Schwulen-Ikone Günter Tolar wird 85 – und bleibt laut
Der Oberösterreicher scheut sich weiterhin nicht, anzuecken
Zeitlebens hat er sich für die Gleichberechtigung homosexueller Menschen eingesetzt, jetzt feiert Günter Tolar den 85. Geburtstag – und geht weiter seinen eigenen Weg.
Erst vor Kurzem hat Günter Tolar wieder auf sich aufmerksam gemacht, als er mit «Vom anderen Ufer» und «Alter Mann, was jetzt?» zwei sehr persönlichen Büchern publizierte. Ob als langjähriges Aushängeschild des ORF, Regisseur, Schauspieler oder Autor war der gebürtige Oberösterreicher stets ein Unikum, kritisierte scharf und forderte teils unkonventionelle Mehtoden ein, um der Marginalisierung von Minderheiten entgegenzuwirken.
Am 9. Juli 1939 in Wels als Sohn eines Buchhalters und einer Lehrerin geboren, lernte er seinen Vate er erst nach dessen Rückkehr aus dem Zweiten Weltkrieg wirklich kennen. Er brach sein Lehramtsstudium ab, wurde lieber Regieassistent am Volkstheater in Wien und absolvierte eine Schauspielausbildung. 1969 kam er schliesslich zum ORF, wo er 30 Jahre lang tätig war.
Danach schrieb er Bücher, darunter im Jahr 1992 «Sein Mann», das für Tolars Outing als Homosexueller ausschlaggebend war. Vor fünf Jahren erschien derweil mit «Zwischensumme 80: Eine Abrechnung» ein Buch, in dem er sein Verhältnis zu Themen wie Langeweile, Sex, Tod oder Musik aufbereitete.
Auf seinem Weg setzte er sich als Gründer und Leiter des Vereins Positiv Leben jahrelang für HIV-Positive und Aids-Kranke ein (MANNSCHAFT berichtete). Für sein Engagement und seinen Einsatz wurde er 1997 mit dem Red Ribbon ausgezeichnet. Jahrelang war er Bundessprecher der Initiative Soho (Sozialismus & Homosexualität) und Delegierter im Bundesparteivorstand der SPÖ.
Mittlerweile hat sich Tolar allerdings etwas aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. «Ich widme mich immer mehr meiner Familie», sagte Tolar, der 2010 mit seinem Mann Gerald eine eingetragene Partnerschaft einging, vor einigen Jahren. Trotzdem postet er auf seinem Instagram-Kanal von Zeit zu Zeit noch kritische Beiträge zum aktuellen Geschehen.
«Zwischendurch – und eigentlich immer – schreibe ich. Ich veröffentliche – wenn überhaupt – nur im Selbstverlag, da mir die Verlage mit ihrer eigenartigen Politik auf den Nerv gehen. Ebenso die Buchhändler mit ihrer seltsamen Regalbetreuungs-Methodik», sagt Tolar auf seiner Internetseite. «Ich will mich nur noch um das kümmern, was ich will und nicht um das, was ich muss. Der Trugschluss ist mir schon klar, denn was ich will, das muss ich ja auch…»
Kurz vor seinem 85. Geburtstag am 9. Juli wurde Günter Tolar mit dem «Grossen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich» und dem «Queer-Legend-Award 2024» ausgezeichnet.
In Linz ist der Baustart für das erste LGBTIQ Kompetenzzentrum Österreichs erfolgt. Dort geht es u.a. um gesundheitliche Versorgung und Chancengleichheit (MANNSCHAFT berichtete).
Das könnte dich auch interessieren
HIV, Aids & STI
«Die sexuelle Gesundheit unserer Community steht auf dem Spiel»
Am Dienstag setzten Vertreter*innen von 48 Organisationen ein Zeichen gegen die geplanten Kürzungen bei der Prävention im Bereich der sexuellen Gesundheit. Vor Ort war auch Andreas Lehner, Geschäftsleiter der Aids-Hilfe Schweiz.
Von Greg Zwygart
Politik
Schweiz
Gesundheit
Serie
Endlich! Dauer-Soap «Reich und Schön» zeigt einen schwulen Kuss
Die US-Soap «The Bold & The Beautiful», hierzulande bekannt unter dem Titel «Reich und Schön», bricht TV-Tabus. Mit ziemlicher Verspätung!
Von Newsdesk Staff
TV
Schwul
Liebe
Buch
Warum verehrte eine lesbische Frau Adolf Hitler?
Wie kann sich eine lesbische Frau mit Hitler und den Nazis identifizieren? Mit dieser Frage beschäftigt sich eine lesenswerte Biografie über Stephanie Hollenstein, Hitlers queere Künstlerin.
Von Christian Höller
Lesbisch
Geschichte
Österreich
Kultur
Buch
Autor Ken Follett erzählt homosexuelle Sex-Szenen in der Jungsteinzeit
Der neue Roman des Bestseller-Autors spielt in der Jungsteinzeit, Frauen haben das Sagen und es gibt freie Liebe. «Aktuelle Bezüge herzustellen, war keine Absicht», sagt der 76-jährige Ken Follett.
Von Newsdesk/©DPA
Schwul
Geschichte