Coming-out beim Computerspiel-Blockbuster «Resident Evil»
Beim Zombie-Videospiel wurde vom Game Designer anlässlich des Pride-Monats bestätigt, dass die Figur des Feuerwehrmanns Tyrone Henry schwul ist
Neues aus der Welt der Computerspiele zum Pride-Monat: Der Game Designer des Horror-Survival-Klassikers «Resident Evil» hat bestätigt, dass die Figur des Tyrone Henry schwul sei. Tyrone Henry ist in der 2020 aktualisierten «Resistance»-Version des Multi-Player-Spiels dabei.
Das ursprünglich 1996 in Japan herausgekommene Videospiel hat sich inzwischen zu einer globalen Franchise entwickelt, zu der auch der Science-Fiction-Horrorfilm gleichen Namens gehört, von dem es fünf Fortsetzungen mit Milla Jovovich in der Hauptrolle gibt. Der letzte Film kam 2016 heraus unter dem Titel «The Final Chapter».
Parallel dazu wurde und wird die Spieleversion immer wieder erneuert. Aktuell feiert «Resident Evil» auf seiner Homepage sein 25-jähriges Jubiläum («Celebrate 25 years of Resident Evil with eye-catching merch!»). Warum Al Yang als Game Designer gerade jetzt – zum Jubiläum – die sexuelle Orientierung von Tyrone thematisiert und festlegt, erklärt er in einem 9-teiligen «Happy Pride»-Tweet.
Da heisst es im weiteren Verlauf: «Es ist im Grund unmöglich zu erkennen, aber die Settings für diese Figur sind so, dass er schwul ist. Das Ziel war jedoch dies zu programmieren, ohne dass dies die einzige Charakterisierung der Figur ist. Das Offenlegen solcher Infos in einem Player-gegen-Player-Spiel fühlt sich manchmal sehr abrupt an.»
Das Offenlegen solcher Infos in einem Player-gegen-Player-Spiel fühlt sich manchmal sehr abrupt an
Yang betont, dass es wichtig sei, eine schwule Figur so zu entwickeln, dass sie nicht gleich in eine Regenbogenfahne gehüllt daher kommt. Yang schreibt in seinem Twitter-Mehrteiler: «Ich finde das Problem vieler LGBT-Charakterisierungen ist, dass die Sexualität der allein entscheidende Aspekt der Figur wird. […] Für mich geht es nicht darum, eine schwule Figur zu schreiben, sondern eine Figur, die auch schwul ist.»
Damit verweist Yang deutlich auf den intersektionalen Aspekt, dass niemand nur eine «Sache» ist, sondern immer durch eine Vielzahl von Aspekten im Leben bestimmt wird, dazu gehört auch, dass Diskriminierung meist auf mehreren Ebenen stattfindet: Tyrone ist schwul und schwarz, gleichzeitig aber nach gängigen Schönheitsmassstäben extrem attraktiv und körperlich fit. Auf einer offiziellen Fan-Seite wird er beschrieben als Feuerwehrmann, zu dessen «unique abilities» sowohl «Power Kicks» als auch «Rallys» gehören. Er erhöhe die «Moral seiner Mitstreiter» im Kampf gegen die lebenden Toten, die von einem mysteriösen T-Virus aus dem Labor des Pharmakonzerns Umbrella Corporation befallen sind und zu Menschenfressern mutieren. (Parallelen zu Theorien rund um den Ursprung des Covid-19-Virus sind erschreckend aktuell.) Ausserdem sorgen Tyrones Kick-Fähigkeiten dafür, dass er bei seinen Gegnern weniger «Schaden» anrichte, heisst es.
Im Rahmen des Pride-Monats Juni haben sich scheinbar auch weitere Spielentwickler und -hersteller bemüht, Charaktere aus ihren Game-Welten als LGBTIQ zu markieren und entsprechende Signale an die Fans zu senden. Auch die Entwickler von «The Last of Us» haben auf Twitter bekanntgegeben, dass fünf ihrer Figuren Repräsentanten der queeren Community seien.
Dem stehen die vielen homo- und transphoben Spiele entgegen, in denen das Abballern von LGBTIQ-Charakteren besonders viele Punkte einbringt und bei einigen Gamern besonders populär ist (MANNSCHAFT berichtete).
Das Schwule Museum Berlin hatte sich 2018 in der Ausstellung «Rainbow Arcade» der queeren Videospielgeschichte ab 1985 gewidmet, gefördert von der Senatsverwaltung für Kultur und Europa (MANNSCHAFT berichtete darüber). Das war die weltweit erste Ausstellung zu diesem Thema. «Rainbow Arcade macht eine popkulturelle Bestandsaufnahme zu Fragen von Repräsentation, stereotyper und diskriminierender Erzählweisen in Unterhaltungsmedien und unserem kulturellen Gedächtnis. Erstmals werden dabei Exponate des LGBTQ Game Archives der Öffentlichkeit präsentiert», hiess es damals in der Pressemitteilung. Und weiter: «Roter Faden der Ausstellung ist dabei der bemerkenswerte Umstand, dass Videospiele zwar ein selbstverständlicher Teil unserer Gegenwartskultur geworden sind, aber jeder neue Titel, der LSBTIQ* und ihre Lebensrealitäten nicht negativ darstellt, schnell als bahnbrechend gefeiert oder als ideologische Politisierung diffamiert wird. Und das, obwohl sich sensible Coming-Out Storylines und geöffnete Ehen bereits in Mainstream-Titeln der 1990er Jahre finden lassen. Die Ausstellung fragt nicht nur, wie sich gesellschaftliche Diskurse und Entwicklungen in Videospielen niedergeschlagen haben und welche Entwicklungen dabei zu beobachten sind, sondern auch, was es eigentlich über unser digitales Gedächtnis und die Archivierung unserer Gegenwartskultur aussagt, wenn mediale Zeitgeschichte so schnell in Vergessenheit gerät.»
Zu «Rainbow Arcade» gibt es einen Katalog mit wissenschaftlichen Aufsätzen. Es lohnt diesen wieder rauszuholen, um das Coming-out bei einem Blockbuster wie «Resident Evil» besser einordnen zu können und in eine lange Genealogie einzufügen.
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