Neuer Vorstoss zum Verbot von «Konversionstherapien» in Österreich
Kritisiert werden die schädlichen Behandlungen unter anderem von den Vereinten Nationen
Neuer Vorstoss in Richtung eines Verbots von so genannten «Konversionstherapien» im Gleichbehandlungsausschuss. Zudem sollen inter Kinder und Jugendliche künftig vor medizinisch nicht notwendigen geschlechtsanpassenden Eingriffen geschützt werden.
«Die Stadt Wien steht als Regenbogenhauptstadt für Vielfalt und Weltoffenheit. Ich freue mich sehr über den Beschluss des zuständigen Gleichbehandlungsausschusses zum Verbot von sogenannten Umpolungstherapien von LGBTIQ-Personen», so Christoph Wiederkehr (NEOS), der sich für die Initiative einsetzte. «Liebe kennt keine Pole oder sexuelle Orientierung. Und für alle Menschen in Wien soll klar sein: Egal, wen du liebst – Wien liebt dich!»
Gerade im Pride Month sei es ein schönes Zeichen, da LGBTIQ-Themen in den Vordergrund rücken, um auf bestehende Diskriminierungen aufmerksam zu machen. Diskriminierung habe in einer weltoffenen Stadt wie Wien keinen Platz.
«Diese Scheinbehandlungen, die auf die Änderung der sexuellen Orientierung abzielen, sind brandgefährlich. Lesbische, schwule, bisexuelle und queere Jugendliche müssen wissen: Ihr seid gut, so wie ihr seid und wir tun alles, um euch vor diesen traumatisierenden Pseudo-Behandlungen zu schützen», erklärte Ewa Ernst-Dziedzic, Sprecherin der Grünen für LGBTIQ und Menschenrechte. Die Nationalratsabgeordnete hatte mit Nico Marchetti (ÖVP), Mario Lindner (SPÖ) und Yannick Shetty (NEOS) einen entsprechenden Antrag für den Gleichbehandlungsausschuss initiiert, der diese Therapien verbieten soll.
«Homosexualität ist nicht heilbar, Homophobie ist es schon. Gemeinsam werden wir sogenannten Konversionstherapien einen Riegel vorschieben», erklärt die Grüne LGBTIQ-Sprecherin. Ein klares Verbot sei eine langjährige Forderung der LGBTIQ-Community. Kritisiert werden «Konversionstherapien» unter anderem von den Vereinten Nationen, dem Weltärztebund und dem Europäischen Parlament, erklärt Ernst-Dziedzic. In einem 2020 veröffentlichten Bericht bezeichnete Victor Madrigal-Borloz, der Unabhängige Experte der Vereinten Nationen für Gewalt und Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität, Konversionstherapien als «erniedrigend, inhuman und grausam» (MANNSCHAFT berichtete).
Es freue sie, dass der Koalitionspartner ÖVP zu einem klaren Bekenntnis für den Schutz von homo- und bisexuellen Jugendlichen bewegt werden konnte. «In unserem gemeinsamen Antrag gehen wir weiter als bisherige Anträge der Opposition: Wir wollen nicht nur die Durchführung der Konversionstherapien verbieten, sondern auch deren Bewerbung und die Zuführung zu derartigen Behandlungen. Nur so stellen wir einen wirkungsvollen Schutz von queeren Jugendlichen sicher. Nicht weniger ist unsere Aufgabe», betont Ernst-Dziedzic.
Josef Lindner, Obmann der HOSI Salzburg, erklärte: «Pseudo-Therapien und Behandlungen, die darauf abzielen, die sexuelle Orientierung oder die Geschlechtsidentität zu verändern, richten massiven Schaden an und sind aufs Schärfste zurückzuweisen. Gerade junge Menschen müssen vor diesen schädlichen Praktiken geschützt werden.» Die Menschenrechtsinitiative begrüsse daher den neuerlichen Vorstoss in Richtung eines Verbots.
Österreich befindet sich bei LGBTIQ-Rechten im Ländervergleich lediglich im europäischen Mittelfeld
«Man stelle sich die Absurdität einer Therapie für Heterosexuelle vor – eine ‚Umpolung‘ der sexuellen Orientierung auf das selbe Geschlecht. Wie kann auch nur einen Augenblick geglaubt werden, dass dies einerseits überhaupt möglich ist und andererseits ohne schwerwiegende psychische Folgen ‚gelingen‘ könnte?» ergänzt Gabriele Rothuber, Obfrau der HOSI Salzburg.
«Österreich befindet sich bei LGBTIQ-Rechten im Ländervergleich lediglich im europäischen Mittelfeld», sagt Rothuber und verweist auf die ILGA Europe Rainbow Map, die jährlich vom Europäischen Dachverband ILGA Europe erstellt wird. «Wir müssen uns hier deutlich verbessern, wenn wir zu den Spitzenreiter*innen in der Europäischen Union werden wollen. Ein gesetzliches Verbot von Konversionstherapien wäre ein notwendiger und konsequenter Schritt.»
Zudem sollen inter Kinder und Jugendliche künftig vor medizinisch nicht notwendigen geschlechtsanpassenden Eingriffen geschützt werden. Inter Menschen erleben noch immer Diskriminierung bei der Arbeit, zeigt eine aktuelle Studie (MANNSCHAFT berichtete).
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