Tod von Komponist William Finn: Sein Erbe für die schwule Community

William Finn lebte mit seinem Lebenspartner Arthur Salvadore in New York City.
William Finn lebte mit seinem Lebenspartner Arthur Salvadore in New York City. (Bild: Music Theatre International)

Mit seinem Musical «Falsettos» thematisierte William Finn schon in den früheren 90er-Jahren die Aidskrise sowie schwule Themen wie Männlichkeit. Er verstarb 73-jährig.

In Theater- und Musicalkreisen galt William Finn als begnadeter Komponist von bewegenden Musicals mit cleveren Texten. Im deutschsprachigen Raum ist er hingegen eher unbekannt. Für die schwule Community besonders relevant ist «Falsettos», für das er 1992 zusammen mit Co-Autor James Lapine zwei Tonys für die beste Originalmusik und das beste Buch eines Musicals gewann.

Das Musical kombinierte zwei kürzere Produktionen («March of the Falsettos» und «Falsettoland»), die Finn bereits 1981 und 1990 inszenierte. Die Geschichte spielt in den frühen 80ern und handelt von Marvin, der seine Frau Trina für seinen Liebhaber Whizzer verlässt. Zentrale Themen sind jüdisches Familienleben, die schwule Community, Geschlechterrollen und wie die AIDS-Krise schliesslich alles überschattet. In der letzten Phase des Musicals wird Whizzer HIV-positiv. Die Krankheit rückt in den Mittelpunkt, doch der Humor und die Menschlichkeit der Figuren bleiben.

«Falsettos» ist weit mehr als ein queeres Musical – es ist ein bedeutendes kulturhistorisches Dokument einer Ära, in der sich queeres Leben zwischen Selbstfindung und sozialem Ausschluss bewegte. Erwähnt wird es im deutschsprachigen Buch «Breaking Free», das 2022 erschienen ist und von Musikwissenschaftler und MANNSCHAFT-Autor Kevin Clarke herausgegeben wurde (MANNSCHAFT berichtete). Darin schreibt Brigitte Tautscher, dass sich die spezifische Zeitgeschichte des Stücks zunehmend in den Hintergrund drängt und «Platz macht für eine zeitlose Familiengeschichte, die nichts von ihrer Aktualität verloren hat.» Gerade diese Vielschichtigkeit mache Falsettos zu einem wichtigen Werk der LGBTIQ-Theatergeschichte.

Tautscher bezeichnet «Falsettos» als «spannende Alternative» zum hierzulande viel bekannteren Musical «Rent». Obwohl «Falsettos» 1996 und 2000 in Deutschland aufgeführt wurde, erlangte William Finn im deutschsprachigen Raum keine grosse Bekanntheit. Im Gegensatz zu «Rent» sei «Falsettos» auch nie Teil der hiesigen Aufarbeitung des AIDS-Traumas geworden, obwohl das Musical die Wunden der LGBTIQ-Community sichtbar und hörbar gemacht habe.

Auch jenseits von «Falsettos» hat William Finn das Musical geprägt. Mit «The 25th Annual Putnam County Spelling Bee» schuf er 2005 in den USA einen Überraschungserfolg, der sechs Tony-Nominierungen erhielt. In dem Stück, das auch auf Publikumsteilnahme setzt, geht es auf humorvolle Weise um Kinder bei einem Buchstabierwettbewerb – gespielt von Erwachsenen. Es wurde mehrfach neu aufgelegt, zuletzt 2024 am Kennedy Center.

Mit «A New Brain» verarbeitete Finn seine eigene lebensbedrohliche Krankheit – eine Gefässmalformation im Gehirn. Die autobiografische Geschichte erzählt von einem Songwriter, der sich nach einer Hirnoperation mit seiner Sterblichkeit auseinandersetzt – und mit dem Wunsch, seine Kunst vollenden zu können. Das Stück wurde 1998 uraufgeführt und 2015 mit Jonathan Groff in New York neu inszeniert.

Finn starb am Montag im Alter von 73 Jahren an Lungenfibrose.

Mehr: Erster Trailer für «A Nice Indian Boy» mit Jonathan Groff (MANNSCHAFT berichtete)

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