Schizophren? Verdienstorden für Detlef Mücke, aber ...

Eine queerpolitische Entscheidung des Berliner Senats sorgt für Unmut

Szene aus dem Film «Mein wunderbares West-Berlin» mit der Demo, die Detlef Mücke mit den schwulen Lehrern in den 1970er in Berlin mitorganisierte
Szene aus dem Film «Mein wunderbares West-Berlin» mit der ersten Demo, die Detlef Mücke mit den schwulen Lehrern mitorganisierte (Bild: Edition Salzgeber)

Der Berliner Senat hat in den vergangenen Tagen beschlossen, Detlef Mücke, Gründungsmitglied der AG Schwule Lehrer, den Verdienstorden des Landes Berlin zu verleihen – für sein jahrzehntelanges Engagement für queere Bildung.

Gleichzeitig will jedoch derselbe Senat im Doppelhaushalt 2026/27 massive Kürzungen bei queeren Bildungsprojekten durchsetzen. Darauf weist die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in einer Pressemitteilung hin.

Detlef Mücke (l.) mit GEW-T-Shirt im Film «Mein wunderbares West-Berlin»
Detlef Mücke (l.) mit GEW-T-Shirt im Film «Mein wunderbares West-Berlin» (Bild: Edition Salzgeber)

«Ich freue mich über die Auszeichnung für mein Engagement für queere Bildung», erklärt dort Detlef Mücke. «Aber noch mehr würde ich mich freuen, wenn die beabsichtigten Kürzungen zurückgenommen würden. Es ist ein politisches Paradoxon: Der Senat würdigt mein Engagement – und gleichzeitig streicht er die Projekte, die auf dieser Arbeit beruhen. Das trifft nicht mich persönlich, sondern die Schüler*innen, die Lehrer*innen und die Schulen, die dringend diese Art von Unterstützung brauchen.» (MANNSCHAFT berichtete über die aktuelle queerfeindliche Situation an deutschen Schulen.)

Diese Unterstützung sei längst unersetzbar, so die GEW: Seit den frühen 1990er Jahren haben sich in Berlin zahlreiche queere Bildungsprojekte entwickelt – von Peer-to-Peer-Aufklärung durch junge Menschen in Schulklassen bis zu Fortbildungen für Lehrkräfte. «Die Projekte sind übernachgefragt, die Träger hochkompetent und seit Jahrzehnten verlässlich. Sie tragen dazu bei, Schüler*innen persönlich zu stärken, Diskriminierung abzubauen und Akzeptanz zu fördern. Wer hier kürzt, handelt fahrlässig», betont Gökhan Akgün, Vorsitzender der GEW-Berlin.

Besonders brisant sei laut GEW, dass CDU und SPD im Koalitionsvertrag im Kapitel «Regenbogenhauptstadt» zugesagt hatten, die Initiative für Selbstbestimmung und Akzeptanz sexueller Vielfalt weiterzuentwickeln und finanziell zu stärken.

Nun droht das Gegenteil: Rückschritt durch Kürzungen. «Berlin war hier Vorreiter für ganz Deutschland. Wenn ausgerechnet hier diese Errungenschaften zurückgefahren werden, senden wir ein fatales Signal auch über Berlin hinaus – und bestärken diejenigen, die queere Bildungsarbeit von Anfang an bekämpft haben», warnt Akgün.

Die GEW-Berlin und die AG Schwule Lehrer fordern den Senat daher unmissverständlich auf, die geplanten Kürzungen in der queeren Bildung vollständig zurückzunehmen, stattdessen in diese Arbeit zu investieren und damit den Koalitionsvertrag einzuhalten. «Es geht hier nicht um grosse Summen – aber der Schaden, der angerichtet wird, ist riesig. Berlin darf nicht an seiner eigenen Vorreiterrolle scheitern», so Akgün abschliessend.

Detlef Mücke ist auch Mitgründer des Schwulen Museums in Berlin, das im Dezember sein 40-jähriges Jubiläum feiert.

Queere Geschichte ist nicht nur eine Erzählung von Leid und Unterdrückung, sondern auch von Liebe und Widerstand. Der 28-jährige Can und der 62-jährige Andreas blicken aus zwei Perspektiven auf eine Geschichte, die noch lange nicht auserzählt ist (MANNSCHAFT-Story).

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