Nassers Kampf gegen Homophobie kommt auf die Bühne
Das Berliner Jugendtheater Grips erzählt die Geschichte des jungen Mannes, der 2015 vom Bündnis gegen Homophobie mit dem Respektpreis ausgezeichnet wurde.
Seine Geschichte ist über die Grenzen von Berlin hinaus bekannt: Nasser war 15, als er sich outete. Gezwungenermaßen: Ein harmloses Foto, aufgenommen bei einer schwulen Party, machte bei Facebook die Runde. Für seine muslimische Familie, die aus dem Libanon nach Deutschland gekommen war, eine Riesenschande. Ein Onkel habe ihn mit Benzin übergossen, so Nasser, die Eltern peitschten ihn aus, verbrühten ihn mit kochendem Wasser. Zu Hause im Libanon, erklärte man ihm, warte ein Mädchen auf ihn, das er heiraten werde.
Entführungsversuch vereitelt
Der Junge rannte weg, um Schutz beim Berliner Jugendamt zu suchen. Das Amt übernahm die Pflegschaft. Doch dann wurde er von seiner Mutter nach Hause gelockt. Auch sein Vater war anwesend. Sie boten ihm etwas zu trinken an, das ihn müde machte. Erst im Auto kam er wieder zu sich. Da war er schon unterwegs Richtung Libanon. An der rumänisch-bulgarischen Grenze wurde der Wagen gestoppt.
Ziemlich genau zwei Jahre ist es her, dass sein Vater und zwei seiner Onkel wegen Freiheitsberaubung und der Entziehung Minderjähriger vor Gericht standen, Nasser trat als Nebenkläger auf. Seine Verwandten wurden damals zu 90 Tagessätze zu je 15 Euro (1350 Euro) verurteilt.
Nun erzählt das Grips Podewil mit „NASSER #7Leben“ seine Geschichte. Die Autorin Susanne Lipp hat auf Grundlage von Nassers Berichten ein spannendes, aber auch unterhaltsames Theaterstück geschrieben, Regie führt Maria Lilith-Umbach. In der Grips-Version ist der junge Mann, der in Berlin Demonstrationen gegen Homohass veranstaltet hat und 2015 vom Bündnis gegen Homophobie mit dem „Respektpreis“ ausgezeichnet wurde, ein YouTuber (sehr sympathisch gespielt von David Brizzi). Videoeinspielungen im Stück zeigen, dass er mit seiner Geschichte und dem Kampf gegen Unterdrückung vielen Menschen Mut gemacht hat, nicht nur Muslimen.
[perfectpullquote align=“full“ cite=““ link=““ color=““ class=““ size=““]Ich liebe meine Eltern bis heute.[/perfectpullquote] Zwar verfolgt das „emanzipatorische Kinder- und Jugendtheater“ (Eigenbeschreibung) Grips eine pädogogische, gesellschaftskritische Linie, oder um es weniger verkopft auszudrücken: Es gilt als „Mutmachtheater“. Doch über die Spieldauer einer guten Stunde gibt es auch immer etwas zu lachen. Das Drama entfaltet sich im Laufe der Geschichte.
Die Zahl 7 im Titel steht für den wiederholten Verlust der Mutter, beginnend mit der Geburt und der Durchtrennung der Nabelschnur, bis hin zu den Unwahrheiten, die sie ihm erzählt, um ihn immer wieder nach Hause zu locken, sowie einer späteren Zufallsbegegnung, bei der sie ihn als „Missgeburt“ bezeichnet. Erstaunlich, dass dieser Junge, der heute 20 ist, sagt, er habe immer noch Hoffnung, dass sie auf ihn zukommen und ihren Fehler zugeben. „Ich liebe meine Eltern bis heute.“ Sein Vertrauen haben sie mehrfach missbraucht, aber er schließt nicht aus, dass man es wiederherstellen kann. Das brauche natürlich Zeit. Er wisse aus „sicherer Quelle“, dass seine Eltern von dem Theaterstück erfahren haben, sie hätten sich auch den Video-Teaser angesehen. Sollten sie sich das Stück anschauen, so glaubt er, würde es ihnen sicher gefallen. Vielleicht hilft es ihnen sogar zu verstehen, was sie falsch gemacht haben. „Die Hoffnung stirbt zuletzt“, sagt Nasser.
„Nasser #7 Leben“ wird empfohlen für Menschen ab 13
Uraufführung: 14. März 2017
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