Washington D.C.: Tipps für deinen Trip zur World Pride
Zwischen dem 17. Mai und 8. Juni lockt die World Pride Millionen queere Gäste und Superstar Shakira an
D.C., Maryland und Teile Virginias ergeben zusammen ein besonderes Love Triangle, auch «Capital Region» genannt. Unser Autor hat für dich die besten Adressen ausfindig gemacht.
Es wäre zu schön gewesen: Die US-Hauptstadt feiert unter dem Motto «The Fabric of Freedom» (Der Stoff der Freiheit) World Pride, und die queerfreundliche Präsidentin des Landes führt stolz-strahlend die Parade an und schwenkt dazu die Regenbogenfahne, die sie selbstverständlich richtig herum hält.
Aber: Gewonnen hat die Präsidentschaftswahl bekanntlich nicht Kamala Harris, sondern Donald Trump. Seit er zurück ist im Amt, fährt er gnadenlos LGBTIQ-Rechte und Diversity-Projekte zurück.
Da die World Pride, zu der zwischen dem 17. Mai und 8. Juni rund drei Millionen queere Gäste und Superstar Shakira erwartet werden, in Trumps zweite Amtszeit fällt, dürften die anstehenden Veranstaltungen politischer ausfallen – was an sich nichts Schlechtes sein muss.
Washington-Tourist*innen müssen aber keine allzu grosse Sorge haben, wenn sie im Pub beim Bier in ein politisches Gespräch verwickelt werden, auf Trump-Fans zu stossen. D.C. stimmt traditionell demokratisch – und damit queerfreundlich. Maryland, im Westen befindlicher Bundesstaat, hat lange republikanisch gewählt, bis Trump 2016 das erste Mal antrat – seither ist der Bundestaat demokratisch. Und Virginia stimmt, zumindest bei der Präsidentschaftswahl, seit einigen Jahren demokratisch.
D.C. D.C. ist Schauplatz der World Pride mit etlichen queeren Läden. Guten Kaffee bekommt man in der «ThreeFifty Bakery» – geführt von Jimmy Hopper, der vor 13 Jahren für seinen Mann nach D.C. gezogen ist.
Ein Muss ist der Gay Little Pub, und sei es nur für einen Drink und einen Besuch der Toiletten, denn die sind mit herrlichem Kitsch ausgestattet.
Beide Läden befinden sich unweit der Paradestrecke vom Logan Circle bis zur Pennsylvania Avenue.
Ein touristischer Megahit der Hauptstadt ist die National Mall. In der weitläufigen Parkanlage sind neben dem schwarzen Bürgerrechtler Martin Luther King grosse Präsidenten wie Franklin D. Roosevelt verewigt und – als einzige Frau – seine Gattin Eleonore.
Beeindruckend aktuell lesen sich die Zitate rund um die Statue Jeffersens, dem Haupt-Verfasser der Unabhängigkeitserklärung. Gesetze sollten mit der Entwicklung der Menschheit mithalten, schrieb er vor über 200 Jahren: Wenn neue Wahrheiten entdeckt würden und sich Lebensgewohnheiten änderten, müssten sich die Institutionen anpassen. Wenn das kein Plädoyer für LGBTIQ-Menschenrechte ist.
Für ein spassiges Selfie lohnt es sich, mit der Silver Line zur Metro-Station «Foggy Bottom» zu fahren. Ja, die heisst tatsächlich so und ist benannt nach dem gleichnamigen Viertel mit Kultureinrichtungen wie dem Kennedy Center oder der National Opera.
«New York zu hektisch? Florida zu rechts? In D.C. und Umgebung lässt sich queerfreundlich urlauben.»
Für die MANNSCHAFT unterwegs: Kriss Rudolph
Virginia Der Bundesstaat, benannt nach «Virgin Queen» Elizabeth I. von England, ist auch als «Mother State» bekannt: Hier wurden vier der ersten fünf US-Präsidenten geboren.
Besonders attraktiv ist Alexandria, nur wenige Metrostationen von D.C. entfernt, mit vielen kleinen Kunsthandwerk-Läden und Cafés und einer hübschen Promenade entlang des Potomac. Die lässt sich auch vom Boot aus bewundern, etwa im Rahmen eines Brunch Cruise.
An Bord kann man zum Dank seinen Mimosa erheben auf den Stadtrat, der Alexandria im vergangenen Jahr einstimmig zum sicheren Hafen für LGBTIQ erklärte.
Wer seine Zeit nicht nur in der Stadt verbringen will, kann sich bei einem Ausflug in den Shenandoah National Park erholen oder an den langen Stränden in Virginia Beach.
Washington
Hauptstadt — Washington D.C. Landessprache — Englisch, mancherorts Spanisch Einwohner*innen — rund 680'000 Beste Reisezeit — Von April bis Juni und in der ersten Herbsthälfte, wobei man auch noch im November ein paar wärmende Sonnenstrahlen erwischen kann. Condor fliegt ab dem 1. Mai dreimal pro Woche direkt ab Frankfurt nach Washington-Baltimore. Für individuelle Reisen nach D.C. sind CANUSA und PinkCloud die richtigen Partner.
Einreise — Mit Reisepass plus ESTA-Genehmigung oder gültigem US-Visum. Sicherheit — Laut Safe Cities Index (SCI) ist keine US-Stadt sicherer. Weitere Informationen — washington.org/de
Maryland Hier verfasste einst Francis Scott Key die US-Hymne «The Star-Spangled Banner», die beim Mega-Event Superbowl u.a. schon von Whitney Houston, Cher und Barry Manilow geschmettert wurde.
In der Hauptstadt Baltimore, eine gute Autostunde nordöstlich von D.C., lebt der schwule Filmemacher John Waters. Seine Geburtsstadt diente nicht nur als Kulisse für Filme wie «Pink Flamingo», sondern auch für manche Szene in der Kevin-Spacey-Serie «House of Cards».
Die lesbische Schriftstellerin und Salonlöwin Gertrude Stein hat hier Medizin studiert, bevor es sie nach Paris zog. Nach ihr ist das hervorragende Restaurant «Gertrude’s» im Baltimore Museum of Art benannt. Marylands ältestes Museum (seit 1914) empfängt die Besucher*innen gleich im Foyer mit knallbunten Werken des queeren Künstlers Raúl de Nieves, die unübersehbar von der Drag-Kultur inspiriert sind.
Doug Yeakey und Lance Sovine sind seit über 30 Jahren verheiratet und betreiben in einem ehemaligen Nachtclub Baltimores das knallbunte Geschäft «E.C.Pops»: Dort findet man neben Jocks und Pride-Socken auch Poppers plus Gleitgel, aber vor allem: das leckerste Popcorn weit und breit. Wer das Glück hat, die beiden Chefs persönlich zu treffen, bekommt auch ein paar schlüpfrige Witze oder queere Anekdoten mit auf den Weg.
Eine knappe Autostunde westlich von Baltimore liegt der kleine, aber ausgesprochen queer-bewegte Ort Frederick. Serina Rey war hier einst die erste offen lesbische Polizistin. Heute betreibt sie im Ort ihre eigene Kaffeerösterei «Dublin Roasters» mit angeschlossenem Community-Café und einer Espressomachine, die sie liebevoll Lady Gaga nennt.
Frederick hat auch ein grosses Community-Center, untergebracht in einer ehemaligen Kirche. Über ein Dutzend wöchentliche LGBTIQ-Supportgroups treffen sich hier. Alles mit Rückendeckung des sehr queer-freundlichen Bürgermeisters Michael O’Connor. Doch seit Trumps Wiedereinzug ins Weisse Haus fürchten vor allem einheimische trans Leute, dass sie in den USA keine Zukunft haben, und überlegen auszuwandern.
Naturfreund*innen finden ausserhalb der Stadt am Rande der Blue Ridge Mountains herrliche Wanderwege mit Badesee und Wasserfall. Hinter dichten Bäumen liegt Camp David, wo sich seit jeher US-Präsidenten zurückziehen und erholen. Beobachten kann man sie dabei nicht. Und ob sie uns hören, wenn wir sie rufen – wer weiss.
Insidertipps
Lion Community Café in Richmond Richmond ist nicht nur die Geburtsstadt von Shirley MacLaine und Edgar Allen Poe, sondern vor allem die Hauptstadt von Virginia. Zu den rund 230 000 Einwohner*innen zählen auch Matthew und Nafis Narsinghani.
Sie trafen sich einst über Grindr, heirateten und eröffneten hier im Jahr 2023 das «Lion Community Café» mit tollem vegetarischem Essen mit indischem Twist. Ausserdem finden hier regelmässig Drag-Brunches und Lesungen statt. Die angeschlossene Cocktailbar haben die Männer nach ihrem verstorbenen Hund Duke benannt.
Visionary Museum in Baltimore Hier gibt es viel Queeres zu bestaunen, darunter die drei Meter grosse, rotierende Divine-Statue des Bildhauers Andrew Logan, eine Hommage an den «Hairspray»-Star.
Auch spannend: Jessica Owens-Young, eine queere schwarze Künstlerin, die nach dem Ende ihrer Fussballkarriere zunächst Politikwissenschaft und Gesundheitsmanagement studierte und nebenher ihre Leidenschaft für Malerei, Zeichnen und Collagen entdeckte. Oder der schwule Künstler Adrian Kellard, 1991 an Aids gestorben. Viele Arbeiten des einstigen Ministranten wurden von kirchlichen Holzschnitten inspiriert. – avam.org
Queer Life In den USA konnte man als queerer Mensch lange gut leben. Die Ehe wurde hier für alle vor zehn Jahren durch den Obersten US-Gerichtshof geöffnet. Mit Pete Buttigieg gab es zuletzt einen offen schwulen Verkehrsminister. Doch mit Trumps Rückkehr ins Weisse Haus fällt eine Errungenschaft nach der nächsten, vor allem Trans-Rechte, und ein Ende des Kahlschlags ist nicht abzusehen.
Ob sich die Politik irgendwann auch gegen Pride-Veranstaltungen richtet, lässt sich noch nicht abschätzen. Solange wird gefeiert und demonstriert. Zwei der LGBTIQ-freundlichsten Städte Amerika, D.C. und Baltimore, zelebrieren in dieser Saison ein halbes Jahrhundert Pride. Und dann sind da noch etliche queere Cafés, Bars, Restaurants und Clubs, die selbstverständlich mitfeiern.
«Sexfluencer zu sein, erfordert grosse emotionale Widerstandskraft» – Der 32-jährige Spanier nennt sich selbst einen «bisexuellen Sexfluencer». Er hat sich unter dem Namen Charlie Cherry eine grosse Gefolgschaft aufgebaut und arbeitet für prominente Studios wie Lucas Entertainment, hat aber auch einen eigenen Onlyfans-Kanal, wo er «heisse Videos» und eigene Musik teilt. Im Interview mit MANNSCHAFT spricht er über die Herausforderungen seines Berufs.
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