Mobbingfall gegen schwulen Lehrer: Hat die Senatorin versagt?
Kritik von den Grünen
Zum Fall des schwulen Lehrers, der an einer Berliner Grundschule gemobbt wurde, äussert sich der schulpolitische Sprecher der Grünen und wirft der zuständigen Senatorin Versagen vor. Zudem werden neue Vorwürfe bekannt.
Der Grünen-Politiker Louis Krüger erklärt in einer Pressemitteilung: «Ein queerer Lehrer wurde in Berlin monatelang gemobbt und bedroht – und von der Schulleitung, der Schulaufsicht und der Bildungsverwaltung alleine gelassen.»
Er erwarte von Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) Klarheit, warum sie trotz Kenntnis einen Lehrer im Stich gelassen habe. «Wir erwarten, dass sie am Donnerstag im Bildungsausschuss umfassend Rede und Antwort steht. Wer Verantwortung trägt, darf sich nicht wegducken.»
Die internen Beschwerdestrukturen hätten versagt, so Krüger. Deshalb fordert seine Partei eine unabhängige Beschwerdestelle für Schüler*innen, Eltern und Beschäftigte. «Als weitere Konsequenz müssen Programme gegen Diskriminierung im Bildungsbereich im nächsten Haushalt wieder ausgebaut werden, nachdem sie in den vergangenen Jahren gekürzt wurden.» Das Ergebnis der Sparpolitik sei für alle sichtbar geworden.
«Queere Lehrkräfte brauchen Schutz, nicht Schweigen. Wir stehen an der Seite von Oziel Inácio-Stech – und an der Seite aller, die sich für Respekt, Vielfalt und ein diskriminierungsfreies Bildungssystem einsetzen.»
Die SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus fordert vollständige Aufklärung in der Diskussion um Mobbingvorwürfe an der Carl-Bolle-Grundschule in Berlin-Moabit. Laut der Süddeutschen gab es aber noch weitere Berichte von Lehrkräften, die sich über massive Probleme an der Schule beschwert haben. «Wir haben da schon einige Fragen», sagte der Bildungsexperte der Fraktion, Marcel Hopp, der Deutschen Presse-Agentur. «Vor allem die: Wer fühlt sich hier eigentlich verantwortlich in so einem Fall?»
Wenn Lehrkräfte gemobbt würden und entsprechende Vorfälle nach oben meldeten, könnten sie erwarten, dass man sich schützend vor sie stelle. «Und das ist hier nicht passiert», kritisierte der Abgeordnete. «Und deshalb sehe ich hier schon ein systematisches Problem, das wir unbedingt angehen müssen.»
Die Süddeutsche beruft sich auf mehrere Lehrkräfte, die an der Schule tätig sind oder waren und unter anderem respektloses und diskriminierendes Verhalten von Schülern erlebt haben, ohne dass das Konsequenzen gehabt habe. Eine Lehrerin warf den Berliner Behörden «komplettes Systemversagen» vor. Schon 2018 hätten Lehrkräfte in einem Brief an das Schulamt über Gewalt, Diskriminierungen und Mobbing informiert. Es sei aber nichts unternommen worden.
Eine andere Lehrerin sagte der Zeitung, vor einer Sportunterrichtstunde habe ein Schüler ihr erzählt, ein Mitschüler wolle ihn mit einem Messer abstechen. Sie sei zu diesem Schüler gegangen, habe dessen Messer konfisziert und den Vorfall der Schulleitung gemeldet. Es sei aber auch in diesem Fall nichts unternommen worden. Die Schulleitung und die Bildungsverwaltung reagierten auf dpa-Anfrage zunächst nicht.
Seit Wochen ist die Carl-Bolle-Grundschule vor allem darum in den Negativschlagzeilen, weil dort ein Lehrer monatelang wegen seiner Homosexualität gemobbt worden sein soll. Die Schule reagiert mittlerweile auf die Situation. Nach Angaben des Queerbeauftragten des Landes, Alfonso Pantisano, wolle sie sich queeren Bildungsprojekten öffnen.
An der Carl-Bolle-Grundschule soll ein Lehrer nach eigenen Angaben von Schülern aus muslimischen Familien monatelang beschimpft, beleidigt und gemobbt worden sein – weil er schwul ist. Er beklagt auch Mobbing und falsche Vorwürfe durch eine Kollegin, die sogar in eine Anzeige gegen ihn mündeten. Schulleitung und Schulaufsicht hätten ihn nicht geschützt, obwohl er dort wiederholt um Hilfe gebeten habe. Seit über drei Monaten ist der Lehrer krankgeschrieben.
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