Das war der MANNSCHAFT-Talk zu 50 Jahre Stonewall

Kriss Rudolph sprach am Sonntagabend im BKA-Theater mit Dirk Behrendt, Anastasia Biefang, Sigrid Grajek und Rosa von Praunheim

Zum 2. Mal fand am Sonntagabend im Berliner BKA-Theater der MANNSCHAFT-Talk statt. Thema diesmal: 50 Jahre Stonewall – brauchen wir einen neuen Aufstand?

2019 jähren sich die Stonewall Riots, die als Meilenstein der LGBTIQ-Bewegung gelten, zum 50. Mal. Ein wichtiges Jahr für die Community und es lässt uns hinterfragen, was erreicht wurde und was noch getan werden muss. Die jüngsten Entwicklungen in Brunei und Brasilien setzen die LGBTIQ-Community stark unter Druck, aber auch europäische Länder wie Polen und Ungarn machen ihren queeren Bürger*innen das Leben schwer.

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Am Sonntagabend hatte Moderator und Chefredakteur Kriss Rudolph sich vier Gäste zum 2. MANNSCHAFT-Talk eingeladen: Dirk Behrendt (Berlins Senator für Justiz und Antidiskriminierung), Anastasia Biefang (erste trans Befehlshaberin der Bundeswehr), Sigrid Grajek (Kabarettistin & Aktivistin) und Rosa von Praunheim (Filmemacher).

Praunheim war 26, als sich die LGBTIQ-Community in New York zum ersten Mal gegen die Polizei wehrte. Davon bekam man in Deutschland erstmal nicht viel mit. Ohnehin: «Für uns in Deutschland war es im Jahr 1969 wichtig, dass Paragraf 175 reformiert worden war„, erzählte der Filmemacher am Sonntagabend auf dem Podium des 2. MANNSCHAFT Talk im Berliner BKA-Theater. Fast 100 Jahre lang, von 1872 bis 1969, hatte Sex unter Männern in Deutschland unter Strafe gestanden.

Nach der historischen Reform bekam der junge Filmemacher daraufhin von der Bavaria den Auftrag, den Film zu machen, der später die Initialzündung für die westdeutsche Schwulenbewegung sein sollte: «Nicht der Homosexuelle ist pervers …» Von Praunheim filmte 1971 den 2. Christopher Street Day in New York, interviewte Augenzeug*innen der Stonewall Riots wie auch aktive Teilnehmer*innen die Draq Queen Marsha P. Johnson.

Die Bewegung, so von Praunheim, sei in den ersten Jahren sehr links gewesen. Das habe sich aber bald ins Bürgerliche gekehrt, auch in den USA. «Wir wollten keine Anpassung an die bürgerliche Gesellschaft, auch nicht die Ehe kopieren», so der 76-jährige Filmemacher am Sonntagabend.

Foto: MANNSCHAFT
Foto: MANNSCHAFT

Für andere gehört die Eheöffnung als Teil der Emanzipation von Schwulen und Lesben dazu und wurde nach vielen kleinen Schritten der Gleichberechtigung durch die Stonewall Riots ermöglicht. Vieles wurde in Deutschland seither erreicht. Vieles ist noch zu tun. So liegt zwar eine Reform des Transsexuellengesetz auf dem Tisch, das jedoch immer noch eine Gutachten-Pflicht vorsieht.

Selbst mein 88-jähriger Vater kapiert das

«Ich meine, im Jahr 2019 muss es ausreichen, dass ich zum Standesamt gehe und meinen Namen ändere. Wir leben ja nicht mehr im Mittelalter, wo der Gutsherr Hochzeiten genehmigt. Selbst mein 88-jähriger Vater kapiert das», erklärte Tessa Ganserer jüngst gegenüber der Bunten, die erste trans Abgeordnete in einem deutschen Landtag, in Bayern. Die erste trans Kommandeurin der Bundeswehr Anastasia Biefang sass am Sonntag neben Rosa auf dem Talk-Sofa und erzählte von ihrer Transition. Von den Gutachten, die sich ebenfalls vorlegen und selber bezahlten musste. Und von der Schwanz-ab-Party, die ihre Frau Samanta vor der entscheidenden Operation für sie ausrichtete. Zu sehen ist diese unterhaltsame Szene in der Doku «Ich bin Anastasia», die voraussichtlich im Herbst in die Kinos kommt.

Sigrid Grajek, die im BKA-Theater regelmäßig ihr Claire-Waldoff-Programm spielt, sass nun als Talkgast mit in der Runde. 2018 war die Kabarettistin und Aktivistin nominiert für Preis für lesbische Sichtbarkeit – im kommenden Jahr soll er wieder vergeben werden. Grajek wies daraufhin, dass in vielen kleinen Städten in Deutschland immer noch eine Menge zu tun sei, auch in Sachen Sichtbarkeit. In ihrer Heimatstadt in Westfalen sollte sich vor kurzem eine Lesbengruppe formieren. Grajeks Mutter fragte irgendwann nach, ob diese Gruppe zustande gekommen sei, schliesslich sei ihre Tochter 1980 aus der Stadt geflohen, weil sie dort als lesbische Frau nicht leben konnte. Sie erfuhr, dass die geplante Lesbengruppe nicht zustande kam, weil die potenziellen Teilnehmer*innen letztlich Angst hatten vor der Sichtbarkeit.

Sichere Herkunftsstaaten, das Verbot von Konversionstherapien und die Aufnahme der Merkmale sexuelle und geschlechtliche Identität in den Schutzbereich des Artikel 3 Absatz 3 Satz 1 des Grundgesetzes – viele Themen kamen am Sonntagabend zur Sprache. Auch die Situation nach dem 1. September, wenn in Sachsen und in Brandenburg gewählt wird und die AfD – das zumindest lassen aktuelle Umfragen ahnen – stärkste Kraft wird in diesen Ländern.

Ljubljana Pride – ohne Kommerz, gegen Hate Speech

Rosa von Praunheim äusserte die Angst, dass die AfD, wenn sie mehr Einfluss hat, Kürzungen im Kulturbereich durchsetzen könnte. Auch Senator Behrendt erklärte, er sei besorgt. Grösser sei aber seine Angst, dass andere Parteien die Positionen der Rechtspopulist*innen übernehmen. Davor warnte er ausdrücklich.

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