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Argumente gegen die Ehe für alle sind «juristisch schwach»

Heiraten sei einzig für heterosexuelle Paare gedacht, erklärt Juristin Häner

ehe für alle
Bild: iStockphoto

An diesem Samstag haben die Gegner*innen der Ehe für alle ihr «Geheimgutachten» zur Verfassungsfrage veröffentlicht. Nun sei klar, warum sie es so lange unter Verschluss gehalten haben, erklärt das Komitee Ehe für alle: Die Argumentation sei juristisch schwach und falsch.

In der NZZ erklärt die Juristin Isabelle Häner, die die Gegner*innen der Ehe für alle vertritt, man wisse aus den sogenannten «Materialien», dass die Ehe als Institut einzig für heterosexuelle Paare gedacht ist. «Unsere Verfassung wurde 1999 totalrevidiert. Damals schrieb der Bundesrat klar, die Ehe sei als Gemeinschaft von Mann und Frau zu verstehen.»

Doch eine umfassende Auslegung der Bundesverfassung, die auch die zeitgemässe Auslegung berücksichtigen muss, zeige, dass die Ehe für alle ohne Verfassungsänderung auf Gesetzesstufe eingeführt werden könne, so das Komitee. Denn entgegen der Behauptung im Gutachten habe in den letzten 20 Jahren in der Gesellschaft ein grosser Wertewandel zu Gunsten der Ehe für alle stattgefunden. Das Komitee Ehe für alle ruft die Ständerät*innen auf, sich nicht von einer konservativen Minderheit irreführen zu lassen.

«Das Recht auf Ehe und Familie ist gewährleistet», so ist es in der Bundesverfassung von 1999 festgehalten. Unbestrittermassen dachte man vor mehr als 20 Jahren nur an die heterosexuelle Ehe. Denn erst fünf Jahre vorher hatte Deutschland das Verbot von Sex unter Männern aufgehoben und noch kein Land der Welt hatte die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet. Das passierte erst Ende 2000, in den Niederlanden – in der aktuellen MANNSCHAFT blicken wir zurück auf das historische Ereignis.


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Doch die gesellschaftliche Entwicklung in diesen Themen in den letzten 20 Jahren ist historisch: Mit Ausnahme von Italien und der Schweiz haben alle westeuropäischen Länder die Ehe für alle eingeführt. Schwule, Lesben und Bisexuelle sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen und mit 63% Ja-Stimmen hat sich die Schweiz in der Abstimmung vom 9. Februar gegen die Diskriminierung von Schwulen, Lesben und Bisexuellen ausgesprochen.

82 % für Ehe für alle
Doch die konservativen Gegner wollen die Ehe für alle weiterhin verhindern: Obwohl die Verfassung die Ehe nicht als Ehe zwischen Mann und Frau definiert, wollen sie eine unnötige Verfassungsänderung erzwingen, mit einer methodologisch unhaltbaren Begründung: Das juristische Gutachten berücksichtigt nur einseitig die historische Auslegung der Verfassung. Andere, gleichwertige Methoden der Verfassungsauslegung werden ausser Acht gelassen. Damit ist das Gefälligkeitsgutachten unvollständig und die Aussage falsch, dass der gesellschaftliche Wandel verfassungsrechtlich nicht relevant sei. Er ist die Grundlage der geltungszeitlichen Auslegungsmethode. Und er hat stattgefunden: 82 % der Bevölkerung unterstützen heute die Ehe für alle (MANNSCHAFT berichtete). Häner erklärt dazu in der NZZ: Eine Umfrage reiche nicht, «um die Verfassung umzudeuten».

Rechtsprofessor Andreas Ziegler ordnet ein: «Eine korrekte, umfassende Auslegung der Bundesverfassung erlaubt problemlos, dass die Ehe für alle ohne Verfassungsänderung eingeführt werden kann. Der Umweg über eine Verfassungsänderung ist also ein rein politisches Manöver, für das ich keine juristisch nachvollziehbare Gründe ausmachen kann.»


Salome Zimmermann, Präsidentin des Komitees Ehe für alle: «Wir haben keine Angst vor dem Ständemehr, denn auch in ländlichen Gegenden befürworten über 80% die Ehe für alle. Jedoch würde eine unnötige Verfassungsänderung bedeuten, dass wir nochmals jahrelang auf die Ehe für alle warten müssten. Damit werden Hunderttausende gleichgeschlechtlicher Paare ihrer Grundrechte beraubt und Tausende Kinder in Regenbogenfamilien bleiben rechtlich schlecht abgesichert. Das ist verantwortungslos.»

«Die Ehe ist einfach ein Gefühl der Zusammengehörigkeit»

Am kommenden Dienstag entscheidet der Ständerat über die Ehe für alle (MANNSCHAFT berichtete). Über 20 Kantone unterstützen den vorgeschlagenen Weg der Einführung auf Gesetzesebene und 82% der Bevölkerung wollen die Ehe für alle. Das Komitee Ehe für alle fordert die Ständerät*innen auf, den Willen der Bevölkerung und der Kantone anzuerkennen und die Ehe für alle ohne Umwege einzuführen.

Die Petition des Komitees gegen die Verfassungsänderung hat in wenigen Tagen über 6000 Unterschriften gesammelt. Hier werden auch Spenden für die Kampagne gesammelt.


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