Von der LGBTIQ-Hymne zum Trump-Song: «Y.M.C.A»
Ein Song schallt durch Washington
Eine LGBTIQ-Hymne als Stimmungsmacher bei Trump-Fans? Was paradox klingt, funktioniert überraschend gut – der künftige US-Präsident ist selbst ein grosser Fan des Songs.
Bei einer Kundgebung am Abend vor Donald Trumps Vereidigung in Washington hat die Band Village People dem designierten US-Präsidenten musikalisch die Ehre erwiesen.
Während seines Wahlkampfs hatte der Republikaner ihren weltbekannten Hit «Y.M.C.A.» und auch das Lied «Macho Man» (beide aus dem Jahr 1978) bei nahezu jeder Veranstaltung als Stimmungsmacher genutzt. Die «Y.M.C.A.»-Live-Performance kurz vor seiner Machtübernahme am Montag setzte dem Ganzen sozusagen das i-Tüpfelchen auf.
Dabei liess Trump auch seinen mittlerweile ikonischen Tanz sehen, eine leicht ungelenke Choreografie, die bei seinen Anhänger*innen für Begeisterung sorgt. Der «Trump Dance» galt als fester Bestandteil seiner Auftritte und hat sich längst als Meme im Internet verbreitet.
«Y.M.C.A.» an jeder Strassenecke Trump wird schon seit dem Wochenende von seinen Anhänger*innen gefeiert, die eigens für die Vereidigung aus dem ganzen Land angereist sind. Die Strassen der Hauptstadt sind trotz nasskalten Winterwetters gefüllt mit seinen Unterstützer*innen; sie tragen rote Käppis mit seinem Slogan «Make America Great Again» (MAGA) oder sind mit anderen Fan-Utensilien in Trump-Ästhetik ausstaffiert. Und an vielen Ecken erklingt ein Song besonders häufig: «Y.M.C.A.».
Die Village People, die heute nicht mehr in ihrer ursprünglichen Besetzung auftreten, sind bei mehreren Veranstaltungen mit dabei, die im Rahmen der Vereidigung stattfinden. Dabei hat die Gruppe eine durchaus ambivalente Beziehung zu Trump (MANNSCHAFT berichtete). Anfangs äusserte sie ihren Unmut darüber, dass ihre Songs ohne Genehmigung und in einem politischen Kontext bei seinen Wahlkampfveranstaltungen gespielt wurden. Später nahmen sie es aber ohne weitere Kritik hin.
«Wir wissen, dass einige von Euch das nicht gerne hören werden, aber wir glauben, dass Musik ohne Bezug zu Politik gespielt werden sollte.»
Victor Willis, Leadsänger der Village People
Leadsänger Victor Willis hatte die Teilnahme an den Feierlichkeiten in Washington im Vorfeld gegen Kritik von Fans verteidigt: «Wir wissen, dass einige von euch das nicht gerne hören werden, aber wir glauben, dass Musik ohne Bezug zu Politik gespielt werden sollte», schrieb er bei Facebook. Der Song solle helfen, das Land nach einem turbulenten Wahlkampf zu vereinen.
Inoffizielle LGBTIQ-Hymne Wenige Lieder verbinden so viele Menschen wie der Klassiker aus den 1970er Jahren – der eingängige Refrain und die dazugehörigen Armbewegungen, die die Buchstaben «Y.M.C.A.» in die Luft zeichnen, sind ein Tanz, den fast jeder kennt.
Das Lied gilt aber auch als eine inoffizielle Hymne der LGBTIQ-Gemeinschaft. Der Text, der das Leben rund um die Young Men's Christian Association («Y.M.C.A.») beschreibt, wurde von vielen als subtiler Hinweis auf sichere Räume für homosexuelle Männer interpretiert – ein Thema, das zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Liedes vor mehr als 40 Jahren noch tabuisiert war.
Leadsänger Willis hat diese Interpretation zwar in der Vergangenheit zurückgewiesen, doch die Symbolkraft bleibt. Dass das Lied nun ausgerechnet mit dem Republikaner Trump in Verbindung gebracht wird, wirkt für viele paradox: Seine Partei vertritt vielfach Positionen, die auf die Einschränkung von LGBTIQ-Rechten zielen, und macht sich unter anderem massiv gegen die Rechte von trans Menschen stark.
Text: Luzia Geier, dpa
Für schwule Männer war New York City in den 1970er- und frühen 1980er-Jahren Zufluchtsort und Paradies zugleich. Bis die HIV- und Aids-Krise kam und ganze Freundeskreise auslöschte. Ein unerwarteter Ort überbrückt jetzt die Lücke (MANNSCHAFT berichtete).
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