Chemsex: «Substanzen stellen vielfach unterschätzte Gefahr dar»
Österreichisches Netzwerk bietet Beratung an
Aus einer grossen österreichischen Studie aus dem Jahr 2017 über Chemsex ist bekannt, dass rund 20 Prozent aller befragten Personen angaben, in den vergangenen 12 Monaten mindestens die Hälfte aller sexuellen Kontakte unter Einfluss diverser Substanzen erlebt zu haben.
Knapp die Hälfte der damals 2.705 in Österreich befragten MSM kam aus Wien. Dort wurde diese Woche nun eine Initiative zum Thema ChemSex präsentiert.
«Im Vergleich zu der doch starken Verbreitung ist das Wissen über die Risiken und Möglichkeiten Unterstützung zu bekommen, wenn das gewünscht ist, gering. Das Netzwerk Chemsex möchte hier Abhilfe schaffen, indem sich relevante Beratungseinrichtungen und Mediziner*innen verschiedener Fachrichtungen zusammengeschlossen haben, um sich zu vernetzen, weiterzubilden und vor allem bei der Suche nach Ansprechpartner*innen zu unterstützen», betonten Andrea Brunner, Geschäftsführung der AIDS-Hilfe Wien, Lisa Brunner, Leitung Institut für Suchtprävention der Sucht- und Drogenkoordination Wien und Horst Schalk, Arzt für Allgemeinmedizin bei einem Mediengespräch in Wien.
«Chems stellen eine vielfach unterschätzte Gefahr dar», sagte Schalk. «Neben den Risiken für die körperliche Gesundheit, etwa durch falsche Dosierungen oder gefährliche Wechselwirkungen in Kombination mit anderen Substanzen oder Medikamenten, sind auch die Risiken beim Sex unter Einfluss von Chems zu nennen. Die Gefahr von Verletzungen auf Grund die gesteigerte Enthemmtheit bestehen ebenso, wie die erhöhte Infektionsgefahr durch ungeschützten Sex, der nach Einnahme von Chems häufiger praktiziert wird.» (MANNSCHAFT berichtete)
Lisa Brunner weist auf die Gefahren im Zusammenhang mit der psychischen Gesundheit hin, die mit der Einnahme der am häufigsten im Zusammenhang mit Chemsex verwendeten Substanzen – Gamma-Hydroxybuttersäure/Gamma-Butyrolacton (GHB/GBL) – bekannt als Liquid Ecstasy –, Methamphetamin, Mephedron und Ketamin – einhergehen. «Substanzkonsum geht immer mit Risiken einher. Unter anderem kann es zu verstärkten Ängsten, Unsicherheiten oder Wahnvorstellungen kommen. Aber auch Kontrollverlust während der Wirkung oder depressive Episoden bei Nachlassen der Wirkung sind häufig zu beobachtende Phänomene. Die eigene Gesundheit und die der Mitmenschen zu schützen sollte immer an erster Stelle stehen.» Insgesamt sind depressive Symptomatiken und Angststörungen im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung in einem deutlich höheren Ausmass vorhanden.
Aus Studien ist auch bekannt, dass Chemsex User*innen oftmals nicht wissen, wohin sie sich am ehesten wenden sollen, wenn sie Beratung, Unterstützung oder Informationen benötigen und wünschen. Gleichzeitig wissen auch Mediziner*innen oftmals nicht, wohin sie User*innen in einem solchen Fall verweisen sollen. Immerhin etwa ein Viertel bis 30 Prozent wünschen eine Veränderung ihres Konsumverhaltens, indem sie diesen einschränken oder sogar komplett einstellen möchten.
«Beratung und Wissenserweiterung sind die entscheidenden Faktoren. Auch um der Stigmatisierung und Tabuisierung entgegenzuwirken. Und nur, wenn diese beiden Faktoren möglichst gering sind, wird auch Hilfe in Anspruch genommen. Daher der klare Aufruf, eine Beratung bei einem der Netzwerkpartner*innen des Netzwerks Chemsex in Anspruch zu nehmen», sagte Andrea Brunner.
Das Netzwerk Chemsex wird in den kommenden Monaten auch verstärkt unter dem Motto «Damit die Chemie stimmt» an relevanten Orten, wie Lokalen oder Praxen präsent sein, um das Beratungs- und Unterstützungsangebot bekannter zu machen.
Auch Zürich unterstützt ein Aufklärungsprogramm zum Thema Chemsex und bietet unter anderem ein Angebot des kostenlosen und anonymen Testens von Chemsex-Substanzen an (MANNSCHAFT berichtete).
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