von der Partie. Zu sehen sein wird der Film im Laufe des Jahres bei Amazon Prime Video, womöglich auch in ausgewählten Kinos.
#8 Parallele Mütter Nicht jeder neue Film von Pedro Almodóvar strotzt automatisch auch vor Queerness. Doch „«Parallele Mütter», der in der Schweiz schon läuft, Corona-bedingt aber erst am 3. März auf die deutschen Leinwände kommen wird, hat nicht nur Gay-Ikone Rossy de Palma zu bieten, sondern auch eine komplexe, verschiedene Stadien durchlaufende Beziehung zwischen zwei sehr unterschiedlichen Frauen (Penélope Cruz und Neuentdeckung Milena Smit). Cruz spielt ein paar Monate später in «Official Competention» (ab 14.7. im Kino) neben Antonio Banderas übrigens auch noch eine lesbische Regisseurin.
#9 What If Zu den Schauspieler*innen, die es hinter die Kamera zieht, gehört ab sofort auch Billy Porter. Der nutzt den späten Durchbruch, der ihm mit «Pose» und spektakulären Outfits auf dem roten Teppich gelungen ist, um sich den Traum vom Regieführen zu erfüllen. Mit „What If» erzählt er die ungewöhnliche High School-Romanze des schwarzen trans Mädchens Kelsa (Yasmin Finney) und des Hetero-Cis-Jungen Khal (Abubakr Ali). Produziert wird der Film, der im Sommer 2021 abgedreht wurde, unter anderem von der mehrfach Emmy-nominierten lesbischen Produzentin und Teddy-Gewinnerin Christine Vachon, die sonst u.a. mit ihrem guten Freund Todd Haynes zusammenarbeitet und zuletzt unter anderem dessen «The Velvet Underground», aber auch «Halston» und die Doku-Reihe «Pride» verantwortete.
#10 I Wanna Dance With Somebody Bis Weihnachten 2022 müssen wir uns noch gedulden, vorher wird dieses Biopic über Whitney Houston nicht in den Kinos zu sehen sein. Ob darin auch ihre Liebe zu ihrer langjährigen lesbischen Wegbegleiterin Robyn Crawford verhandelt wird, wissen wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Dass unter den Produzent*innen nicht Houstons unmittelbare Verwandtschaft, aber ihre Ex-Schwägerin Pat zu finden ist, macht schon mal Hoffnung, denn die hat sich in Vergangenheit meist recht unverblümt geäussert. Und Crawford wird im Film auf jeden Fall vorkommen, gespielt von Nafessa Williams. Gespannt sind wir auf den Film so oder so, denn mit der Regisseurin Kasi Lemmons und Hauptdarstellerin Naomi Ackie (bekannt aus «Star Wars: The Rise of Skywalker», aber auch queeren Rollen in Serien wie «The Bisexual» oder «Master of None») ziehen auf jeden Fall tolle Frauen die Fäden.
#11 Hellraiser Brauchen wir wirklich immer wieder neue Horror-Remakes und –Reboots? Keine Ahnung, aber im Fall dieser neuen Version des Achtziger-Klassikers sind wir zumindest gespannt. Weil der Regisseur David Bruckner in diesem Jahr mit «The Night House» (alias «The House at Night», zu sehen bei Disney+) beeindruckt hat. Und weil der ikonische Dämonen-Bösewicht Pinhead dieses Mal von trans Schauspielerin Jamie Clayton («The L-Word: Generation Q») gespielt wird. Ach, und Brandon Flynn aus «Tote Mädchen lügen nicht», seines Zeichens Ex von Sam Smith und wohl auch Richard Madden, ist auch mit von der Partie. In den USA wird der Film beim Streamingdienst Hulu zu sehen sein, bei uns dann mutmasslich bei Disney+.
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