Neue WDR-App zeigt Schicksale hinter Stolpersteinen in NRW
Zu finden sind sie etwa vor früheren Wohnhäusern oder Geschäften von Jüd*innen oder von Schwulen
Rund 15 000 Schicksale, eingelassen im Boden: Eine neue App des WDR bereitet die Geschichten hinter den Stolpersteinen in Nordrhein-Westfalen auf.
Mit dem Smartphone sollen die Lebens- und Leidenswege der Menschen erlebbar werden, an die auf vielen Strassen mit den Messingtafeln erinnert wird. Am Freitag war die App für Apple-Geräte bereits abrufbar, für Android sollte sie bald folgen. Zudem ging die Website stolpersteine.wdr.de online, über die man ebenfalls zu den Steinen recherchieren kann.
Bei den Stolpersteinen handelt es sich um ein Projekt des Künstlers Gunter Demnig. Jeder Stein erinnert an einen Menschen, der von der NS-Diktatur verfolgt, ermordet oder in den Suizid getrieben wurde. Dazu werden kleine Messingtafeln in den Boden eingelassen. Zu finden sind sie etwa vor früheren Wohnhäusern oder Geschäften von Jüd*innen oder von Homosexuellen. Deren Schicksale werden recherchiert von Jürgen Wenke (MANNSCHAFT+).
Das WDR-Projekt soll nach Angaben des Senders alle rund 15 000 Stolpersteine in NRW auffindbar machen, die es mittlerweile gibt. Es richtet sich auch stark an jüngeres Publikum.
Mit der App lässt sich direkt zu jedem Stein, vor dem man steht, die dahinter verborgene Geschichte erfahren. Gezeigt werden biografische Texte, aber auch Hörspiele und historische Fotos. Illustrator*innen der Kunsthochschule Kassel verfassten zudem 200 gezeichnete Kurzgeschichten, die sich mit den Geschichten der NS-Opfer auseinandersetzen. An einigen Orten verschmelzen digitale Inhalte auf dem Bildschirm auch mit der realen Umgebung – die Technik nennt sich Augmented Reality. Nutzer*innen können etwa zum Gedenken virtuelle Kerzen an den Steinen entzünden.
Es sei berührend, wenn man mehr als nur den Namen und Eckdaten auf einem Stolperstein erfahre, sondern die Person wirklich nahe gebracht bekomme, sagte WDR-Intendant Tom Buhrow. «Das ist eine ganz andere Intensität», sagte er. Er selbst habe sich unter anderem einen Stolperstein in seiner Heimatstadt Siegburg genauer angeschaut.
Der WDR hatte Anfang 2020 Städte und Gemeinden kontaktiert, in denen Stolpersteine liegen. Gemeinsam mit Expert*innen, mit Initiativen und Aktionsbündnissen wurden dann Archive durchforstet, historische Dokumente gesichtet, Berichte von Überlebenden ausgewertet und Quellen abgeglichen.
In Velbert wurde letztes Jahr ein Stolperstein nach einer Beschädigung erneuert. Julius Schmidt wurde im KZ Buchenwald ermordet, weil er schwul war (MANNSCHAFT berichtete).
Das könnte dich auch interessieren
HIV, Aids & STI
«Die sexuelle Gesundheit unserer Community steht auf dem Spiel»
Am Dienstag setzten Vertreter*innen von 48 Organisationen ein Zeichen gegen die geplanten Kürzungen bei der Prävention im Bereich der sexuellen Gesundheit. Vor Ort war auch Andreas Lehner, Geschäftsleiter der Aids-Hilfe Schweiz.
Von Greg Zwygart
Politik
Schweiz
Gesundheit
Musik
Unterhaltung per Dekret: Russlands Anti-Eurovision «ohne Perversion»
Schon vier Mal hat Russland wegen seines Kriegs gegen die Ukraine nicht beim Eurovision Song Contest mitsingen dürfen. Nun muss eine Konkurrenzveranstaltung her - mit interessanter Gästeliste.
Von Newsdesk/©DPA
Unterhaltung
Queerfeindlichkeit
Eurovision Song Contest
Grossbritannien
Barleute als «Gender-Polizei»? Widerstand gegen britisches Anti-trans-Gesetz
Die britische Menschenrechtskommission EHRC steht massiv in der Kritik: Ein neuer Code of Practice könnte trans Menschen aus geschlechtsspezifischen Räumen ausschliessen. Hunderte Unternehmen warnen vor Diskriminierung und Konflikten im Alltag.
Von Newsdesk Staff
Queerfeindlichkeit
TIN
Politik
Buch
Warum verehrte eine lesbische Frau Adolf Hitler?
Wie kann sich eine lesbische Frau mit Hitler und den Nazis identifizieren? Mit dieser Frage beschäftigt sich eine lesenswerte Biografie über Stephanie Hollenstein, Hitlers queere Künstlerin.
Von Christian Höller
Lesbisch
Geschichte
Österreich
Kultur