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Videospiel: Für jeden getöteten Schwulen gibt’s Punkte

Rechtsradikale Gamer träumen vom Jüngsten Gericht, wo queere Menschen und Soziale-Gerechtigkeits-Kämpfer abgeballert werden

Szene aus «Jesus Strikes Back», wo Jesus zusammen mit Hitler, Trump und Putin zuschaut, wie eine LGBTIQ-Demonstration aufgelöst wird. (Foto:jesustrikesback.com)

Ein Videospiel, in dem man Jesus, Trump, Putin oder Hitler sein kann und Punkte bekommt, wenn man LGBTIQ-Charaktere tötet ? Das ist die Grundsituation von «Jesus Strikes Back: Judgement Day». Ausgedacht haben sich das Game-Entwickler, um all jene in Erregung zu versetzen, die sich für Menschenrechte und Gleichberechtigung einsetzen.

Die anonymen Entwickler sagen von sich selbst, sie seien keine Internet-Trolle. Sie sehen «Jesus Strikes Back» als eine Art Zombiejagdspiel, wo der Feind meist in Gruppen (sogenannten «packs») auftrete: «LGBTIQ-Militante greifen jeden an, der nicht Mitglied ihrer militärischen Gruppe ist», heißt es auf der Website von «Jesus Strikes Back». «Die LGBTIQ-Miliz wurde gegründet, nachdem die Welt zusammengebrochen ist, und sie ist aggressiv gegenüber allen Nichtmitgliedern. Alleine sind sie schwach, deshalb erscheinen LGBTs im Spiel als Gruppe von bis zu 30 Charakteren.»

Eine post-apokalyptische Welt, die vom radikalen Sozialismus heimgesucht wurde

In der Ankündigung heißt es gleich auf der Front Page, «Jesus Strikes Back» sei die «herzerwärmende Geschichte einer Gruppe von ungewöhnlichen Freunden«, die sich «durch eine sehr verrückte Welt» kämpfen müssten. Das Spiel sei «ein garantierter Spaß für die ganze Familie», es male sich aus «wie Jesus in eine post-apokalyptische Welt» zurückkehre, die «von radikalem Sozialismus heimgesucht» wurde.

Jesus Strikes Back
Szene aus «Jesus Strikes Back: Judgement Day», in der eine queere Person mit lila Haaren von Jesus per Kopfschuss getötet wird. (Foto: jesusstrikesback.com)

Mehr noch: Es sei zu einem «völligen Zusammenbruch der Zivilisation» gekommen, und die «Unabhängigkeit der freien Welt», die einst als «selbstverständlich» angesehen wurde, sei nur noch «eine entfernte Erinnerungen». Deshalb soll der, «der ohne Sünde ist», die erste Kugel abfeuern: «In einer Zeit, wo Freunde zu Feinden wurden und Feinde zu Freunden, wem kann J.C. [Jesus Christ] vertrauen?»


Hör auf so viel Sojamilch zu trinken!

Auch Adolf Hitler darf mitspielen
Offiziell basieren die Charaktere übrigens nicht auf realen Vorbildern. «Hitler wird weder erwähnt noch gezeigt im Spiel», behaupten die Entwickler. Falls jemand doch meint, ihn im fiktiven Charakter «Dolph» zu erkennen, dann sei das «dein Fehler»: «Du hast das sicher nur geglaubt, weil er [Dolph] Österreicher ist und einen Schnauzbart trägt.“ Falls das so sein sollte, dann seist du „ein widerwärtiger, rassistischer Faschist, der alle österreichischen barttragenden Männern beleidigt».

Die Entwickler schleudern ihren Kritikern entgegen: «Verdammt, es ist nur ein Spiel, Arschloch. Hör auf so viel Sojamilch zu trinken.»

Szene, in der die fiktive Figur «Dolph» (l.) ebenfalls einen Mann mit lila Haaren erschießt. (Foto: jesusstrikesback.com)
Szene, in der die fiktive Figur «Dolph» (l.) ebenfalls einen Mann mit lila Haaren erschießt. (Foto: jesusstrikesback.com)

Angeblich soll das Spiel nach der ersten Ankündigung diese Woche Ende Januar 2019 veröffentlicht werden. Ob das wirklich geschieht, darf aber bezweifelt werden. Die Entwickler behaupten, «Jesus Strikes Back» in zehn Wochen kreiert zu haben, was in der Branche eine unrealistisch kurze Zeitspanne ist. Es könnte also genauso gut sein, dass die Rechtradikalen mit einem LGBTIQ-tötenden Jesus in der Vorweihnachtszeit einfach Aufmerksamkeit für ihre Themen erzeugen wollen.


Das ist ihnen definitiv gelungen.

Nachahmung des Massakers von Orlando
Bereits im November war das Videospiel «Angry Goy II» herausgekommen. Darin wird man zum Massenmord an LGBTIQs in queeren Nachtclubs animiert – in Nachahmung des Massakers von Orlando vor zweieinhalb Jahren. Im Arcade-Stil Shooter-Spiel kann man mit «Waffen, Messern, Pfefferspray und mehr» gegen die kämpfen, die einer Christopher Cantwell als «Mischlinge und Degenerierte» bezeichnet. Der 38-jährige Cantville war einer der Promoter von «Angry Goy» und meinte mit «Mischlingen und Degenerierten» Juden, Linke, Journalisten und LGBTIQs. Gegen diese müsse man kämpfen «um den Präsidenten zu beschützen», behauptet er mit Blick auf Donald Trump.

Szene aus dem Videospiel «Angry Goy II». (Foto: Screenshot)

«Angry Goy» zeigt einen Schwulenclub, der mit Regenbogenfahnen und verschiedenen Schildern dekoriert ist. Darauf liest man «Children Welcome» («Kinder willkommen»). Damit wird auf die 1978 gegründete pädophile Organisation NAMBLA (North American Man/Boy Love Association) verwiesen, ein deutlicher Versuch, männliche Homosexualität und Pädophilie gleichzusetzen.

Deutlicher Versuch, Homosexualität und Pädophilie gleichzusetzen

Die wütenden «Goys» und Jüngste-Gericht-Fantasten eint das Gefühl der Ausgrenzung und Benachteiligung. Sie träumen davon, dass ihre «Helden» Trump und Putin queere Personen von Häuserdächern werfen, wie die Kämpfer des sogenannten Islamischen Staats es vor nicht allzu langer Zeit in ihren Kalifaten taten.

Donald Trump und Vladimir Putin werfen in «Jesus Strikes Back» eine queere Person vom Dach, wie es der IS in seinen Kalifaten tat. (Foto: jesusstrikesback.com)

Christopher Cantwell warb im November auf der Webseite seines Podcasts: «Angry Goy II ist der Spiele-Hit der Saison für weiße Männer, die genug vom jüdischen Bullshit haben. Anstatt deinen Frust an echten Menschen auszuleben, kannst du die Bastarde jetzt einfach auf deinem Computer bekämpfen!»

Privilegien und Machtpositionen
Beide Spiele nutzen die Verunsicherung und auch das tiefe Unbehagen, das nicht wenige weiße Cis-Männer verspüren, angesichts der lautstarken Anfeindungen aus linken Gruppierungen über vermeintliche «Privilegien» und «Machtpositionen», die sie abgeben sollten an Frauen* (mit Sternchen) und die Trans*-Community.

Schau über queere Videospiele: «Schade, dass wir die ersten sind»

Erst am letzten Wochenende hat die Zeitung «Die Welt» einen großen Artikel veröffentlicht unter der Überschrift «Alter weißer Mann, was nun?», wo beschrieben wird, wie weiße Männer für linke «Mahner- und Warner*innen» als «gefährliches Auslaufmodell» gelten, das es zu bekämpfen gilt. Was zu entsprechenden Kampfreaktionen in die andere Richtung führt. Von diesen Kämpfen handelt auch – allerdings auf deutlich nuanciertere Weise – das Buch «Freiheit ist keine Metapher: Antisemitismus, Migration, Rassismus, Religionskritik».

Rechtradikale Gamer ballern lieber gleich drauf los –  auf nackte LGBTs, die Regenbogenfahnen schwenken

Wo sich Vojin Saša Vukadinonić und seine Autoren die größte Mühe geben, den Queerfeminismus und «Soziale-Gerechtigkeits-Kämpfer*innen» (wie es bei «Jesus Strikes Back» heißt) kritisch zu hinterfragen und intelligente Antworten suchen, ballern rechtradikale Gamer lieber gleich drauf los – wahlweise auf nackte LGBTs, die Regenbogenfahnen schwenken, sich nicht auf heteronormative Weise kleiden bzw. benehmen oder lila Haare haben.

Auch wenn die Entwickler anonym bleiben, haben sie sich Pseudonyme gegeben, zum Beispiel «Christian Republican» oder «Angry American», aber auch «EU Resistance» («The anguish he feels at the EU suppressing his free speech rights drove him to work on JSB: JD»).

Was darauf hindeutet, dass dieses Phänomen kein rein US-amerikanisches Problem ist.


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