Trophäen-«Buzz»: Wer mischt bei Globes und Oscars mit?
In Hollywood steigt das Preisfieber. Erst werden die Golden-Globe-, dann die Oscar-Kandidat*innen benannt. Wie steht es um die Filme mit queeren Themen?
Wird Daniel Craig für seine Rolle in «Queer» ausgezeichnet? Würdigt Hollywood einen Film wie «Emilia Pérez», in dem es unter anderem um eine Geschlechtsangleichung geht? Kann sich das Filmmusical «Wicked» gegen «Gladiator 2» behaupten? Und wie schneidet das neuste Werk von
Pedro Almodóvar zum Thema Sterbehilfe ab?
Der Trophäen-Buzz, die Spekulation über die Favoriten der Filmpreissaison, ist voll im Gange. Die Branche fiebert den Golden-Globe-Nominierungen entgegen. Heute werden die Anwärter*innen in 27 Film- und TV-Sparten verkündet. Die 82. Preisverleihung soll am 5. Januar über die Bühne gehen. Dann folgen die Academy Awards: Die Oscar-Nominierungen sind für den 17. Januar geplant, die 97. Trophäenshow für den 2. März. Dazu kommen Branchenpreise, etwa vom US-Schauspielverband, von Produzent*innen und Kritikergruppen.
Welche Stars sich Hoffnungen machen können Frankreich bewirbt sich um den Auslands-Oscar mit der verrückten Musikkomödie «Emilia Pérez» von Regisseur Jacques Audiard, die vor dem Hintergrund mexikanischer Drogenkriege Themen wie Geschlechterangleichung und Identität mit Musiknummern, Action und Emotionen in Szene setzt. Den singenden Schauspielerinnen Karla Sofía Gascón, Zoe Saldaña und Selena Gomez werden gute Preischancen eingeräumt.
Das trifft auch auf Angelina Jolie (49) zu, die in dem Biopic «Maria» die legendäre Opernsängerin Maria Callas darstellt. Ebenso zählen US-Popstar Ariana Grande (31) und die britische queere Sängerin Cynthia Erivo (37) als Hexen in dem Filmmusical «Wicked» zu den Schauspiel-Favoritinnen.
Viele starke Frauenauftritte machen die Auswahl in dieser Sparte schwer. Als sichere Kandidatin bei den Nominierungen gilt Nicole Kidman (57), die schon bei den Filmfestspielen Venedig den Preis für die beste Schauspielerin gewann. In dem Erotikdrama «Babygirl» spielt sie eine Geschäftsfrau, die lange unterdrückte sexuelle Wünsche auslebt, als sie eine Affäre mit einem deutlich jüngeren Praktikanten (Harris Dickinson) anfängt.
Tilda Swinton (64) ist in Pedro Almodoóvars «The Room Next Door» eine todkranke Frau, die ihrem Leben selbst ein Ende setzen will. Demi Moore (62) spielt in dem Body-Horrorfilm «The Substance» furchtlos eine Frau, die nicht altern will. Pamela Anderson (57, «Baywatch») mimt in «The Last Showgirl» völlig uneitel eine Tänzerin am Ende ihrer Karriere. Die irische Schauspielerin Saoirse Ronan (30) spielt in der Buchverfilmung «The Outrun» der deutschen Regisseurin Nora Fingscheidt eine alkoholkranke Frau.
In der Männerriege sticht ein Kritiker-Liebling ebenfalls durch seine Stimme hervor. In dem Biopic «A Complete Unknown» spielt Timothée Chalamet (28, «Dune») den jungen Bob Dylan mit zerzausten Haaren und nasaler Stimme. Gute Preischancen werden auch James-Bond-Star Daniel Craig (56) für seine ungewöhnliche Rolle in «Queer» eingeräumt. Das Drama handelt von der Liebe zwischen zwei Männern (MANNSCHAFT berichtete). Der rumänisch-amerikanische Schauspieler Sebastian Stan (42) fällt wiederum mit seiner Darstellung des jungen Donald Trump in der Filmbiografie «The Apprentice» auf.
Deutsche Hoffnungsträger*innen Der in Wolfsburg geborene Regisseur Edward Berger wird in den USA mit seinem in Rom gedrehten Vatikan-Thriller «Konklave» hoch gehandelt. Die Romanverfilmung über den plötzlichen Tod eines Papstes und Intrigen bei der Wahl eines Nachfolgers ist mit Ralph Fiennes, Stanley Tucci und Isabella Rossellini starbesetzt.
Der Brite Fiennes (61), bisher noch ohne Oscar oder Golden Globe, brilliert in der Rolle eines von Zweifeln geplagten Kardinals. Spannend inszeniert, mit fantastischer Musik des deutschen Oscar-Preisträgers Volker Bertelmann («Im Westen nichts Neues»), könnte der Film in vielen Sparten nominiert werden. 2023 hatte Bergers Literaturverfilmung «Im Westen nichts Neues» gleich vier Oscars gewonnen, darunter als bester internationaler Film.
Auch die Hamburgerin Leonie Benesch («Das Lehrerzimmer») hat Chancen, dank ihrer Rolle in «September 5» über das Olympia-Attentat 1972 in München, als palästinensische Attentäter israelische Sportler als Geiseln nahmen. In dem Film des Baslers Tim Fehlbaum spielt die 33-Jährige eine Dolmetscherin für ein US-Fernsehteam, das Live über das Geschehen berichtet.
Hochgehandelte Filme Bei den Golden Globes werden jeweils Drama und Komödie prämiert, beim Oscar gibt es nur einen «Besten Film». Die Bandbreite reicht bei den Prognosen von teuren Blockbustern wie etwa «Gladiator 2» von Regisseur Ridley Scott bis zum kleinen Independentfilm, wie etwa «Anora», der schon bei den Filmfestspielen in Cannes gross gefeiert wurde. US-Regisseur Sean Baker erzählt in der temporeichen Tragikomödie von einer selbstbewussten Sexarbeiterin.
Die Globes werden zum Auftakt der Trophäensaison mitunter als Oscar-Barometer gesehen, doch diese Rechnung geht nicht immer auf. Mit über 10'000 Academy-Mitgliedern gegenüber gut 300 Global-Wähler*innen stimmen deutlich mehr Juror*innen über die Oscar-Kandidierenden ab. Nach Verkündung der Nominierungen dürfte es weiter spannend bleiben, wer am Ende in Hollywoods langer Preissaison die meisten Trophäen abräumt.
Von Barbara Munker, dpa
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