Wie SPD und Union um das Wort «queer» kämpften
Die Koalitionsverhandlungen sind vorbei. Aktuell stimmen die SPD-Mitglieder über den Vertrag mit der Union ab. CDU-Chef Merz will am 6. Mai vom Bundestag zum Kanzler gewählt werden. Besonders queer wird es mit ihm nicht.
SPD-Politiker*innen haben den guten Ton der Koalitionsverhandlungen mit der Union hervorgehoben. Der offen schwule SPD-Generalsekretär Matthias Miersch sagte der Rheinischen Post: «Die Gespräche sind von grossem Respekt und echtem Gestaltungswillen geprägt. In diesem Geist geht es weiter.»
Einen ganz anderen Einblick gibt nun SPD-Chefin Saskia Esken. Im Interview mit der Frankfurter Rundschau wird sie darauf angesprochen, dass das Wort «queer» lediglich zweimal auf den 144 Seiten des Koalitionsvertrages vorkomme.
Darauf Esken: «Es war ein Kampf, dass es wenigstens zweimal da steht.»
Das Wort «queer» sei für einige Konservative eins von zahlreichen «woken» Trigger-Wörtern, die sie bekämpften. Daraus schliesst Esken: «Wir befinden uns mitten in einem Kulturkampf, der uns in voraufklärerische Zeiten zurückführen will – in den USA sehen wir das Vorbild dazu.» In der Wissenschaft tobe ein Kampf. Forschungspartner*innen würden gerade aus den USA befragt, ob sie Diversitätsstrategien verfolgten, denn das würde die Partnerschaft beenden, so die SPD-Chefin.
Auch auf CDU-Mann Jens Spahn kommt sie in dem FR-Interview zu sprechen und seinen Vorschlag, die AfD wie eine ganz normale Oppositionspartei zu behandeln (MANNSCHAFT berichtete). «Das finde ich brandgefährlich und es erschreckt mich, wieviel Zuspruch er dafür auch aus den eigenen Reihen bekommt. Jetzt rudert er zurück und will alles nicht so gemeint haben. Das ist leider das übliche Spiel; erstmal die Provokation setzen und dann relativieren.»
Die AfD sei eine rechtsradikale Partei und habe nichts im Bundestag verloren, so Esken. «Solange sie nun mal da ist, darf sie keinen massgeblichen Einfluss ausüben, nicht als Vizepräsident oder Ausschussvorsitzende und schon gar nicht im Kontrollgremium für die Sicherheitsbehörden, die diese Demokratiefeinde zum Schutz unserer Verfassung beobachten. Deswegen wählen wir sie auch nicht.»
Der Queer-Beauftragte der scheidenden Bundesregierung, Sven Lehmann, warnte bereits vor Rückschritten für seine Community. Der schwarz-rote Koalitionsvertrag sei für LGBTIQ «eine grosse Nullnummer», so Lehmann der Deutschen Presse-Agentur. «Die Fortschritte und Erfolge der letzten Jahre dürfen von der neuen Bundesregierung nicht zurückgedreht werden.»
Der Grünen-Politiker warnt auch ausdrücklich davor, das von der Ampel auf den Weg gebrachte Selbstbestimmungsgesetz zurückzunehmen. Mit dem Gesetz, das erst im November 2024 in Kraft getreten war, sind Änderungen des Geschlechtseintrags und des Vornamens auf dem Amt deutlich erleichtert worden.
In ihrem Koalitionsvertrag halten Union und SPD fest, das Gesetz bis Ende Juli 2026 «evaluieren» und unter anderem seine «Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche» überprüfen zu wollen. Lehmann mahnte, dass dies keine Abschwächung zur Folge haben dürfe.
News aus Österreich: Es gibt ein «neue Stufe der Eskalation» –Vermummte greifen queere Einrichtungen an. HOSI Wien und Villa Vida werden immer häufiger Zielscheibe von Angriffen (MANNSCHAFT berichtete).
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