Pro-LGBTIQ-Kandidat Golob siegt in Slowenien über Orbán-Freund
Der Rechtsnationalist Janša hat die Wahl verloren
Dramatische Wahl im kleinen EU-Land Slowenien: Der liberale und LGBTIQ-freundliche Polit-Quereinsteiger Robert Golob entthront den umstrittenen Janez Janša. Gemeinsam feiern konnte der Sieger mit seinen Anhänger*innen aber nicht.
Die neue liberale Partei des Energie-Managers Robert Golob hat die Parlamentswahl in Slowenien gewonnen – und das klarer als erwartet. Der rechtsnationale Ministerpräsident Janez Janša verliert damit nach nur etwas mehr als zwei Jahren sein Amt. Golobs Freiheitsbewegung (GS) kam am Sonntag nach Auszählung von 98 Prozent der abgegebenen Stimmen auf 34 Prozent und 40 der 90 Parlamentsmandate, wie die Staatliche Wahlkommission mitteilte. Janšas Partei SDS brachte 24 Prozent der Wähler*innen hinter sich und errang damit 28 Mandate.
Nur drei weitere Parteien, die konservative Neues Slowenien (NSi, 7 Prozent, 8 Mandate), die Sozialdemokraten (SD, 7 Prozent, 8 Mandate) und die Linkspartei Levica (4 Prozent, 5 Mandate) übersprangen ebenfalls die Vier-Prozent-Hürde, die für den Einzug ins Parlament massgeblich ist. Je ein Parlamentssitz ist Vertretern der italienischen und der ungarischen Minderheit vorbehalten.
Höchste Wahlbeteiligung seit 22 Jahren Mit dieser Mandatsverteilung kann Golob mit den Sozialdemokraten eine Mehrheit bilden. Janša dagegen hat zusammen mit der NSi, seinem traditionellen Koalitionspartner, derweil keine Mehrheit auf seiner Seite. Die Wahlbeteiligung lag bei 68 Prozent – sie war damit höher als bei jeder anderen Wahl in Slowenien seit 22 Jahren.
Die Freiheitsbewegung von Golob hat im Vorfeld der Wahl zu verschiedenen LGBTIQ-Fragen Stellung bezogen. So will man etwa Hassverbrechen bekämpfen. «Slowenien ist der einzige EU-Mitgliedstaat, der keine Aktivitäten im Bereich der Überwachung von Hassverbrechen durchführt, da es keine durch Hass oder Vorurteile motivierten Straftaten ausser gewöhnlichen Verbrechen behandelt», heisst es in der Aussage der Partei. Zudem ist die Freiheitsbewegung Gibanje Svoboda u.a. dafür, Aktivitäten von Nichtregierungsorganisationen zu unterstützen, mit denen sie Kinder sowie pädagogische Fachkräfte über LGBTIQ aufklären und sensibilisieren.
Janša dagegen, ein Freund von Viktor Orbán, hatte sich in Bezug auf das 2021 verabschiedete Gesetz gegen «Homopropaganda» auf die Seite von Ungarns Premier gestellt. Ein Referendum zu dem Gesetz scheiterte zwar (MANNSCHAFT berichtete), doch das Gesetz bleibt wohl in Kraft (MANNSCHAFT berichtete).
Die Menschen vertrauen wirklich darauf, dass wir die einzigen sind, die in der Lage sind, die Hoffnung auf Veränderungen zu erfüllen.
Golob verbrachte den Wahltag aufgrund einer Corona-Ansteckung in häuslicher Isolation in seiner Heimatstadt Nova Gorica. Per Videoschalte wandte sich der 55-Jährige am Abend an seine Anhänger, die in einem Club in der Hauptstadt Ljubljana den Wahlsieg feierten. «Die Menschen vertrauen wirklich darauf, dass wir die einzigen sind, die in der Lage sind, die Hoffnung auf Veränderungen zu erfüllen», sagte Golob. Zunächst werde getanzt, doch am Montag beginne ein neuer Tag und damit die harte Arbeit.
Janša akzeptierte die Wahlniederlage und erklärte, mit seiner Partei als «staatstragende Opposition» auftreten zu wollen. Dem 63 Jahre alten Veteran der slowenischen Politik wird vorgeworfen, die Freiheit der Medien zu unterdrücken und die unabhängige Justiz zu beschädigen.
Er war bereits von 2004 bis 2008 und von 2012 bis 2013 Ministerpräsident. Die Ressourcen der Regierung nutzte er für den Wahlkampf der SDS. Politische Gegner*innen und Journalist*innen greift er immer wieder über den Kurznachrichtendienst Twitter unflätig an. Die von seinen Leuten kontrollierte Polizei überzog friedliche Demonstranten häufig mit juristisch fragwürdigen, empfindlichen Geldstrafen.
Janša, während des kurzen slowenischen Unabhängigkeitskrieg im Sommer 1991 Verteidigungsminister, ist ein enger Verbündeter des rechtsnationalen ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban. Ungarische Geschäftsleute, die von Orbán abhängen, finanzieren seit Jahren Fernsehstationen, Zeitungen und Onlineportale der SDS. Unter Jansa näherte sich das EU-Land Slowenien der «illiberalen» Achse an, die die EU-skeptischen Regierungen in Budapest und Warschau bilden.
Auch in Frankreich am Sonntag wurde gewählt (MANNSCHAFT berichtete): Die Französ*innen haben der Nationalistin und EU-Skeptikerin Marine Le Pen eine Absage erteilt und den Europafreund Emmanuel Macron erneut zu ihrem Präsidenten gewählt.
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