«Konsequent gegen Clankriminalität, Antisemitismus, Homophobie vorzugehen, ist links»
Michael Roth zum Fall Hikel und der Frage: Was soll die SPD ausmachen?
Bei einer Delegiertenkonferenz wurde Martin Hikel für seine Nominierung zur Berlin-Wahl 2026 abgestraft. Ein schwaches Ergebnis, darum gab der SPD-Politiker seinen Rückzug als Kandidat bekannt. Der offen schwule Ex-Abgeordnete Michael Roth meldet sich zu Wort.
Der Bürgermeister von Berlin-Neukölln, Martin Hikel, tritt nicht wieder zur Wahl an, weil er in der SPD zu wenig Rückhalt für sich und seine Ziele sieht. Er war im März 2018 zum Bezirksbürgermeister gewählt worden – als Nachfolger von Franziska Giffey (SPD), die damals als Familienministerin ins Bundeskabinett Merkel gewechselt war. Ein weiteres Mal wird er nicht antreten. Bei seiner Nominierung zum Spitzenkandidaten hatte er nur 68,5 Prozent der Stimmen erreicht.
Aus Sicht vieler Berliner Genoss*innen geht der Neuköllner Noch-Bürgermeister zu hart gegen Clans vor und übt zu deutlich Kritik an Islamisten. Oft war der SPD-Mann auch persönlich bei Razzien zu sehen. Zugleich hatte er sich immer wieder besorgt gezeigt über Gewalt gegen LGBTIQ und judenfeindliche Angriffe (MANNSCHAFT berichtete).
«Teile der SPD zeichnen ein Zerrbild der Sozialdemokratie», sagt nun Roth, langjähriger Staatssekretär und Chef des Auswärtigen Ausschusses, und stellt sich hinter Hikel. «Sie definieren kaltschnäuzig um, was Sozialdemokratie im Kern ausmacht.»
«Gewalt bestimmter Gruppen zu verharmlosen, ist Scheisse.»
Michael Roth, SPD
Roth, der zur Bundestagswahl im Februar nicht mehr angetreten war (MANNSCHAFT berichtete), macht klar: «Konsequent gegen Clankriminalität, Drogenhandel, Antisemitismus, Homophobie, Catcalling, No-Go-Areas vorzugehen, ist LINKS», schrieb er bei X. «Für Sicherheit und Freiheit unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Postleitzahl und Identität entschlossen einzustehen ist LINKS.» Über den Umgang in Teilen der SPD mit Ausländer-Clankriminalität sagt Roth: «Gewalt bestimmter Gruppen zu verharmlosen, ist Scheisse.»
Hikel, der auch Berliner Landeschef der SPD ist, gilt als pragmatisch, sprach schon früh kritisch über die Kriminalität arabischstämmiger Clans in seinem Bezirk oder warb für mehr Sauberkeit. Er benannte auch Probleme durch Antisemitismus.
Laut einem Bericht des Tagesspiegel hatten Jusos und Parteilinke, die in der Neuköllner SPD eine starke Rolle spielen, Hikel bei der Versammlung deutlich kritisiert. Demnach warfen sie ihm vor, zu häufig medienwirksam bei Verbundeinsätzen der Behörden mit der Polizei gegen kriminelle Clanstrukturen aufzutreten. Auch würde er den Begriff «antimuslimischer Rassismus» nicht benutzen und zu wenig mit der Partei kommunizieren.
Der Umgang mit Hikel «kostet sehr viel Vertrauen», kritisiert Roth. Viele Bürger*innen «fühlen sich in ihren schlimmsten Vorurteilen gegenüber Parteien bestätigt», so Roth. «Das ist keine Klatsche gegenüber einem erfolgreichen Kommunalpolitiker, sondern ein Armutszeugnis für die SPD. So etwas tut weh», so Roth, der vor ein paar Jahren versucht hatte, Bundeschef der SPD zu werden.
Auf «Wainwright Does Weill» interpretiert Rufus Wainwright den deutschen Komponisten provokant lüstern, frivol und queer. Ist das Blasphemie, Koketterie oder interpretatorische Freiheit? (zum MANNSCHAFT-Interview)