Eine Nacht mit ...Tilda Swinton

Die queere Schottin mit den unzähligen Gesichtern ist bekannt für unkonventionelle Rollen

März 2020: Tilda Swinton beim BFI Fellowship Annual Dinner zu ihren Ehren  Foto: Ian West/PA Wire/dpa)
Tilda Swinton

Vampirin, verstörte Mutter oder Rockstar ohne Stimme. Tilda Swinton ist bekannt für Rollen, die über Grenzen gehen.

Wie kaum jemand anderes vor der Kamera steht wohl Tilda Swinton für geschlechtliche und gesellschaftliche Uneindeutigkeit.

Ihre Figuren haben immer einen doppelten Boden, sind erst auf den zweiten oder dritten Blick verständlich, oder manchmal auch gar nicht. Ihre erste Rolle spielte sie in dem Film über den schwulen italienischen Maler Caravaggio des queeren Regisseurs Derek Jarman. Auch in dessen «Edward II.» spielte Swinton mit. Ihren Durchbruch schaffte sie mit dem Film «Orlando» von 1992, einer Verfilmung von Virginia Woolfs Roman.

Seither tauchte sie auch immer wieder in grossen Produktionen wie «Michael Clayton» mit George Clooney auf, wofür sie ihren Oscar bekam, oder in «Der seltsame Fall des Benjamin Button». Wiederholte Zusammenarbeiten hatte sie mit den Stars der Indie-Filme wie Jim Jarmusch, Wes Andersen oder den Coen-Brüdern. Derzeit ist sie auch mit Julianne Moore in einem aktuellen Almodóvar-Film zu sehen (MANNSCHAFT berichtete).

Aus diesem schillernden Œuvre von Tilda ein paar Filme herauszusuchen, ist nahezu unmöglich. Hier aber nun dennoch fünf aufregende Filme für eine lange Nacht mit Tilda Swinton.

#Orlando

Über vier Jahrhunderte wandert Orlando durch die Zeit. Erst ist er der Lover der altgewordenen Königin Elisabeth I., wird Botschafter von ihr in der Ferne eines unbekannten Landes und wandelt sich über die Zeit hinweg zu einer Frau. Durch die vier Jahrhunderte bleibt sie immer dieselbe Person und altert nicht. Umso schöner kommt dann Tildas Spiel mit den Geschlechtergrenzen zur Geltung.


Paul P Preciado setzte 2023 daran an und schuf mit «Orlando – meine politische Biografie» ebenfalls eine Verfilmung von Woolfs Werk. Preciado’s Film ist mehr ein Statement für die Akzeptanz von Transsexualität, der Orlando von 1992 mit Tilda eher eine Literaturverfilmung. Am besten ist es sowieso, man sieht sich beide Filme hintereinander an.

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#Only Lovers Left Alive

Auch wenn manche Beziehung zwischen Menschen schon sehr lange laufen kann, ist solch ein Menschenalter noch gar nichts für Eva und Adam. Die beiden sind nämlich schon mehrere Jahrhunderte zusammen. Eigentlich leben die beiden Vampire vom Blut anderer Menschen, doch auch sie sind mit der Zeit gegangen und überfallen nun keine Menschen mehr, sondern besorgen sich mittlerweile Blutkonserven aus einer nahegelegenen Klinik. Nach all der Ewigkeit hat Adam aber so langsam sein Leben satt und will nicht länger unsterblich sein. Eva setzt nun alles daran, dies zu verhindern.

Die eigentlich in der Pop-Kultur oft als Monster auftretenden Vampire sind hier ziemlich zurückhaltend und geradezu vernünftig. Während die Welt der Menschen immer mehr zusammenbricht und Gewalt und Dummheit an der Tagesordnung sind, versuchen Adam und Eve sich dem zu entziehen. Eva wird natürlich von Tilda Swinton gespielt und wie bei Jim Jarmusch üblich, kommt der Film auch nicht ohne typischen trockenen Humor aus.

Es gibt auch noch ein Quasi-Gegenstück zu diesem Film. In «The Dead Don’t Die» arbeiten Jarmusch und Swinton auch wieder zusammen. Dort spielt sie eine Bestatterin, die gut mit einem Samurai-Schwert umgehen kann und sich letztlich sich als Ausserirdische entpuppt.

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#Grand Budapest Hotel

Das Zusammenwirken von Wes Andersen und Tilda Swinton ist mittlerweile sehr umfassend geworden. In «Isle of Dogs» spielt Tilda mit, sowie auch in «The French Dispatch» und «Asteroid City». Als erstes jedoch trat sie in «The Grand Budapest Hotel» auf. In der recht kurzen Rolle der «Madame D.», einer greisen aristokratischen Lady, die so alt und zerbrechlich ist, dass sie die Dauer des Films nicht überlebt. Sie spielt die Rolle dieser Frau, die eigentlich Madame Céline Villeneuve Desgoffe und Taxis heisst, mit einer grotesken Übertreibung, sodass sie ihr, der eigentlich auch wieder etwas vampirhaftes anhaftet, letztlich jegliche Schauerlichkeit nimmt.

Eigentlich sollte diese Rolle von Angela Lansbury gespielt werden, die damals auch schon knapp 90 Jahre alt war. Doch glücklicherweise hatte sie andere Verpflichtungen, sonst wäre dem Publikum Tilda in diesem Part vorenthalten geblieben.

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#We need to talk about Kevin

Eva ist so ziemlich am Ende mit sich und der Welt. Sie wird auf der Strasse angefeindet, wohnt in einer heruntergekommenen Wohnung und schleicht mehr durch die Gegend, dass sie bloss von niemandem wahrgenommen wird. Wie besessen kratzt sie auch die rote Farbe von den Wänden ihrer Wohnung. Alles changiert zwischen Traum und Wirklichkeit. Das alles hat einen schwerwiegenden Grund: Ihr Sohn hat eine massive Gewalttat begangen und sie als seine Mutter findet einfach keinen Zugang zu ihm und zu dem, was geschehen ist.

Je älter der Sohn wird, desto mehr entgleitet er ihr. Seine Unberechenbarkeit nimmt immer weiter zu, am Ende fragt sich Eva, ob er sie gar absichtlich in den Wahnsinn treiben will. Das Publikum des Films kann das nicht genau feststellen, weil alles aus Eva’s Sicht erzählt wird.

Dem Äusseren nach ist der Film manchmal wie ein Horrorfilm, doch unter der schauerlichen Oberfläche zeigt sich bald, dass es sich hier um ein tiefgründiges Psychodrama handelt. Warum wir der Sohn nur zum Psychopathen? Liegt es doch an fehlender Liebe der Eltern? An einer Ablehnung durch die Mutter, weil er ihre Freiheit einschränkt? Am Ende steht jedenfalls ein mordender Sohn und für manche Fragen ist es dann ohnehin zu spät.

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#A Bigger Splash

Ein Rockstar der keine Stimme hat, hat ein ziemliches Problem. So geht es Marianne Lau und deswegen will sie sich auf Sizilien erholen. Dorthin reist sie mit ihrem Mann und legt sich in die Sonne. Doch plötzlich taucht ihr alter Freund Harry auf und wirbelt alles durcheinander. Er macht sich an Marianne ran; seine Tochter, die gleich auch noch mitkommt, will bei Mariannes Mann landen. Marianne weiss nun nicht, ob es leichter ist, der Hitze, oder dem aufdringlichen Paul zu entkommen.

Der Film lehnt sich an den Film «Swimmingpool» mit Alain Delon und Romy Schneider an, sowie auch an die Poolbilder von David Hockney, daher auch der Titel «A Bigger Splash». Tilda Swinton spielt die stimmlose Sängerin und Ralph Fiennes den überdrehten Freund Harry. Eine ziemlich schräge Sache, weil man beide ja sonst aus eher entgegengesetzten Rollen kennt. Und insbesondere Tildas Darstellung der wortlosen Sängerin verschlägt einem auch beim Zusehen die Sprache.

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«Beängstigend» – Hape Kerkeling Ziel von Anfeindungen (MANNSCHAFT berichtete).

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