MiA. tanzt «Limbo» – mit Übermut und Verstand

Das Interview zum Nachlesen und Anhören im Podcast «Rederei Rudolph»

Die Berliner Band MiA. meldet sich mit neuem Album zurück – Ende der Woche erscheint «Limbo». Wir sprachen über Optimismus, Hate Speech und ihre Auftritte beim CSD (noch bevor die WHO von einer «Pandemie» in Bezug auf das Coronavirus sprach und die Einschränkungen für Veranstaltungen und Konzerte begannen).

Im Pressetext zu Eurem Album heisst es: «Es gibt anstrengende Optimisten und anstrengende Zweifler in der Band – das macht den Limbo zwischen Übermut und Verstand aus.» Wer ist hier im Team Zweifel und wer im Team Optimist? Mieze (hebt die Hand): Ich bin die Optimistin. Gunnar: Andy ist Team Mieze, Robert ist Sternzeichen Waage und eher ausgeglichen, und ich bin der Zweifler.

Mieze: Und ausgerechnet der Zweifler der Band hatte die Idee zum Song «Limbo». In dem es ja um Optimismus geht. Als ganz bewusste Haltung zum Leben in einer Zeit, in der man durchaus als mutig gelten kann, wenn man optimistisch ist. Das hat uns alle auch gepackt, als Gunnar dieses Thema angebracht hat.

Warum ist es gerade schwierig, optimistisch zu sein? Andy: Naja, wenn man sich die politische Situation anschaut hierzulande, die ja leider auch nur eine Spiegelung der weltpolitischen Lage ist, dann muss man fast Optimist sein, um nicht den Glauben zu verlieren – daran, dass man aus Erfahrungen und Geschichte lernen sollte und es eigentlich immer nur Upgrades geben kann. Plus die Klimadebatte. Das ist ja auch ein hausgemachtes Problem, vor dem schon vor 50 Jahren gewarnt wurde. Und irgendjemand muss mal anfangen, diese Karre aus der Scheisse zu ziehen. Dafür brauchst du Kraft. Du musst auch glauben, dass es geht. Leider ist es oft so: Wenn man vermeintlich naiv sagt: Wir müssen dran glauben!, und jemand, der es vielleicht ähnlich sieht, sagt dann: Ja, aber ist das nicht ein bisschen naiv?! Dann ist der Funke schnell verbrannt. Und das ist schade!

Zurich Pride 2020 wird verschoben

Gunnar: Was mich verunsichert und betrübt und mir Angst macht, ist diese Verschiebung von Diskussionen. Diese menschenverachtenden Dinge, die man überall hört – vermutlich waren sie schon immer da. Aber jetzt gibt es Leute, die sich trauen, das laut auszusprechen, und das finde ich krass. Wir können über vieles diskutieren, aber wenn du nicht begriffen hast, dass ich keine Unterschiede mache bei Menschen aufgrund von Sexualität, Herkunft oder Religion .. dann will ich nicht mit dir reden, weil du was ganz Entscheidendes nicht verstanden hast.

Nehmen wir «Sea Watch»: Es geht hier nicht um Obergrenzen oder Zumutbarkeit, es geht hier um ein Mindestmass an Menschenwürde. Punkt! Über sowas will ich nicht diskutieren. Bei allem Verständnis für alle möglichen Mindsets, muss ich klar machen, worüber ich nicht diskutiere.

Hass ist keine Meinung – meinst du das? Gunnar: Richtig.

Reden wir wieder über die Liebe: 2004 nahm MIA. beim deutschen ESC-Vorentscheid teil und spätestens seitdem habt Ihr auch viele schwule und lesbische Fans. Gunnar: Klar, sie schreiben uns E-Mails, bitten uns, auf ihren Hochzeiten zu spielen, bei Heiratsanträgen dabei zu sein. Das sind Leute, die uns schon länger auf dem Zettel haben und denen wir was bedeuten. Mieze: Und seit Jahren spielen wir auf den verschiedensten CSDs. Ich bin sehr sehr dankbar dafür.

Foto: Anna.k.o
Foto: Anna.k.o

Habt Ihr 2020 mit dem ganzen „Limbo»-Trubel überhaupt Zeit für CSD-Auftritte? Mieze: Der CSD Stuttgart ist schon fest eingeplant! (ob dieses Jahr Pride und CSDs auch wirklich stattfinden, steht derzeit noch nicht fest – MANNSCHAFT berichtete). Legendär war übrigens der abgesagte CSD in Berlin 2018…

wegen der Sturmwarnung .. Mieze: Der musste nach der Parade die ganze Veranstaltung abgesagt werden. Wir waren aber da, mit unserem Tourbus und dem Equipment und wollten das nicht so stehen lassen. Es waren auch noch so viele freiwillige Helfer vor Ort, die abwarteten, was passiert. Da haben wir dann ein illegales Konzert unterm Brandenburger Tor gegeben – das hat sich bei mir total eingebrannt. Und damals haben wir mit Handschlag vereinbart: Wir kommen nächstes Jahr wieder! Und es hat geklappt.

Umfrage: Wie sieht dein Alltag mit Corona aus?

Ihr habt vor 23 Jahren als Schülerband angefangen. Heute seid Ihr alle Eltern, Eure Kinder gehen in die Schule. Dadurch erlebt man das ja alles nochmal mit. Ist Schule immer noch scheisse – oder war das für Euch damals gar nicht so? Andy: Wenn es Zensuren gab, fand ich es doof, aber Schule an sich fand ich gut. Und meiner Tochter geht es ähnlich. Die hat da Bock drauf. Mieze: Andy und ich haben uns ja in der Schule kennengelernt, die Abiturphase war sicherlich mit die härteste Phase, aber auch mit die schönste. Da haben sich eine Clique und Freundschaften entwickelt, die seitdem bestehen. Ich habe am häufigsten von allen die Schule gewechselt, aus verschiedenen Gründen – und war ganz oft die Neue. Für mich war es interessant zu sehen: Wie funktionieren Gruppen? Das hat mich begleitet. Ich habe aber auch Mobbing erlebt. Das sind Dinge, die prägen einen fürs Leben …

Das ausführliche Interview mit MiA. erscheint im April-Heft der MANNSCHAFT (Deutschland). Hier geht es zum Abo Deutschland und hier zum Abo Schweiz. 

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