Anastasia Biefang scheitert mit Klage – hat aber trotzdem gewonnen
Soldat*innen können nicht mehr aufgrund ihres privaten Datingprofils gemassregelt werden, so die trans Offizierin
Als hochrangige Bundeswehr-Kommandeurin bekommt sie wegen ihres Tinder-Profils einen Verweis: Anastasia Biefang klagt sich durch die Instanzen - und bleibt nun schliesslich auch am Bundesverfassungsgericht ohne Erfolg.
Im Streit um die Gestaltung ihres privaten Tinder-Profils ist die Bundeswehr-Offizierin und MANNSCHAFT-Kolumnistin Anastasia Biefang am Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gescheitert. Ihre Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen, wie das Gericht in Karlsruhe mitteilte. Sie hatte sich damit gegen einen disziplinarischen Verweis wehren wollen, der ihr aufgrund des Inhalts ihres Profils auf der Dating-Plattform verhängt worden war.
«Wie verloren fühlt es sich für mich nicht an.»
Biefang erklärte in einer ersten Reaktion gegenüber MANNSCHAFT: «Nach drei Jahren warten auf eine Entscheidung des BVerfG bin ich über die Nicht-Annahme der Verfassungsbeschwerde natürlich zutiefst enttäuscht. Damit hatte ich nicht gerechnet. Aber gut. Wie verloren fühlt es sich für mich nicht an. Es sind jetzt fast sechs Jahre seit dem Verweis vergangen.»
In diesen sechs Jahren habe sich auch ohne eine Entscheidung des Gerichts etwas verändert. «Zukünftig können Soldat*innen nicht aufgrund ihres privaten Datingprofils von ihrem Arbeitgeber gemassregelt werden. Die Bundeswehr hat festgestellt, dass heutzutage ein ähnliches Verhalten kein Dienstvergehen mehr darstellt. So ist es der Regelung ,Umgang mit Sexualität und sexualisiertem Fehlverhalten' vom September 2023 zu entnehmen. Mein Fall wird sogar in leicht abgewandelter Darstellung als Fallbeispiel für die Rechtsberater*innen verwendet.»
Allerdings, im Lichte des aktuellen Berichts zu heimlichen Affären von hochrangigen Offizieren der Bundeswehr, müsse sich dennoch eine Haltungsfrage stellen: «Was macht charakterliche Integrität aus? Offenheit, Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit oder Heimlichkeit und Lügengebilde? Was soll für unsere Soldat*innen beispielgebendes Verhalten sein?»
Die damalige Kommandeurin hatte 2019 in ihrem Profil geschrieben: «Spontan, lustvoll, trans*, offene Beziehung und auf der Suche nach Sex. All genders welcome.» Das ging der Bundeswehr zu weit. Ihr Disziplinarvorgesetzter erteilte ihr einen Verweis. Biefang war damals Kommandeurin des Informationstechnikbataillons 381 in Storkow.
Die Soldatin zog daraufhin vor die Fachgerichte - allerdings ohne Erfolg. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte zuletzt im Mai 2022 den Verweis (MANNSCHAFT berichtete).
Zwar werde durch ihr Verhalten nicht gleich das Ansehen der gesamten Bundeswehr beschädigt. Biefang sei jedoch ihrer Pflicht zur Wahrung des eigenen Ansehens nicht nachgekommen, entschied der 2. Wehrdienstsenat. Sie dürfe ihre Worte nicht so wählen, dass ihr Ansehen als Soldatin beschädigt werde.
Unter anderem gegen diese Entscheidung wandte sich Biefang nach Karlsruhe mit einer Verfassungsbeschwerde. Laut früheren Angaben wurde sie dabei von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) und dem Verein QueerBw unterstützt. Ziel war demnach, mit einem Grundsatzurteil «die sexuelle Selbstbestimmung als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts» zu stärken.
Doch das Bundesverfassungsgericht bewertete die Klage nun als unzulässig. Denn der Verweis sei bereits vor Einreichung der Verfassungsbeschwerde entsprechend der Wehrdisziplinarordnung getilgt worden. Eine solche Disziplinarmassnahme ist demnach nach drei Jahren zu tilgen. Das Ziel der Verfassungsbeschwerde habe sich damit wohl erledigt, so die Kammer. Biefang habe nicht in der erforderlichen Weise dargelegt, warum dennoch auch weiterhin ein Rechtsschutzbedürfnis bestehen soll. (Az. 2 BvR 110/23)
In der Schweiz fordern die QueerOfficers mehr Sensibilisierung: Armeeangehörige sollen lernen: Diversität ist ein Mehrwert (MANNSCHAFT berichtete)
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