In Ungarn sollen Regenbogen­familien denunziert werden

Der EU-Schutz von Whistleblower*innen wird von Orban zweckentfremdet

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban (Foto: Christoph Soeder/dpa)
Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban (Foto: Christoph Soeder/dpa)

Ungeachtet des Vertragsverletzungsverfahrens der Europäischen Kommission gegen Ungarn wegen der queerfeindlichen «Propaganda»-Gesetze (MANNSCHAFT berichtete) hat das ungarische Parlament am Dienstag ein weiteres Anti-LGBTIQ-Gesetz in Kraft gesetzt.

Das schreibt die LGBTIQ-Organisation Forbidden Colours aus Brüssel. Sie weist darauf hin, dass nunmehr jede*r in Ungarn anonym sogenannte Regenbogenfamilien bei den Behörden anzeigen könne.

Das neue Gesetz reklamiert für sich, die ungarische Verfassung «hochzuhalten», so Forbidden Colours. In dieser werde die Ehe beschrieben als Vereinigung «zwischen einem Mann und einer Frau», weiter heisst es, dass «die Mutter eine Frau und der Vater ein Mann» sei. «Damit wird impliziert, dass alle anderen Modelle im Zusammenhang mit Adoption und dem Aufziehen von Kindern per Gesetz verboten sind», erklärt Forbidden Colours.

«Die wahre Bedeutung von Familie» Abgesehen davon, dass künftig Regenbogenfamilien gemeldet werden können, sieht das neue Gesetz auch vor, dass anonyme Meldungen gemacht werden können bezüglich «jeder Person und Organisation, die die wahre Bedeutung von Familien – wie in der ungarischen Verfassung definiert – leugnet oder verändern will», schreibt Forbidden Colours.

Dadurch werde das EU-Gesetz zum Schutz von Whistleblower*innen vom ungarischen Parlament «transponiert», meint Forbidden Colours, also zweckentfremdet.

«Das ist nur ein weiteres Zeichen dafür, dass das Orban-Regime die EU nicht mehr ernst nimmt», sagt Rémy Bonny, der Direktor von Forbidden Colours in einer Pressemitteilung: «Während EU-Gesetze umdefiniert werden, wird Brüssel im Grunde von Ungarn getrollt.»

«Drehbuch aus Moskau übernommen» Laut Bonny sei die neue Gesetzesverschärfung Orbans Antwort aufs Vorhaben der Mehrheit der EU-Staaten, Ungarns autoritäre Anti-LGBTIQ-Politik zu stoppen. «Orban hat Moskau statt Brüssel gewählt», so Bonny.

«Genau wie das Gesetz gegen vermeintliche Homopropaganda, ist auch das neue Gesetzt im Copy-Paste-Verfahren aus Russland übernommen», sagt Bonny. «Viktor Orban installiert das Drehbuch des Kremls in Ungarn und macht die LGBTIQ-Communities zu Sündenböcken.»

Orban sei «eine Gefahr für die Sicherheit, Demokratie und Menschenrechte in Europa», warnt Bonny.

Die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) sah in Ungarn zuletzt auch positive Entwicklungen in Bezug auf Hasskriminalität, äusserte aber grosse Sorge wegen der Stigmatisierung von Queers (MANNSCHAFT berichtete).

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