Neonazi Liebich tritt Haft nicht an – Kritik an Behörden

Der Fall wirft auch in der Landespolitik Fragen auf

ARCHIV - 11.07.2025, Sachsen, Leipzig: Marla-Svenja Liebich, bekannte Rechtsextremistin, sitzt in einem Saal des Landgerichts. Anlass war ein Berufungsverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung. (zu dpa: «Rechtsextremistin Liebich beschäftigt weiter die Justiz») Foto: Sebastian Willnow/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Marla-Svenja Liebich (Bild: Sebastian Willnow/dpa)

Die Rechtsextremistin Marla Svenja Liebich hat ihre Gefängnisstrafe in der JVA Chemnitz nicht angetreten. Wo ist sie jetzt? Die Fahndung läuft – und es gibt Kritik am Vorgehen der Behörden.

Polizei und Staatsanwaltschaft fahnden weiter nach der verurteilten Rechtsextremistin Marla Svenja Liebich, die ihre Haft in der JVA Chemnitz nicht angetreten hat. Derzeit gebe es einen Vollstreckungshaftbefehl, der für das Bundesgebiet gelte, teilte die Staatsanwaltschaft Halle auf Anfrage mit. Auf der Plattform X wurde über einen Account unter Liebichs Namen unter anderem ein Beitrag verbreitet, in dem es heisst, Liebich halte sich in Russland auf. Laut Staatsanwaltschaft handelt es sich dabei um reine Spekulation. Genaue Angaben zur Fahndung könnten aus ermittlungstaktischen Gründen nicht gemacht werden.

Liebich war im Juli 2023 – damals noch als Sven Liebich – vom Amtsgericht Halle wegen Volksverhetzung, übler Nachrede und Beleidigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten ohne Bewährung verurteilt worden. Die Berufung dagegen scheiterte, ebenso wie später die Revision. Die Rechtsextremistin sollte ihre Haft nun im Frauengefängnis in Chemnitz antreten.

Der Fall Liebich hatte die Debatte über das neue Selbstbestimmungsgesetz zuletzt wieder angefacht. Mit dem im November 2024 in Kraft getretenen Gesetz, das das frühere Transsexuellengesetz ablöste, wurden Änderungen des Geschlechtseintrags und des Vornamens deutlich erleichtert. Seit Anfang des Jahres gilt Liebich offiziell als Frau und trägt den Namen Marla-Svenja (MANNSCHAFT berichtete).

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt warf Liebich einen Missbrauch der neuen Regelungen vor und forderte Änderungen am Gesetz. «Der Fall Liebich zeigt, wie simpel das Selbstbestimmungsgesetz missbraucht werden kann, um Öffentlichkeit, Justiz und Politik auf der Nase rumzutanzen», sagte der CSU-Politiker der Bild am Sonntag. Eine Debatte sei nötig, «wie dem offensichtlichen Missbrauch des Geschlechterwechsels ein Riegel vorgeschoben werden kann».

Auch die Autorin der «Harry Potter»-Bücher, J.K. Rowling, die als scharfe Kritikerin in der Debatte um Transgender-Rechte gilt (MANNSCHAFT berichtete), äusserte sich zuletzt auf der Plattform X zu Liebich.

Der Fall wirft inzwischen auch in der Landespolitik von Sachsen-Anhalt Fragen auf. Die Landtagsabgeordnete Henriette Quade (fraktionslos), die Mitglied im Innenausschuss ist, kritisierte das Vorgehen der Justiz. «Diverse Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden beschäftigen sich seit Jahren mit Liebich und liessen sich dabei immer wieder auch an der Nase herumführen.» Es sei schlicht nicht nachvollziehbar, wie all diese Behörden nicht hätten erkennen können, dass sich Liebich der Haft entziehen würde.

Liebich ist seit Jahrzehnten in der extremen Rechten in Sachsen-Anhalt und darüber hinaus aktiv. 2002 wurde Liebich erstmals in einem Bericht des Verfassungsschutzes des Landes Sachsen-Anhalt namentlich geführt. «Das Justizministerium muss nun dem Landtag wie auch der Öffentlichkeit erklären, wie sich eine Person aus der Neonaziszene, die im Mittelpunkt einer öffentlichen Kontroverse steht, einfach so der Haft entziehen kann», sagte die Landtagsabgeordnete Quade.

Oberstaatsanwalt Dennis Cernota erklärte auf Anfrage, sollte Liebich gefunden werden, könne sie auf Grundlage des Haftbefehls von der Polizei festgenommen und in die JVA gebracht werden. Dass Liebich ihre Haft nicht pünktlich angetreten hat, führe in der Regel auch dazu, dass ihr das Absitzen der Freiheitsstrafe nicht erleichtert wird – etwa durch eine Unterbringung im offenen Vollzug.

Das Selbstbestimmungsgesetz richtet sich laut Familien- und Justizministerium an trans, inter und nicht-binäre Menschen. Kritik am Gesetz kommt vor allem immer wieder von der Union und der AfD (MANNSCHAFT berichtete).

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