Tödlicher Hass auf trans Person im «Kroatien-Krimi»
Die ARD wiederholt einen wenig wiederholenswerten Fall
Eine Person in Frauenkleidung wird tot auf einer Strasse entdeckt. Die Verletzungen deuten auf einen Sturz aus grosser Höhe hin, das Opfer war trans und schon länger tot. Der «Kroatien-Krimi» ist aus verschiedenen Gründen ärgerlich.
Von Ulrike Cordes, dpa
Eine Leiche im Zustand fortgeschrittener Verwesung ist kein schöner Anblick. Im elften Fall «Kroatien-Krimi» bekommt der Zuschauer so etwas aber immer wieder zu sehen. Es handelt sich dabei um das erste – aber nicht das letzte – Opfer in der Episode «Tod im roten Kleid».
Und der tote Mensch, um den es im Titel geht, ist Antonia (Riccardo Campione aus «Gladbeck»). Antonia war trans. Musste das Opfer deshalb sterben? Stascha Novak (Jasmin Gerat, «Einmal Sohn, immer Sohn»), die schlagkräftige Leiterin der Mordkommission Split, und ihr Mitarbeiter Emil Perica (Lenn Kudrjwizki) sind erschüttert.
Stascha und Emil ermitteln vor malerischer Adria-Kulisse unter den Menschen, zwischen denen Anton aufgewachsen ist. Die meisten erscheinen extrem religiös, um nicht zu sagen bigott. So wie auch der Onkel des Opfers, Ivan Rudovic (Joachim Nimitz), und der örtliche Polizist Marko Mikec (Thomas Dehler).
Erschwert wird die Suche nach dem Täter durch ein Rätsel: Die Leiche ist zwar am Fuss der Steilküste auf einer Strasse gefunden worden. Die Obduktion jedoch ergibt, dass die Knochenbrüche keineswegs frisch sind. Der tote Mensch war tiefgefroren gewesen, weshalb sich der Zeitpunkt des Todes nicht bestimmen lässt – er kann Jahre zurückliegen.
Bald glaubt die Kommissarin, es mit einem Rachefeldzug gegen einen Menschen mit unkonventioneller sexueller Orientierung zu tun zu haben. «In Rijeka oder in Zagreb – da läuft so was rum», hat selbst ihr Kollege Mikec aus dem Bergdorf abgewiegelt, als sich die Identität des Opfers im roten Kleid herausstellte.
Die Grossstädterin grollt gegen den ihrer Meinung nach mittelalterlichen Katholizismus der ländlichen Bevölkerung. Kollege Emil, in der Region aufgewachsen, klärt sie darüber auf, dass viele einer speziellen kirchlichen Gruppierung mit dem Namen «Unsere Familie» angehörten. Aber richtig verstandenen christlichen Glauben habe ihm seine eigene Mutter vermittelt. «Wir sind alle Kinder Gottes», sagt der junge Ermittler.
Eine Lanze für Toleranz und Nächstenliebe wollen die Filmemacher ganz offensichtlich damit brechen – diverse sexuelle Identitäten als etwa Normales und Liebenswertes zeigen. Da ist es schade, dass das so penetrant überdeutlich geschieht.
Nicht nur die Dialoge, in denen wiederholt die Institution Kirche schlecht wegkommt, wirken teilweise eindimensional. Selbst die so oft wiederholten Bilder der verwesten jungen Antonia sollen am Ende wohl zu nichts anderem dienen, als zu zeigen, wohin Intoleranz führen kann. Auf diese Weise gerät ein eigentlich wichtiges und sympathisches gesellschaftliches Anliegen leider zur Volkspädagogik der platten Art. Und ein Fernsehkrimi wird ärgerlich überfrachtet.
Der Fall aus dem Jahr 2022 steht neu in der ARD-Mediathek und läuft am Donnerstag um 20.15 Uhr im Ersten.
Premiere in Cannes: Erstmals wurde eine trans Frau als Beste Darstellerin ausgezeichnet (MANNSCHAFT berichtete)
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