Wie queer ist … Kate Bush?
Die Musikerin entwickelte sich durch ihre Songtexte und Choreographien zur Schwulen-Ikone
Eigentlich macht sich Kate Bush so rar wie sonst kaum ein Popstar. Das letzte Album liegt über zehn Jahre zurück, medial tritt sie kaum je in Erscheinung. Trotzdem ist die Britin gerade in aller Munde.
Dank der vierten Staffel der erfolgreichen Netflix-Serie «Stranger Things» hat es ihr 38 Jahre alter Song «Running Up That Hill» auf den ersten Platz der Britischen Charts geschafft (nachdem er 1985 bis auf Platz 3 kam) und in die Top Ten der US-Billboard-Charts (MANNSCHAFT berichtete). Höchste Zeit also, mal genau zu gucken, was die am 30. Juli 64 Jahre alt werdende Sängerin zur LGBTIQ-Ikone macht.
#1 Hochachtung von Cher Von Gay Icon zu Gay Icon. Als «Running Up That Hill» nun ein zweites Mal die Hitparaden stürmte, zollte niemand anderes als Cher ihrer Kollegin Kate Bush auf Twitter Respekt. «Bravo, Kate», tweetete sie. «Rekorde sind dazu da, gebrochen zu werden. Erinnerst Du Dich noch daran, wie Frauen damals ein frühes ‚Verfallsdatum‘ hatten? Wir mussten uns unseren Weg durch den Testosteron-Vorhang erkämpfen & haben das getan, damit die Mädchen nach uns so lange singen können wie sie wollen. Mit Mega-Respekt, Kuss, Cher». Bush nämlich hatte durch ihren unerwarteten Nummer-eins-Hit Cher abgelöst als älteste Frau, die je an der Chart-Spitze stand.
#2 Wainwright-Verehrung Zu den prominenten Fans von Bush, die immer auch mit freimütigen Texten, exzentrischem Stil und theatraler Eigenwilligkeit auffiel, gehört auch Rufus Wainwright. 2016 sagte er gegenüber dem Guardian: «Sie ist die ältere Schwester, die sich jeder schwule Man wünscht. Das schwule Publikum spürt eine besondere Verbindung zu ihr, weil sie so weit weg scheint von der realen Welt. Sie ist eine der wenigen Künstler*innen, die es so wirken lässt, als sei es besser, ein Aussenseiter als mittendrin zu sein.»
#3 Ein Song über ein schwules Paar… Die Lyrics von Kate Bush-Songs sind immer etwas Besonderes. Aber der von «Kashka From Baghdad», einem Lied ihres 1978 erschienenen Albums «Lionheart», dürfte queere Fans besonders ansprechen. Denn darin geht es um den Titel gebenden jungen Mann, der «in Sünde, so sagen sie, mit einem anderen Mann lebt». Der Song ist eine romantische, positive Ode an die Liebe – und vielleicht auch, weil nicht jeder wusste, dass Kashka ein Männername ist, konnte sie ihn 1978 sogar live in einer Familiensendung der BBC singen.
#4 … und einer über Analsex! Deutlich weniger begeistert zeigte sich die BBC übrigens vom Song «Wow», der auf dem gleichen Album erschien und 1979 auch als Single veröffentlich wurde. Der Song handelt von den Abgründen des Showgeschäfts – und unter anderem auch von einem jungen Mann, dessen Träume von einer Kinokarriere scheitern und der stattdessen beim Musicaltheater hängen bleibt. «He’ll never make the scene / he’ll never make the Sweeney / be that movie queen / he’s too busy hitting the Vaseline.» Dass es sich bei den Songzeilen um eine Anspielung an schwulen Analverkehr handelt, machte Bush im zugehörigen Video nicht zuletzt dadurch deutlich, dass sie sich – passend zum Wörtchen «Vaseline» – einen Klaps auf den Hintern gibt. Grund genug fürs britische Fernsehen, den Clip zu zensieren.
#5 Lindsay Kemp Bush war noch ein Teenager, als sie Mitte der Siebziger Jahre dank eines eindrucksvollen, selbst aufgenommenen Demotapes ihren ersten Plattenvertrag unterzeichnete. Von dem nicht unerheblichen Vorschuss, den man ihr dafür zahlte, nahm sie erst einmal Ausdruckstanz-Stunden bei Lindsay Kemp, dem schwulen Tänzer und Choreografen, der mal eine Affäre mit David Bowie hatte und damals ein Tanzstudio in Covent Garden betrieb. Kemp stand später auch für Bushs musikalischen Kurzfilm «The Line, the Cross & the Curve» vor der Kamera und war unter anderem in Derek Jarmans «Sebastiane» sowie «Velvet Goldmine» von Todd Haynes zu sehen.
#6 Vorbild für queere Künstler*innen Die Liste der Kolleg*innen, die sich durch Kate Bush und ihr Werk inspiriert fühlen, ist lang – und umfasst natürlich auch jede Menge queere Stars. Anohni Hegarty etwa nennt sie «magisch», und Kele Okereke erinnert sich bis heute an das erste Mal, als er «Hounds of Love» hörte: «Als der Beat anfing, befand ich mich sofort in einer anderen Welt.» Auch St. Vincent, Tegan and Sara, k.d. lang oder Darren Hayes von Savage Garden bezeichnen sich – genau wie Björk, Tori Amos, Annie Lennox oder Fiona Apple – als riesige Fans. Das Duo Erasure wollte sogar mal, dass Bush eines ihrer Alben produziert. Was sie allerdings dankend ablehnte, weil das nicht ganz ihr Metier sei.
#7 The Ultimate Kate Bush Experience 2013 fand in Brighton erstmals die «Ultimate Kate Bush Experience» statt: Hunderte Fans verwandelten sich in Kate Bush-Doppelgänger*innen und spielten das Video zu «Wuthering Heights» nach. Ähnliche Events fanden später auch in London, Dublin und anderswo statt. Immer mit dabei: jede Menge Männer in Drag!
#8 50 Words For Snow Bushs bislang letztes Studioalbum «50 Words For Snow» erschien 2011 und schaffte es unter anderem in Grossbritannien, Deutschland, Irland, Finnland und den Niederlanden in die Top 10. Im Titeltrack ist niemand anderes als Stephen Fry zu hören, der verschiedene Worte für Schnee vorträgt. Und «Snowed in at Wheeler Street» ist ein Duett mit Elton John, mit dem die Sängerin eine besondere Beziehung verbindet. Nicht nur coverte sie 1991 seinen Hit «Rocket Man». Sondern er selbst bezeichnet das Lied «Don’t Give Up», Bushs Duett mit Peter Gabriel, als den Song, der ihm dabei geholfen hat, den Alkoholentzug zu schaffen. Für Gabriel war Bush aber übrigens bei dem Lied nur zweite Wahl: eigentlich hatte er es mit Dolly Parton singen wollen.
#9 Bush-Songs in Film und TV «Stranger Things» ist natürlich längst nicht die erste Serie, in der Musik von Kate Bush zu hören ist. Im Gegenteil scheint die Sängerin bei der Verwendung ihrer Songs ziemlich grosszügig zu sein. Unter anderem kamen Werke von ihr beispielsweise schon in «Alias», «O.C., California», «EastEnders», der Pilotfolge von «Pose», «How to Get Away With Murder», «Big Little Lies», «The Handmaid’s Tale», «Glow», «Gossip Girl» oder auch Christoph Honorés Film «Homme au bain» mit Porno-Legende François Sagat zum Einsatz.
#10 Misha Hervieu Und um noch einmal den Bogen zurück zu «Running Up That Hill» zu schlagen: Der Tänzer, mit dem Bush im zugehörigen Video zu sehen ist, stand damals auch am Londoner West End auf der Bühne und hatte nur einen Tag Zeit, mit der Sängerin zu proben. Internetberichten zufolge hatte unterzog sich Misha Hervieu später einer geschlechtsangleichenden OP und trat unter anderem in einer Cabaret-Bar in Blackpool auf.
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